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Sherrington über die Geist-Körper-Interaktion

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Sherringtons Konzeption der Interaktion von Geist und Körper war eine cartesianische (wenn er sich auch nicht wie Descartes auf die Zirbeldrüse als Ort der Wechselwirkung festlegte).

Ich würde sagen, dass wir die Verknüpfung akzeptieren und dass wir sie als Interaktion verstehen müssen; Körper ⇒ Geist. Makrokosmos ist ein Terminus, der möglicherweise eine zu mittelalterliche Konnotation aufweist, um hier verwendet zu werden: Ersetzen wir ihn durch ‚Umfeld‘, dann erhalten wir Umfeld ⇆ Körper ⇆ Geist. Die Sonnenenergie ist Teil des geschlossenen Energiekreislaufs. Welchen Einfluss kann sie auf den Geist haben? Sogar durch meine Retina und mein Gehirn vermag sie auf meinen Geist einzuwirken. Das theoretisch Unmögliche geschieht. Kurz und gut, ich behaupte, dass sie auf meinen Geist einwirkt. Andererseits denkt mein denkendes ‚Selbst‘, dass es meinen Arm zu beugen vermag. Die Physik teilt mir mit, dass mein Arm nicht gebeugt werden kann, ohne dass sich das auf die Sonne auswirkt. Mein Geist beugt meinen Arm mithin nicht. Wenn er es täte, geschähe das theoretisch Unmögliche. Lassen Sie mich doch denken, dass das theoretisch Unmögliche geschieht. Diesem zum Trotz gehe ich davon aus, dass mein Geist meinen Arm tatsächlich beugt und dass sich das auf die Sonne auswirkt. (MN 248)

Und er endete: „Reversible Interaktion zwischen dem ‚Ich‘ und dem Körper scheint mir insofern ein gültiger Schluss zu sein, als er auf Evidenz beruht“ (MN 250). Wir haben es hier mit einer schwerwiegenden Konfusion zu tun – denn nicht ‚das Ich‘ bewegt meinen Arm, wenn ich meinen Arm bewege; allerdings auch nicht mein Geist. Ich mache das – und ich bin weder mein Geist, noch bin ich ein ‚Selbst‘, ein ‚Ego‘ oder ‚ein Ich‘. Ich bin ein menschliches Wesen. Und nicht ‚mein denkendes Selbst‘ oder mein Geist denkt, es/er könne meinen Arm beugen; vielmehr denke ich, dieses menschliche Wesen, dass ich meinen Arm beugen kann, was ich für gewöhnlich auf eine Bitte hin auch tue.

Sherrington war bewundernswert aufrichtig zuzugeben, dass er sich vor ein Rätsel gestellt sah. Es ging ihm allerdings nicht auf, dass die Schwierigkeiten von einem Begriffswirrwarr herrühren – nicht von empirischer Unwissenheit. Und er übersah die Revolution in der Philosophie, die zeitgleich in Cambridge im Gange war und die ihn in die Lage versetzt hätte, aus seinen Verirrungen herauszufinden. Seine missliche Lage war der von Descartes 300 Jahre früher nicht unähnlich. Als alter Mann gestand der große Philosoph und Wissenschaftler in einem Schreiben an Prinzessin Elisabeth von Böhmen, die ihn gefragt hatte, wie eine denkende Seele die Lebensgeister in Bewegung versetzen könne, dass „ich wahrlich sagen kann, was Eure Hoheit vorbringen, scheint mir die Frage zu sein, die zu stellen die Menschen angesichts meines veröffentlichten Werks das größte Recht haben“.92

Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften

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