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1.Unmittelbarer Vollzug
Оглавление138Hat das Unionsrecht in den Staaten durch Verordnungen oder ausnahmsweise auch durch Richtlinien direkte Wirkung (Rn. 123, 127), so spricht man von unmittelbarem Vollzug. In diesem Fall wenden die nationalen Behörden materielles Unionsrecht an. Das EU-Recht wirkt sich dabei insbesondere auf das Verfahren der Verwaltung aus. Der Bund zieht nach Art. 83 ff. GG analog die Verwaltungskompetenz an sich, wenn eine der Unionsnorm entsprechende nationale Norm innerstaatlich hätte von ihm vollzogen werden müssen. Dies bedeutet angesichts des seltenen Bundesvollzugs, dass meistens die Bundesländer zum Vollzug des Unionsrechts berufen sind.
139 a) Materielle Rechtsgrundlagen . Die Rechtsgrundlagen für das Verwaltungshandeln ergeben sich aus den Verordnungen bzw. den direkt wirkenden Richtlinien der EU.
140 b) Handlungsformen . Als Handlungsform steht zunächst der nationalrechtliche VA zur Verfügung. Es kommen aber auch öffentlich-rechtliche Vertragsregelungen zur Geltung. Als besondere Handlungsform hat sich indessen der sog. transnationale Verwaltungsakt herausgebildet. Hierbei handelt es sich um die Einzelfallregelung einer nationalen Behörde zum Vollzug einer Verordnung oder direkt wirkenden Richtlinie mit rechtlicher Wirkung auf dem Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten (Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 135).
Beispiel: Bei der Zustimmung zur Abfallverbringung von Frankreich nach Deutschland gem. Art. 4 AbfVerbrVO regelt die dafür zuständige deutsche Behörde nicht nur den Transport auf deutschem, sondern auch auf französischem Hoheitsgebiet.
141 c) Verwaltungsverfahren . Beim unmittelbaren Vollzug von EU-Recht richtet sich das Verwaltungsverfahren einschließlich der Vollstreckung weitgehend nach nationalem Recht und damit vor allem nach den LVwVfG. Vereinzelte spezielle Verfahrensregelungen des EU-Rechts gehen natürlich vor. Im Übrigen darf die Verwirklichung des materiellen Unionsrechts durch nationales Verfahrensrecht nicht unterlaufen werden, es muss vielmehr effektiv angewendet werden (sog. „effet utile-Grundsatz“; Fischer, S. 136).
Beispiel: Ist eine nationale Subvention in Ansehung von Art. 107 AEUV zu Unrecht gewährt worden, so darf die Vertrauensregelung, die Ermessensausübung und der Ablauf der Jahresfrist aus § 48 I, II und IV LVwVfG die Rücknahme des Subventionsbescheids nicht verhindern, da Art. 108 II AEUV eine strikte Rückzahlung fordert (vgl. dazu Rn. 568).