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Musikwissenschaft interdisziplinär

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Keines der drei Teilgebiete der Musikwissenschaft ist autark. Schnittstellen zwischen den einzelnen Disziplinen finden sich, wie bereits angedeutet, sowohl in den Gegenstandsbereichen als auch in den Methoden. Wenn die Trennung der einzelnen Bereiche in der universitären Landschaft ebenso wie im Denken der Musikwissenschaftler dennoch nicht gänzlich aufgehoben ist, so liegt das vor allem daran, dass ihre Schwerpunkte jeweils sehr individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern, die eine Spezialisierung zunächst unausweichlich erscheinen lassen. Ein historisch orientierter Musikwissenschaftler muss nicht alle Finessen der digitalen Klanganalyse durchdrungen haben, um etwa eine kritische Notenausgabe herstellen zu können. Gerade im Bereich der digitalen Notenedition oder der multimedialen Aufbereitung historischer Musikinstrumentensammlungen könnte eine intensive Zusammenarbeit beider Disziplinen jedoch innovative Projekte hervorbringen.

Fließend sind nicht nur die Grenzen zwischen den einzelnen Teildisziplinen, sondern auch zwischen der Musikwissenschaft und anderen Geistes-, Sozial- oder Naturwissenschaften. Besonders offensichtlich sind die Schnittstellen von Ethnomusikologie und Systematischer Musikwissenschaft mit der Ethnologie, Psychologie, Soziologie und diversen Naturwissenschaften, ja sogar der Medizin. Aber auch die Historische Musikwissenschaft könnte ohne die Erkenntnisse benachbarter geisteswissenschaftlicher Fächer nur auf sehr schmalem Grat arbeiten: Wie etwa ließen sich kirchenmusikalische Phänomene ohne Einblick in die dazugehörige Liturgie oder Theologie erklären? Was wäre eine Lied- oder Opernanalyse ohne eine literaturwissenschaftliche Betrachtung des dazugehörigen Vokaltextes? Wie sollte man die politische oder ästhetische Dimension einer Komposition einordnen ohne ein Mindestmaß an historischem oder philosophischem Grundwissen?

Viele Bachelorstudiengänge sind daher so angelegt, dass Musikwissenschaft bzw. Schulmusik in Kombination mit mindestens einem anderen Fach studiert werden muss. Andernorts gibt es zumindest einen individuell wählbaren interdisziplinären Fachanteil, mit dem man die Gelegenheit hat, angrenzende |20| Disziplinen wie Geschichte, Kunstgeschichte, Theologie, Philosophie, Literaturwissenschaften usw. in ihren Gegenständen und Methoden kennenzulernen. Der interdisziplinäre Kontakt mit anderen Fächern stellt dabei fast immer eine Bereicherung für die eigene musikwissenschaftliche Arbeit dar und ist es wert, auch über den Studienplan hinaus, z.B. in gemeinsamen Veranstaltungen, so oft wie möglich gesucht zu werden.

Aus musikwissenschaftlicher Perspektive werden grundständige Studiengänge, die z.B. unter dem Label »Kulturwissenschaften« schon von Beginn an viele verschiedene im weitesten Sinne kulturell orientierte Disziplinen vereinen, häufig kritisch beäugt. Eine solide Grundausbildung, die gerade in einem Fach wie Musikwissenschaft viele spezielle Kenntnisse im Umgang mit Notentexten oder Aufnahmen (Satztechnik, musikalische Analyse, Gehörbildung usw.) bereitstellen sollte, ist dabei nicht immer gewährleistet. Interdisziplinäres Arbeiten funktioniert dann besonders gut, wenn man sich in seinem eigenen Fach sicher fühlt und am besten im Austausch mit Vertretern anderer Fachrichtungen übergreifende Themenkomplexe in Angriff nimmt. So eng die Verbindungen mit benachbarten Fächern auch sind, wird in diesem Buch daher immer wieder der Fokus auf das gelenkt, was die Musikwissenschaft gegenüber Geschichte oder Literaturwissenschaften so besonders macht: die Musik.

Musikwissenschaftliches Arbeiten

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