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2. Zusammenfassende Stellungnahme und Fazit

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Die Annahme eines Verhältnisses der Spezialität zwischen den Vorschriften des § 37 BetrVG und des § 78 S. 2 BetrVG mit der Folge „lex specialis derogat legi generali“ ist richtig. Anderenfalls bestünde das Risiko, dass § 37 BetrVG nicht ausreichend zur Anwendung kommt und die Regelung damit überflüssig würde. Die Annahme eines verdrängenden Verhältnisses ist nicht nur für eine klare Rechtslage erforderlich, sondern darüber hinaus in diesem Zusammenhang nicht unüblich. Es wird durchaus auch in anderen Fällen, zum Beispiel bei der gegenüber § 78 S. 2 BetrVG spezielleren Kündigungsschutzvorschrift des § 15 KSchG, gleichermaßen angenommen.363 Weshalb für die Vergütung etwas anderes gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. Daran ändert die dargestellte, in dem Zusammenhang teilweise geäußerte Kritik nichts.

Die verdrängende Eigenschaft eines Spezialitätsverhältnisses zweier Vorschriften ist daher konsequent umzusetzen. Das bedeutet, dass eine Benachteiligung nicht nach § 78 S. 2 BetrVG angenommen werden kann, wenn die speziellen Vergütungsvorschriften nicht beachtet werden, insbesondere wenn das Entgeltausfallprinzip des § 37 Abs. 2 BetrVG nicht eingehalten wird.364 Diese Ansicht führt auch nicht zu Schwierigkeiten bei Konstellationen, welche die lex specialis möglicherweise nicht mit abdeckt. Handelt es sich um einen Fall aus dem Bereich der Vergütung und verstößt dieser nicht gegen § 37 BetrVG, ist folglich von einer zulässigen Zahlung auszugehen. Damit ist auch nicht zu befürchten, dass die allgemeine Vorschrift obsolet wird, wie die anschließenden Ausführungen zeigen werden. Sie deckt sämtliche vorstellbaren Fälle außerhalb des Bereiches von Vergütungen bzw. anderer spezialgesetzlicher Regelungen ab, die nicht gesetzlich festgeschrieben werden konnten. Nur insoweit kann von dem allgemeinen Verbot von einer Art „Auffangvorschrift“ gesprochen werden: Die Regelung erfasst alle Konstellationen, die Mandatsträger grundsätzlich benachteiligen oder begünstigen können, die für den Gesetzgeber aber weder überschaubar noch absehbar waren, so dass er sie eigens hätte regeln können. Nimmt man ein Spezialitätsverhältnis zwischen beiden Vorschriften an – wie es teilweise auch vertreten wird –365, lässt dies im Ergebnis keine andere Konsequenz als die der Verdrängung der Generalnorm zu.

Eine Ausnahme hiervon ließe sich allenfalls hinsichtlich der beruflichen Entwicklung der Betriebsratsmitglieder feststellen. Denn § 78 S. 2 Hs. 2 BetrVG bezieht das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot nach seinem Wortlaut auch auf die berufliche Entwicklung der Mandatsträger und erklärt damit das Verbot des § 78 S. 2 BetrVG neben anderen Vorschriften, insbesondere den Regelungen des § 37 BetrVG ausdrücklich für anwendbar. Allerdings ist damit lediglich die tatsächliche Entwicklung der Mandatsträger gemeint, d.h. ihr wirkliches berufliches Fortkommen und nicht bereits auch die in § 37 Abs. 4 BetrVG geregelte Entgeltentwicklung aufgrund des Aufstieges vergleichbarer Arbeitnehmer. Entgeltfälle werden auch dadurch von § 78 S. 2 BetrVG nicht erfasst. Hätte der Gesetzgeber dies gleichermaßen für die Vergütung der Betriebsratsmitglieder gewollt, hätte er einen entsprechenden Hinweis auf das Entgelt mit Einführung des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 oder der Reform im Jahr 2001 ohne weiteres in die Vorschrift mit aufnehmen können. Er hat sich aber lediglich für eine Verdeutlichung hinsichtlich der beruflichen Entwicklung entschieden.366 Das kann allenfalls indirekt Bedeutung für die Vergütung der Mandatsträger erlangen.

Dass Betriebsratsmitglieder allerdings auch hinsichtlich der Vergütung nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen, wird mit den speziellen Normen bereits ausreichend gesichert, ohne dass ein Rückgriff auf das allgemeine Verbot notwendig ist. Zum einen gewährleisten das die Regelungen des § 37 BetrVG selbst, zum anderen besteht ein entsprechender Schutz über die Strafvorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Die darin mit Strafe bewehrte Benachteiligung oder Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern ist zwar dem § 78 S. 2 BetrVG ähnlich, es handelt sich aber nicht um identische Tatbestände.367 Stellt sich eine konkrete Vergütung als Benachteiligung oder Begünstigung dar, bestehen somit keine Schutzlücken, da sie von dem Straftatbestand ebenso erfasst wird. Der Schutz der Betriebsratsmitglieder im Hinblick auf ihre Vergütung ist mit den eigenen Rechtsfolgen und Strafvorschriften ausreichend gesichert.

Vergütungsfragen bei Betriebsratsmitgliedern sind im Ergebnis daher ausschließlich an den speziellen Regelungen des § 37 BetrVG zu messen.

Die Vergütung von Betriebsräten

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