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II. Selektionsinstrument
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Mit dem Annahmeverfahren und dem daraus resultierenden „Schleusensystem“ soll das BVerfG vor einer „Überflutung“ geschützt und ein „Absaufen“ vermieden werden.[1] Die Handhabung des Annahmeverfahrens[2] durch das BVerfG ist partiell undurchsichtig, nach einigen Autoren willkürlich bzw. sie soll einem Lotteriespiel ähneln. Diese Etikettierung beruht jedoch vielfach auf Unkenntnis der Verfassungsgerichtspraxis bzw. eigener Unfähigkeit zur (selbst-)kritischen Prüfung eingelegter Verfassungsbeschwerden.
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Die hohe Zugangshürde, welche sich aus dem Erfordernis der Annahmefähigkeit ergibt, zeigt sich daran, dass in der Praxis – wie oben dargelegt – etwa 97 % aller Verfassungsbeschwerden durch die Kammern einstimmig erledigt werden; nur ca. 3 % gelangen in die Senate. Soweit keine Einstimmigkeit erzielt wird, entscheidet der Senat über die Annahme. Die Kammerentscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Im Regelfall werden die Verfassungsbeschwerden durch Beschluss zurückgewiesen. Nur in seltenen Fällen wird ihnen gem. § 93c BVerfGG als offensichtlich begründet stattgegeben. Eine Begründung der Nichtannahme ist nicht erforderlich; sie wird jedoch vereinzelt dem Beschluss beigefügt. Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar, § 93d Abs. 1 S. 2 BVerfGG.[3]
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Die Annahmefähigkeit geht im Übrigen der Zulässigkeitsprüfung voraus. Sie ist nicht Teil der Zulässigkeitsvoraussetzungen; die Zulässigkeit wie die Begründetheit sind aber für die Annahme der Verfassungsbeschwerde von entscheidender Bedeutung. Ein Sachvortrag zu den Annahmevoraussetzungen ist zwar nicht notwendig; die Begründungspflicht des § 92 BVerfGG erstreckt sich nicht darauf.[4] Ein entsprechender Vortrag ist jedoch empfehlenswert.[5]