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d) Urteil des BVerfG vom 30.3.2004

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Mit einem „juristischen Paukenschlag“[271] und einer im Ergebnis ebenso stringenten wie notwendigen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 30.3.2004[272] den seit der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshof unakzeptablen Zustand im Sinne einer wirksamen Strafrechtspflege beendet und nunmehr für den Verteidiger klare und handhabbare Richtlinien aufgestellt. Der Straftatbestand der Geldwäsche sei im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Strafverteidigung im subjektiven Bereich verfassungskonform zu reduzieren, sodass der Strafverteidiger sich nur bei sicherer Kenntnis von der Herkunft des bemakelten Honorars wegen Geldwäsche strafbar mache könne, also bei ihm weder Leichtfertigkeit i.S.d. § 261 Abs. 5 StGB noch bedingter Vorsatz ausreiche.

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Das Bundesverfassungsgericht betont dabei die besondere Stellung des Strafverteidigers und das daraus resultierende erhöhte Risiko eigener Strafbarkeit. Es weist auf die dadurch bedingte Gefahr eines Interessenkonflikts hin, der die professionelle Arbeit des Strafverteidigers erheblich erschweren oder sogar unmöglich machen könne. Ein Strafverteidiger, der sich durch die Annahme eines Honorars der Gefahr eigener Strafverfolgung ausgesetzt sehe, sei nicht mehr in der Lage, die ihm von Verfassungs wegen anvertraute Aufgabe der Interessenwahrnehmung für den Beschuldigten zu erfüllen. Insoweit sei auch das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant gefährdet, da zweifelhaft sei, ob sich ein Mandant noch auf die Verschwiegenheit seines Verteidigers verlassen könne, insbesondere, wenn gegen diesen bereits ein förmliches Verfahren laufe. Müsste der Mandant bereits dann mit einer Niederlegung des Mandats rechnen, wenn der Verteidiger die Begehung der Katalogtat nur für möglich hielte, so wäre er möglicherweise gehindert, dem Verteidiger „reinen Wein“ einzuschenken, will er nicht die Mandatsniederlegung des von ihm gewählten Verteidigers provozieren.

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Diese Gefahren könnten auch nicht mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung abgetan werden. Das Institut der Pflichtverteidigung sei Ausdruck staatlicher Fürsorge im öffentlichen Interesse und könne eine fehlende Freiheit zur Ausübung des Wahlmandats nicht ausgleichen. Der Beschuldigte, bei dem der Verdacht bestehe, dass er nur über bemakelte Mittel verfüge, könne nicht ohne Weiteres dem Unbemittelten gleichgestellt werden.

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Die bewusste Übertragung bemakelter Vermögenswerte unter dem Schirm des verfassungsrechtlich geschützten Vertrauensverhältnisses stellen allerdings einen Missbrauch der privilegierten Verteidigerstellung dar, der vor der Verfassung keinen Schutz verdiene.[273] Hat der Verteidiger daher sichere Kenntnis von der Herkunft des bemakelten Honorars, so ist ihm eine Annahme desselben untersagt, andernfalls er sich wegen Geldwäsche strafbar macht.

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Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte ausdrücklich zur Rücksichtnahme auf die besondere Rolle des Strafverteidigers und das Recht des Mandanten, seinen Verteidiger frei wählen zu können. Die bloße Übernahme eines Wahlmandats wegen einer Katalogtat reiche nicht aus, um einen Anfangsverdacht zu begründen.[274] Vielmehr seien auf Tatsachen beruhende weitere Anhaltspunkte erforderlich. Indiz für das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen könne etwa ein außergewöhnlich hohes Honorar oder die besondere Art und Weise der Zahlung sein.

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Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30.3.2004 stärkt die Stellung des Strafverteidigers als rechtsstaatlich garantiertes unabhängiges Organ der Rechtspflege und bewahrt ihn vor unverhältnismäßigen Ermittlungen allein aufgrund der ihm von Gesetzes wegen aufgegebenen Tätigkeit. Gleichzeitig gewährleistet die Entscheidung weitgehend das für jede angemessene Verteidigung erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Strafverteidiger und Beschuldigtem und dient damit letztlich einer funktionierenden Strafrechtspflege insgesamt. Dass dem Verteidiger ein kollusives Zusammenwirken mit dem Mandanten zum Zwecke der Übertragung bemakelten Vermögens auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verwehrt bleibt, ist zu akzeptieren und sollte für ihn ohnehin eine Selbstverständlichkeit darstellen.

Der Vorsatz wird sich für den Verteidiger i.d.R. aus der Kenntnis des derzeitigen Ermittlungsstandes ergeben, wenn er hiervon, z.B. über die Gewährung von Akteneinsicht oder Kenntnis des Haftbefehls erfährt.

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Praxistipp

Vorsicht geboten ist in diesem Zusammenhang bei der Hinterlegung von Sicherheitsleistungen i.S.v. § 116 StPO aus bemakelten Geldern durch den Verteidiger. Hat der Verteidiger Kenntnis davon, dass es sich um bemakeltes Vermögen des Beschuldigten handelt, so erfüllt er bereits den Tatbestand des § 261 Abs. 1 S. 1 StGB, wenn und soweit der Verteidiger die Hinterlegung in eigenem Namen vornimmt, weil er damit den staatlichen Zugriff auf bemakelte Gelder – zumindest vorübergehend – vereitelt.[275] Hat er die bemakelten Gelder zudem vor deren Hinterlegung auf ein eigenes Konto transferieren lassen, so kommt zudem – tateinheitlich[276] – § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht.[277]

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