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12 Einmal Protestsong, immer Protestsong: Creedence Clearwater Revival, Bad Moon Rising/Have You Ever Seen the Rain/Run Through the Jungle

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Im Jahr 1969, der Vietnamkrieg trat in seine entscheidende Phase, veröffentlichte die amerikanische Rockband Creedence Clearwater Revival mit Fortunate Son einen expliziten Antikriegssong. Die Lyrics wenden sich zwar nicht direkt gegen den Krieg, stellen ihn aber infrage, indem sie die Entscheidungsträger einer gesellschaftlichen Elite kritisieren, die es meisterhaft verstehen, den Krieg zwar voranzutreiben, aber selbst möglichst wenig Einsatz zu leisten. Das Song-Ich spricht aus der Perspektive des jungen Durchschnittsamerikaners, der an der Front sein Leben aufs Spiel setzen muss, weil er nicht das Glück hat, ein Senatoren- oder Millionärssohn, also ein „fortunate son“, zu sein. Diese Söhne aus gutem Hause nämlich mussten damals in vielen Fällen nicht in den Krieg ziehen, den ihre Väter so vollmundig propagierten.

Der mutige Song rückte Creedence Clearwater Revival, kurz: CCR, in den Fokus der Gegenkultur und der Antikriegsbewegung. Und deren Anhänger hörten nur allzu gerne auch aus anderen CCR-Stücken eine deutliche Kritik an den Militäraktionen der amerikanischen Regierung heraus. Im Mittelpunkt standen dabei die 1969 und 1970 erschienenen Songs Bad Moon Rising, Run Through the Jungle und Have You Ever Seen the Rain. Auffällig ist: Alle drei Songs sind sehr vage gehalten und arbeiten mit starken, aufwühlenden Bildern – explizite Kriegs- und Amerikabezüge aber fehlen. So beschwört Bad Moon Rising „einfach“ eine apokalyptische Szenerie – das Song-Ich sieht Erdbeben, Stürme und Fluten nahen: „Auge um Auge“ („An eye is taken for an eye“) lautet das der Bibel entlehnte Motto. Am Schluss steht die Warnung, nicht vor die Tür zu gehen, denn es könnte einen das Leben kosten: „Don’t go around tonight/Well, it’s bound to take your life/There’s a bad moon on the rise.“ Der Schrecken spielt sich nicht etwa an einer konkreten Front ab, sondern betrifft den Menschen an sich, und das Motto „Auge um Auge“ lässt weniger an Kriegsparteien als an einen Ausgleich für vergangene Missetaten denken: eine Strafe Gottes etwa oder das Zurückschlagen der Natur. Die Lyrics seien einfach von einem Film inspiriert gewesen, soll die Band einmal erklärt haben. Weshalb sie auch für verschiedene andere Kontexte herhalten mussten.

In Run Through the Jungle hat der Sprecher gleich zu Beginn das Gefühl, in einem Alptraum gefangen zu sein („thought it was a nightmare“). Also befolgt er den Rat, durch den Dschungel zu flüchten, denn der Teufel sei von der Leine: „The devil’s on the loose.“ Und wie tritt dieser Teufel in Erscheinung? In Form von 200 Millionen geladenen Waffen – „two hundred million guns are loaded“. Klar, dachten die Friedensbewegten: Dschungel und Gewehrfeuer, das konnte sich doch nur auf den Vietnamkrieg beziehen, oder? Wie man’s nimmt. Denn auch hier gibt es keine weiteren Hinweise auf Truppen und Fronten, auf Amerika, den Feind oder die Politik. „Bring dich in Sicherheit vor den vielen Waffen“, das ist die einzige „Botschaft“, die sich heraushören lässt. Der Song ist damit offen für verschiedene Deutungen, von denen die eines eindeutigen Antikriegssongs zu den eher unwahrscheinlichen gehört. Wer wissen möchte, was sich der Autor selbst dabei gedacht hat, für den hat CCR-Songwriter John Fogerty eine einfache Erklärung parat: Er sei zwar selber Jäger und nicht grundsätzlich gegen Waffenbesitz, gab er in Interviews zu Protokoll, aber die um sich greifende Waffenbegeisterung und die unkontrollierte Verbreitung von Waffen in Amerika würden ihm große Sorge bereiten, ja regelrecht Angst machen. Unkontrollierter Waffenbesitz in den USA – vor allem davon handelt der Song.

Have You Ever Seen the Rain schließlich ist der offenste und am wenigsten martialische der drei Titel. Es geht um nicht viel mehr als die Ruhe vor dem Sturm („Someone told me long ago/There’s a calm before the storm“) und um Regen, der nach dem Sturm an einem Sonnentag fällt: „When it’s over, so they say/It’ll rain on a sunny day/(…)/I wanna know, have you ever seen the rain/I wanna know, have you ever seen the rain/Comin’ down on a sunny day?“ Oha, dachten da gleich viele Antikriegsaktivisten, bei diesem Regen, der da fällt, während die Sonne scheint, kann es sich ja nur um die Bomben handeln, die über Vietnam abgeworfen werden, um Napalm oder Agent Orange. Denkt man allerdings ein bisschen nach, dann ergibt das nur wenig bis gar keinen Sinn. Denn die Wendung „Ruhe vor dem Sturm“ wird für gewöhnlich weniger im militärischen Zusammenhang gebraucht als im privaten oder im Alltagsbereich. Meist ist damit ein Ungemach oder ein Streit gemeint, eine Auseinandersetzung. Der anschließende Regen lässt dann auf ein reinigendes Gewitter schließen – das heißt, es gibt am Ende ein Ergebnis, eine Entscheidung, im besten Sinne eine Lösung. Die Bomben auf Vietnam aber als reinigendes Gewitter zu beschreiben, das passt nun wirklich nicht in den Kontext eines Protestoder Antikriegssongs. Und so darf man auf einen Konflikt im zwischenmenschlichen Bereich als Zentrum des Songs schließen – einen Konflikt, den jede Hörerin und jeder Hörer beliebig mit konkreten Inhalten füllen kann. Auch hier gab Songwriter John Fogerty später Auskunft, was er selbst mit den Lyrics verbunden haben will: Für ihn persönlich hätten sich darin ernste Konflikte innerhalb der Band Creedence Clearwater Revival gespiegelt. Man nimmt es ihm gerne ab. Denn nur wenige Monate nach der Veröffentlichung des Songs lösten sich CCR auf.

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