Читать книгу Untergang oder Freiheit - Wir haben keine Wahl! - Michael Schulz - Страница 48
Der Druck aller auf alle (Unternehmen wie Menschen)
ОглавлениеInsgesamt müssen alle Kosten – auch und insbesondere die Personalkosten – ständig reduziert werden. Mitarbeiter werden aktiv abgebaut, also entlassen, und natürlich ausscheidende Mitarbeiter werden nicht ersetzt. Gehaltssteigerungen fallen niedriger aus. Es gibt prekäre, das heißt befristete Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit. Der Druck wird von den Unternehmen an die Arbeitskräfte weitergegeben.
Wenn man als Großunternehmen Leistungen am Markt einkauft, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man kauft bei einem gleich großen Unternehmen ein, das viele Kunden von derselben Sorte hat und deshalb vergleichbar groß ist, oder man kauft bei kleineren Unternehmen ein. Diese sind bestens dazu geeignet, um Kosten zu drücken. Denn kleine Unternehmen sind schnell abhängig von dem einen sehr großen Abnehmer und lassen sich somit auspressen wie Zitronen. Der Eigentümer des kleinen Unternehmens hat einen Kredit aufgenommen, um die Produktion zu finanzieren. Er ist auf regelmäßige Einnahmen angewiesen, um Personal, Material, Kredite und Steuern zu bezahlen. Wenn der aktuelle Großabnehmer damit droht, abzuspringen, lässt sich ein vergleichbar großer Abnehmer in der Regel nicht schnell genug finden. Wenn man als kleines Unternehmen mit einem großen Unternehmen verhandelt, bekommt man die Konditionen, zu denen geliefert werden muss, in der Regel diktiert. Nur wenn man wirklich Top-Produkte anbietet, die z.B. durch Innovationen ihren Preis wert sind, kann man akzeptable Konditionen erreichen. Als kleiner Lieferant, der austauschbar ist, kann man sich sicher sein, dass die Preise im Kondratjew-Herbst in den jährlich stattfindenden Preisverhandlungen stets gesenkt werden müssen. Nur so können die Großunternehmen ihre Gewinne weiter steigern oder zumindest wettbewerbsfähig bleiben. Das geht soweit, dass sowohl in der Bekleidungsindustrie als auch in der Automobilindustrie sogar rückwirkende Preissenkungen von den Lieferanten verlangt werden. Entgegen der geschlossenen Lieferverträge wurden also lange, nachdem die Waren bereits hergestellt und geliefert worden waren, rückwirkende Preissenkungen eingefordert. Verbunden wurde das zwar mit dem Versprechen, dafür im nächsten Jahr wieder mit einem einjährigen Liefervertrag ausgestattet zu werden. Zugleich ist dieses Versprechen natürlich aber auch eine Drohung: „Wenn du die Preise nicht rückwirkend senkst, wirst du im nächsten Jahr bei der Auftragsvergabe nicht berücksichtigt.“ Einige nennen so etwas Erpressung, andere nennen es Kapitalismus. Wie man so etwas bewerten sollte, kann der Leser zunächst einmal für sich selbst entscheiden. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.
Wir hatten die Gründe und Mechanismen der Konzentration bereits angesprochen und man konnte erkennen, dass sie durch das Wirtschaftsumfeld im Herbst unvermeidbar sind. Im Folgenden wollen wir die Konsequenzen der Konzentration noch einmal in aller Deutlichkeit herausarbeiten.
Kleine und mittlere Unternehmen, die ihre Leistungen nicht an gleichberechtigte Unternehmen oder Privatpersonen verkaufen, werden bezüglich ihrer Preisgestaltung kontinuierlich unter Druck gesetzt und sind in der Folge dazu gezwungen, die eigenen Kosten zu senken. Das betrifft stets auch den Personalsektor, wodurch die Arbeitslosigkeit steigt und die Arbeitsplatzsicherheit sinkt, indem vermehrt befristete Verträge, Leiharbeit oder Werkverträge zum Einsatz kommen. All das führt dazu, dass in der Bevölkerung die Spielräume für größere Ausgaben kleiner werden. Zudem verhindern unsichere Arbeitsplätze das Aufnehmen eines Kredits, also von Schulden, zumindest, wenn die Bank seriös arbeitet. Der Motor „Kreditsteigerungen“ des Sommers wird dadurch im Herbst immer langsamer.
Ein weiterer Wettbewerbsaspekt für die Unternehmen und Mitarbeiter der freien Wirtschaft entsteht durch die Verlagerung von Arbeiten ins Ausland, die im Zuge der Globalisierung stattfinden. Jedes mittlere Unternehmen, das konkurrenzfähig bleiben möchte, ist – sofern es nicht, wie oben beschrieben, sehr besondere Produkte anbietet – dazu gezwungen, personalintensive, einfache Tätigkeiten ins kostengünstigere Ausland zu verlagern. Das ist weder einfach noch spart es für das Unternehme immer Kosten ein. Für die Menschen, die als Angestellte arbeiten müssen, ist es aber in jedem Fall fatal. Sie konkurrieren plötzlich mit Chinesen, deren Umweltbedingungen ganz anders sind und zu ganz anderen Konditionen Arbeit verrichten. Hinzu kommt, dass durch die Auslandsinvestitionen Kredite nicht mehr im Inland, sondern im Ausland aufgenommen werden.
Durch den Druck auf die Kosten steigen die Löhne und Gehälter im Herbst viel zu wenig. Trotzdem können die meisten Menschen ihren Lebensstandard einigermaßen halten. Sie profitieren davon, dass die Unternehmen die Preise senken und ihre Leistungen günstiger anbieten. Wer es als Anbieter nicht schafft, regelmäßig mehr Leistungen zu niedrigeren Preisen anzubieten, wird vom Wettbewerb schnell aussortiert. Denn die Kunden können oder wollen die Preise vom letzten Jahr in diesem Jahr nicht mehr zahlen.