Читать книгу I don't like Mondays - Michael Behrendt - Страница 7
Vorwort
ОглавлениеDie Rockmusik schreibt seltsame Geschichten …
Mit Juliet, seinem sechsten Studioalbum, veröffentlichte der amerikanische Singer-Songwriter Tucker Crowe im April 1986 sein Meisterstück. Für große Teile des Publikums war klar: In den zehn Songs der Platte verarbeitet Crowe seine Liebesbeziehung zu dem Model und It-Girl Juliet Beatty – von der hoffnungsvollen ersten Begegnung bis hin zur schmerzvollen Trennung. Das Album wurde von der Kritik im Lauf der Zeit auf eine Stufe mit Bob Dylans Blood on the Tracks oder Bruce Springsteens Tunnel of Love gestellt und genießt heute Kultstatus. Da Tucker Crowe wenig später aus unerklärlichen Gründen in der Versenkung verschwand, rankten sich mehr als zwei Jahrzehnte lang die aberwitzigsten Legenden und Theorien um ihn und sein letztes Werk. Am Leben gehalten wurde dieser groteske Kult vor allem von einer kleinen Gruppe selbst ernannter „Crowologen“, die auf dem von Duncan Thompson, einem Engländer, betriebenen Internetportal „Can Anybody Hear Me?“regelmäßig Beiträge veröffentlichten. Zu ihren Spezialitäten gehörten immer wieder neue Auslegungen der in den Lyrics reichlich platzierten Metaphern und Bilder. Bis Tucker Crowe eines schönen Tages wieder auftaucht, sämtliche Geschichten um seinen Lebenswandel für Unsinn erklärt und dem schockierten Thompson offenlegt, dass Juliet auf Lügen und Selbsttäuschungen beruhe – kurz: dass das vermeintlich tief empfundene Trennungsalbum „ein einziger großer Scheiß“ und jede Textdeutung reine Zeitverschwendung sei …
Tucker Crowe? Juliet? Nie gehört? Wie auch, denn es gibt sie gar nicht. Tucker Crowe und Juliet sind reine Erfindungen des britischen Schriftstellers Nick Hornby und bilden das inhaltliche Zentrum seines 2009 veröffentlichten Romans Juliet, Naked. Darin geht es um komplizierte Beziehungsgeschichten, aber eben auch darum, wie sich übereifrige Fans in einer Mischung aus extremer Selbstverliebtheit und krankhafter Projektion zu den abstrusesten Theorien über ihren Lieblingskünstler und seine Songs versteigen. Nick Hornbys fiktive Geschichte bringt die Auswüchse des fahrlässigen Nicht-richtig-Hinhörens und mutwilligen Lieder-auf-den-Kopf-Stellens süffisant auf den Punkt – ein passender Einstieg in eine Betrachtung über Songmissverständnisse.