Читать книгу Haus in Flammen - Mischa Kopmann - Страница 7

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Endlose Sommer. Lang und heiß. Endlose Nachmittage, die ich zuhause in meinem Zimmer verbrachte, mit einem Buch, mit einem Traum. Eine Weile dachte ich daran, mich dem Zirkus anzuschließen, der auf dem Festplatz hinter dem Schwimmbad seine Zelte aufgeschlagen hatte. Ich kratzte mein Taschengeld zusammen und besuchte vier Nachmittagsvorstellungen in einer Woche. Am Abend lungerte ich auf der staubigen Wiese hinter dem Zelt herum. Es roch nach Heu. Und nach Pferden. Nach Rauch und wilden Tieren. Der Wind wehte gedämpft den Applaus des Publikums der Abendvorstellung herüber. Die Ahs und Ohs. Ich freundete mich mit Kurt an, dem Trommler des Zirkus-Orchesters. Er spendierte mir kandierte Mandeln und Zuckerwatte und zeigte mir die Tiere in ihren Käfigen. Nach und nach stellte er mich dem Ensemble vor. Schließlich kamen wir zu einem rot gestrichenen Wagen, auf dessen Tritt ein Mädchen saß. Mein Herz machte Sprünge. Plötzlich wusste ich, warum ich so wild darauf war, hierher zu kommen, wieder und wieder. Die Hochseiltänzerin hatte es mir angetan.

»Darf ich vorstellen?«, fragte Kurt mit ausladender Armbewegung, »Miss Esmeralda.«

Sie stand vor mir, klein, fragil, knabenhaft, mit schwarzem Haar und schwarzen Augen und den süßesten Kirschmundlippen, die ich je gesehen hatte. Hätte sie mich gefragt, ich hätte für Miss Esmeralda alles stehen und liegen lassen. Auf der Stelle. Sie hielt mir ihre kleinen, beringten Finger zum Handkuss hin und sagte etwas auf Spanisch. Fragend sah ich den Trommler an.

»Sie sagt, du siehst aus wie ein Engel«, übersetzte er. Er zog die Brauen hoch und nickte in Richtung der ausgestreckten Hand. Ich verbeugte mich und küsste Esmeraldas Finger, die süß und aufregend dufteten. Beinahe wäre ich vor ihr niedergekniet.

Die halbe Nacht lag ich wach, wälzte mich hin und her, in Gedanken an sie. Im Morgengrauen sprang ich aus dem Bett und packte meine Sachen. Dann besann ich mich. Ich setzte mich an den Schreibtisch und schrieb ihr einen Brief. Mit Absender, fein säuberlich links oben auf dem Umschlag. Für alle Fälle. Den ganzen Weg zum Festplatz rannte ich. Doch der Zirkus war verschwunden. Nur ein grauer Kreis war geblieben auf der verbrannten Sommerwiese, dort, wo das Zelt gestanden hatte. Und ein Haufen verkohlter Balken, wo das Lagerfeuer gebrannt hatte, Tag und Nacht.

»Falls du den Zirkus suchst,« sagte ein Mann, der den Abfall vom Boden aufsammelte, eine Zange in der einen und einen Müllbeutel in der anderen Hand, »sind abgereist. Noch in der Nacht. Gleich nach der letzten Vorstellung.«

Haus in Flammen

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