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Was das Rückenmark eigentlich ist – ein Reflexzentrum: Hall macht die Annahme einer spinalen Seele überflüssig

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Im Jahr 1837 hatte Hall bereits eine Darstellung des Rückenmarks vorgelegt, nach der dieses ein Reflexzentrum beherbergt, das auf nichtsensible und nichtwillentliche Weise operiert, im Gegensatz zu den sensiblen Nerven, die zum Gehirn hinführen, und den motorischen Nerven des Wollens, die vom Gehirn wegführen. Diese Resultate waren insofern revolutionär, als sie deutlich machten, dass es sensorische Nerven gibt, die keine Empfindungen bewirken, und dass es motorische Nerven gibt, die nicht nur Wollenshandlungen anstoßen. Reflexhandlungen setzen also keinen vom Muskel zum Gehirn und dann vom Gehirn zum Muskel führenden Nervenbogen voraus, wie Charles Bell vermutet hatte. Der Reflexbogen erfordert vielmehr

1. einen Nerv, der von der Stelle oder dem Bereich der Reizung zum und ins Mark des Rückenmarks führt,

2. das Rückenmark selbst,

3. einen Nerv oder Nerven, die aus dem Rückenmark austreten bzw. von ihm wegführen; alle wesentlich aufeinander bezogen bzw. miteinander verbunden.69

Diese Arbeit legte den Grundstein für die noch im selben Jahrhundert erbrachte Leistung Sherringtons, in gewisser Weise nahm sie sie vorweg. Sie folgte Hall in der Annahme, die Vorstellungen der spinalen Seele und des spinalen allgemeinen Sensoriums seien insgesamt überflüssig. 1831 bestätigte Johannes Müller das Bell-Magendie-Gesetz experimentell.

Im Jahr 1890 publizierte Michael Foster (1836–1907) die fünfte Ausgabe seines großartigen Werks A Textbook of Physiology, in dem er eine bündige Darstellung des Zusammenhangs zwischen spinalen Reflexen und dem Gehirn vorlegte. Sogar in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts klang die Vorstellung von der Existenz einer Rückenmarksseele noch nach und wurde von Foster in seinem Textbook als berücksichtigenswert erachtet, wie in diesen seinen Betrachtungen beispielhaft deutlich wird:

Wir könnten mithin annehmen, dass, wenn der gedankenlose Frosch durch irgendeinen Impuls zu einer Reflexhandlung gereizt wird, die spinale Seele durch einen kurzzeitigen Bewusstseinsblitz belebt wird, der aus der Dunkelheit kommt und wieder in die Dunkelheit eingeht; und wir könnten vielleicht weiter annehmen, dass solch ein vorübergehendes Bewusstsein desto stärker ausgeprägt ist, je größer der Teil des in die Reflexhandlung einbegriffenen Rückenmarks ist und je komplexer die Bewegung.70

Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften

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