Читать книгу Die Vergütung von Betriebsräten - Martina Schlamp - Страница 78
3. § 78 S. 2 BetrVG als Auslegungskriterium
ОглавлениеTrotz unterschiedlichen Auffassungen zu dem Verhältnis von § 37 und § 78 S. 2 BetrVG sowie den daraus zu ziehenden Konsequenzen wird in der Literatur häufig vertreten, dass das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot zur Auslegung der speziellen Vergütungsvorschriften herangezogen werden kann bzw. muss.384 Auch das BAG hat sich in einer frühen Entscheidung dahingehend geäußert, dass die allgemeinen Verbote bei Unklarheiten der speziellen Vorschrift angewendet werden müssten.385 Eine Ansicht vertritt überdies, dass die Heranziehung dieser Verbote zur Auslegung und Ergänzung sämtlicher Normen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht nur optional erfolgen könne, sondern bezeichnet es (tautologisch) sogar als eine „obligatorische Verpflichtung“.386 Für eine solche Annahme spricht, dass § 78 S. 2 BetrVG als eine Art „Leitprinzip“ des Betriebsverfassungsgesetzes angesehen wird387 und es schon wegen seiner großen Bedeutung und den darin enthaltenen wichtigen Grundsätzen eigentlich stets Beachtung finden müsste.
Zwar ist es in der Methodenlehre nicht zwingend vorgesehen, dass bei der Annahme eines Verhältnisses der Spezialität automatisch die allgemeinere Vorschrift als Auslegungshilfe heranzuziehen ist. Immerhin enthält die spezielle Vorschrift des § 37 BetrVG in den Absätzen 1 bis 4 eine eigenständige, abschließende Regelung. Sie steht dem aber auch nicht entgegen. Trotzdem und gerade weil hier wegen des Funktionswandels teilweise eine Auslegung im Einzelfall vorzunehmen ist, können bzw. müssen bei dieser wegen der Einheit der Rechtsordnung und der bedeutenden Grundsätze die Gedanken des § 78 S. 2 BetrVG Berücksichtigung finden. Nur so kann man zu einem angemessenen, den Grundprinzipien des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechendem Ergebnis gelangen. Diese Annahme führt aber trotzdem zu keiner gleichzeitigen Anwendung der beiden Vorschriften, auch weiterhin sind die eigenständigen Regelungen des § 37 BetrVG zu respektieren. Die in § 78 S. 2 BetrVG enthaltenen Gedanken sind lediglich bei Zweifeln oder einer Auslegung heranzuziehen.
Die Ausführungen zeigen, dass das allgemeine Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG durchaus auch Relevanz bei der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern entfalten kann. Nicht nur im weiteren Sinne bei Abschluss entsprechender Vereinbarungen sowie in den Zeiträumen vor und nach der Amtsübernahme kann die Regelung Anwendung finden, sondern auch bei der Auslegung können die Grundgedanken der Vorschrift herangezogen werden. Daher ist der Grundsatz im Folgenden genauer zu betrachten.