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5 The Lady is a Tramp(el): Die Toten Hosen, Tage wie diese

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Man kann von Angela Merkel halten, was man will: Sie ist und bleibt ein Phänomen. Erst bewies sie, dass man es auch mit einem deprimierenden Wahlkampfsong wie Angie von den Rolling Stones ins Kanzleramt schaffen kann – und dann vermag sie bis heute mit schlagfertig-glamourösen Auftritten zu überraschen. Wer daraus aber den Rückschluss zieht, dass Frau Merkel sämtliche Selbstvermarktungstricks längst fehlerfrei beherrscht, liegt daneben. Zu ihrem Status als Phänomen gehören eben auch regelmäßige kleine Rückfälle. Etwa der aus dem Jahr 2015, als sie im Gespräch mit einem weinenden Flüchtlingsmädchen keine besonders gute Figur machte. Ein anderer war im September 2013 zu bestaunen, und zwar im Anschluss an den Sieg bei der Bundestagswahl. Da boten Kanzlerin und CDU-Spitze den Fernsehzuschauern im ganzen Land ein gar merkwürdiges Bild: Glückselig tanzten, sangen und klatschten Angie und ihr Team, darunter gestandene Ministerinnen und Minister, zum aktuellen Radiohit Tage wie diese. Klar, der Song enthielt ja auch einen Refrain, der perfekt auf außergewöhnliche Momente, auf die euphorischen Gefühle inmitten einer feiernden Menge zu passen schien: „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit/An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit/In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht/Erleben wir das Beste, kein Ende in Sicht.“

Irritierend wirkt allerdings, dass der Song kein politisches Event, sondern explizit ein Musikerlebnis, ein Open-Air-Konzert auf den Rhein-Terrassen, zelebriert: „Durch das Gedränge der Menschenmenge/Bahnen wir uns den altbekannten Weg/Entlang der Gassen, zu den Rheinterrassen/Über die Brücken, bis hin zu der Musik/Wo alles laut ist, wo alle drauf sind, um durchzudreh’n.“ Und vor diesem Hintergrund scheint gerade der letztgenannte Vers nicht so recht kompatibel mit Vertretern des Polit-Establishments zu sein. Ekstatisch durchdrehende Parlamentarier, in von endlosen Sitzungen gezeichneten Anzügen und Business-Kostümen? Eine Vorstellung, die nicht wenige Menschen ganz schnell wieder aus dem Kopf bekommen möchten. Noch dazu, wenn es sich um Konservative handelt. Denn Tage wie diese stammt ausgerechnet von den Düsseldorfer Toten Hosen, Deutschlands bekanntester Punkband, die, vorsichtig ausgedrückt, nicht unbedingt auf einer politischen Linie mit der CDU liegt. Es ist der klassische Fall eines Songs, der urplötzlich unter falscher Flagge erklingt.

Immerhin anders als zu „Angie“-Wahlkampfzeiten schien Kanzlerin Merkel diesmal aber schnell verstanden zu haben. So soll sie, wie Campino, der Sänger der Band, in der 2014 erschienenen Biografie Die Toten Hosen. Am Anfang war der Lärm berichtet, ein paar Tage nach der Siegesfeier bei ihm angerufen und sich entschuldigt haben. Und zwar mit den bezeichnenden Worten: „Herr Campino, ich rufe an, weil wir letzten Sonntag so auf Ihrem Lied herumgetrampelt sind …“

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