Читать книгу Untergang oder Freiheit - Wir haben keine Wahl! - Michael Schulz - Страница 52
Aus sporadischen Plünderungen entsteht Sesshaftigkeit
ОглавлениеWir springen jetzt in die Epoche der Menschheitsgeschichte zurück, als alle noch Jäger und Sammler waren. Da ergab sich eine Innovation. Es zogen gewalttätige Banden durch die Lande und beraubten die Menschen, die sie gerade antrafen. Weil das eine angenehme (oder zumindest eintragsreiche) Variante war, sein Leben zu gestalten, hat sich die Zahl dieser Banden rasch vermehrt. Die Art der Beraubung wird sicher verschiedene Stufen durchlaufen haben. Mal werden die Räuber sich in der Gruppe der Beraubten einquartiert und einen andauernden Terror auf die Unterlegenen ausgeübt haben, um so regelmäßig und ohne eigenen Beitrag mit Lebensmitteln und anderen Gütern versorgt zu werden. Diese Strategie war jedoch sicher nicht besonders erfolgreich, weil diese Terroristen recht schnell vergiftet wurden. In anderen Varianten wurden Menschen dazu gezwungen, als Sklaven für die Räuber zu arbeiten und mit ihnen mitzuziehen. Das machte diese Gruppen jedoch angreifbar, denn nicht-kooperative Mitglieder, die unter Zwang gehalten wurden, waren im Verteidigungsfall eher kontraproduktiv. Die erfolgreichste Variante war sicher die, bei der nur die Lebensmittel und andere Güter geraubt wurden und die Räuber dann weiterzogen. Nachteil hierbei war aber, dass bei den Beraubten anschließend nichts mehr zu holen war, weil zu viele Räuberbanden gleichzeitig kassieren wollten. Und so war es also wieder vorbei mit dem schönen Räuberleben – es sei denn, man fing an, die Menschen zu schützen, die man berauben wollte. Damit ist Folgendes gemeint:
Nomaden zogen umher wie Viehherden. Wenn Gebiete abgeerntet waren, zogen sie weiter. Solche umherziehenden Nomaden auszuplündern oder gar dauerhaft Abgaben von ihnen zu erhalten, war schwierig. Denn man hätte ja die ganze Zeit mit ihnen umherziehen müssen. Besser war es, sie dazu zu bringen, ihr Territorium nicht mehr so oft zu wechseln. Wie aber bringt man Nomaden dazu, ihre bisherige Lebensweise aufzugeben, stattdessen sesshaft zu werden und „freiwillig“ wertvolle Güter wie Lebensmittel abzugeben? Die Lösung der Räuberbanden bestand darin, den Nomaden den folgenden Deal aufzuzwingen: Sie sollten sesshaft werden und regelmäßig Abgaben liefern. Im Gegenzug würden sie davor beschützt, von anderen Banden ausgeraubt zu werden. So wurden aus Plünderern Beschützer.
Oder anders ausgedrückt: Andere Menschen ausplündern zu wollen, ergibt nur dann einen Sinn, wenn es bei diesen auch etwas zu holen gibt. Leere Nester zu plündern, ist sinnlos. Plünderer müssen im eigenen Interesse also dafür sorgen, dass die Menschen, deren Ressourcen sie ausbeuten wollen, nicht von anderen Gruppen geplündert werden. Aus Sicht der Plünderer macht ihre eigene Forderung nach Abgaben es also notwendig, diejenigen, die sie ausbeuten wollen, vor den Plünderungen anderer Gruppen zu schützen. Auf diese Weise hängen Abgabeforderungen und Schutz untrennbar miteinander zusammen. Aus Sicht der ehemaligen Nomaden hat dieser Deal jedoch ebenfalls Vorteile. Denn im Tausch gegen die eingeforderten Abgaben werden sie davor beschützt, willkürlich von anderen Banden überfallen und ausgeplündert zu werden. Die ohne diesen Deal drohende Gewalt durch andere Banden rechtfertigt aus Ihrer Sicht also die eingeforderten Schutzgebühren (inklusive der natürlich auch hier im Hintergrund stehenden Drohung von Gewalt für den Fall, dass die Abgaben nicht geleistet werden). Gewalt nur angedroht zu bekommen, ist aber besser, als de facto andauernd Opfer von willkürlicher Gewalt zu werden. So lassen sich die ehemaligen Nomaden also auf den Deal ein. Sie werden sesshaft und liefern im Austausch gegen den Schutz vor willkürlichen Plünderungen Abgaben.
Diese Abgaben sind, was wir Geld nennen.