Читать книгу Peter Lebegerns große Reise - Max Geißler - Страница 35
ОглавлениеEs hatte für Valentinen kaum etwas Auffälliges, dass Peter Lebegern sich im Gespräch nie an sie wendete, an sie allein. Als er ihr dennoch für ihre aufopfernde Teilnahme an seinem Geschick dankte, lehnte sie bescheiden ab: der Doktor war der Suchende gewesen, sie die Begleiterin, deren Nahesein ihm beruhigende Gewohnheit sei. „Unentbehrlichkeit!“ berichtigte Ferdinand Wurzler. — Mit Bezug auf sich selbst hatte er damals auch gesagt: das Herz Valentinens befinde sich in festen Händen.
So oft er in den folgenden Tagen allein war, fiel Petern dies Wort ein. Es lag eine unerhörte väterliche Selbstsucht darin; denn es musste eine Vereinbarung zwischen Vater und Tochter getroffen, ein Gelöbnis gegeben worden sein, ihre Wege im Leben bis zum ersten Grabe, das sich öffnen würde, untrennbar vereint zu gehen.
Nun, die Furcht vor der Vereinsamung des Alters bringt derartig selbstsüchtige Wunderlichkeiten wohl fertig, dachte Peter Lebegern — aber: dieser Weise, dieser begnadete Einsame, dieser Gütigste unter den Menschen … wie konnte Ferdinand Wurzler eine so verbrecherische Eingebung gehabt haben und dennoch so fröhlichen Gemütes geblieben sein? Selbst wenn ihm Valentine dies grosse Opfer angetragen hatte in leichtsinniger dankbarer Kindesliebe und in holdseliger Unbewusstheit vor den Wundern des Lebens … Ferdinand Wurzler kannte diese Wunder! Er hätte ihr also nicht davon geschwiegen; denn Ferdinand Wurzler hatte Herz und Geist hell gemacht in diesem Mädchen — es war eine Herrlichkeit!
Die faltete sich in den letzten Sonnentagen des Herbstes langsam und absichtslos auf. Aber es gehörte wohl ein Mann wie Peter Lebegern dazu, die Seltenheit dieser jungen Menschenblüte zu erkennen. Valentine war nun zwanzig Jahre — schön hatte sie ihres Wissens noch keiner gefunden. Und ganz und gar nicht eingefallen war es einem jungen Mann, in den Schätzen ihres Herzens und Geistes eine begehrenswerte Mitgift zu finden … Mit Valentinen begann ein neuer Abschnitt im Buche von Peters Leben. Über diesem Abschnitt stand in grossen Lettern ‚Das Weib‘. Es war ein Kapitel — gewiss nicht ohne Lockungen, nicht unnachdenklich, nicht ohne Ausblicke und Hoffnungen für einen Mann, der auszog, sein Reich zu suchen, aber von Anfang an ein Kapitel der Enttäuschungen. Über Statistenrollen schienen Frauen für ihn nicht hinauszukommen.