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1. Allgemeine Anwendungsfälle des § 78 S. 2 BetrVG

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Das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot in § 78 S. 2 BetrVG ist immer dann einschlägig, wenn eine speziellere Vorschrift nicht greift. Das bedeutet in der hier betrachteten Konstellation, dass es sich für eine Anwendung des § 78 S. 2 BetrVG um keinen besonders geregelten Fall der Vergütung eines Betriebsratsmitgliedes handeln darf. Ausdrücklich angeordnet ist die Geltung der allgemeinen Verbote nach § 78 S. 2 Hs. 2 BetrVG aber auf die berufliche Entwicklung der Betriebsratsmitglieder, so dass eine gleichzeitige Anwendung jedenfalls neben § 37 Abs. 5 BetrVG aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ausnahmsweise möglich ist.

Abgesehen davon verbleiben der Vorschrift weitere, eigenständige und von der Vergütung unabhängige Anwendungsbereiche. Das betrifft sämtliche Maßnahmen und Handlungen, die ein Betriebsratsmitglied benachteiligen oder begünstigen können. Auf die Art der Maßnahme kommt es dabei nicht an, solange es sich nicht um einen anderweitig gesetzlich geregelten Fall handelt, wie z.B. den Kündigungsschutz nach § 15 KSchG. Die Möglichkeiten sind hier vielfältig und reichen von Zuweisung anderer unangenehmerer oder beliebterer Arbeiten über Versetzungen in größere bzw. kleinere Büros, eine ungerechtfertigte Versagung von Urlaub zum gewünschten Termin, die Erwähnung der Betriebsratstätigkeit im Arbeitszeugnis entgegen dem ausdrücklichen Willen des Mandatsträgers, und vieles mehr.368 Die Verleihung eines Titels oder einer besonderen Ehrenposition fällt ebenfalls darunter. Auch ein Versprechen und bloßes Inaussichtstellen von Vor- oder Nachteilen kann sich bei einem Betriebsratsmitglied als Benachteiligung oder Begünstigung darstellen und nach der Vorschrift verboten sein.

Ein weiterer Anwendungsbereich des § 78 S. 2 BetrVG in Abgrenzung zu Vergütungsfällen betrifft Zahlungen, die Mitgliedern des Betriebsrates unabhängig von ihrem Entgelt und den dazugehörigen Zulagen oder Zuschlägen, z.B. einmalig und ohne besonderen Grund, gewährt werden. Sind solche Zuwendungen nicht als Entgelt zu qualifizieren, können sie nicht an den Vergütungsvorschriften des § 37 BetrVG, sondern müssen an dem allgemeinen Verbot gemessen werden. Anderenfalls könnte das Unentgeltlichkeitsprinzip ohne weiteres umgangen werden. Der Anwendungsbereich wird hier aber gering sein, da finanzielle Zuwendungen in der Regel als (verstecktes) Entgelt einzustufen sein werden. Nach § 78 S. 2 BetrVG zu bewerten wären beispielsweise Trinkgelder, für die der Arbeitgeber arbeitsvertraglich nicht einsteht. Aber auch bei Zahlungen eindeutig ohne Entgeltcharakter ist stets eine genaue Einordnung und Abgrenzung vorzunehmen. Schließlich können neben den speziellen Vergütungsvorschriften auch andere Sonderregelungen, wie beispielsweise für Aufwendungsersatz oder sonstige Kosten des Betriebsrates (vgl. § 40 BetrVG) einschlägig sein und die Regelung des § 78 S. 2 BetrVG in ihrer Anwendbarkeit möglicherweise verdrängen. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung können sich in Grenzfällen, wie z.B. bei versteckten Entgeltzahlungen, ergeben, die als solche nicht gleich erkennbar sind. Jedenfalls besteht auch für solche Zahlungen keine Schutzlücke, sie können im Zweifel ausreichend über § 78 S. 2 BetrVG geregelt werden.

Darüber hinaus ist aber auch die Gewährung sonstiger ausgleichender Rechtspositionen, wie z.B. Zusatzurlaub, an § 78 S. 2 BetrVG zu messen.369

Im Bereich der Vergütung kann die Vorschrift zwar nicht für Betriebsratsmitglieder, aber unter Umständen für die Mandatsträger der anderen, in § 78 S. 1 BetrVG genannten Gremien relevant werden. Das ist immer der Fall, wenn für Mitglieder dieser Institutionen keine eigenen entsprechenden Vergütungsvorschriften vorhanden sind. Dann müsste das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot sicherstellen, dass sie auch keine finanziellen Vor- oder Nachteile erfahren. Zwar wird der Anwendungsbereich relativ gering sein, weil bei den meisten in § 78 S. 1 BetrVG genannten Gremien ohnehin eigene Regelungen oder ein Verweis auf die speziellen Vergütungsvorschriften für Betriebsratsmitglieder existieren.

Aber beispielsweise bei Angehörigen einer Einigungsstelle, die nach § 76 Abs. 3 BetrVG eine Vergütung erhalten, fehlt eine gesetzliche Regelung zu den Einzelheiten des Entgeltes. Die Vergütung ist durch Rechtsverordnung (vgl. § 76 Abs. 4 BetrVG) im Einzelnen festzulegen. Hier ist dann jedoch § 78 S. 2 BetrVG zu beachten.370 Auch bei Angehörigen des Wirtschaftsausschusses, die nicht zugleich in dem Betriebsrat sind, fehlen ausdrücklich Regelungen zur Vergütung oder ein entsprechender Verweis. Für sie werden jedenfalls die § 37 Abs. 1 bis 3 BetrVG teilweise analog angewendet,371 was sich aus dem allgemeinen Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot ergeben soll.372 Ob eine analoge Anwendung überhaupt notwendig ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind die Angehörigen der in § 78 S. 1 BetrVG aufgezählten Gremien, für die keine eigenen Entgeltregelungen bestehen, über § 78 S. 2 BetrVG auch in finanzieller Hinsicht entsprechend geschützt und dürfen im Hinblick auf ihr Entgelt weder benachteiligt noch begünstigt werden.

Die Vergütung von Betriebsräten

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