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Vorwort von Dr. Friederike Schmitz

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Es sind oft dieselben Argumente, die in Diskussionen um Tierhaltung und Veganismus immer wieder vorgebracht werden – sei es bei der Gartenparty am Grill, in den Kommentarspalten unter fleischkritischen Artikeln oder nach tierethischen Vorträgen an Universitäten. »Veganes Bullshit Bingo« nennen wir es gern. Meist handelt es sich bei diesen beliebten Einwänden nicht um wohldurchdachte Argumente. Es sind vielmehr Schnellschüsse – abgefeuert, um sich mit der Bedrohung, als die der Veganismus offenbar wahrgenommen wird, nicht weiter auseinandersetzen zu müssen. Oder glaubt die Person am Grill, die eben noch ihren Rasen gemäht und ihren Rosmarinbusch gestutzt hat, ernsthaft, dass Pflanzen auch Gefühle haben? Hat sich der Verfasser, der in seinem Facebook-Kommentar den Veganismus als Sekte bezeichnet, etwa je mit den Charakteristika von Sekten beschäftigt? Oder scheren sich die Leute, die nach einem Tierethik-Vortrag die pflanzliche Ernährung abfällig als unnatürlich bezeichnen, sonst darum, wie natürlich ihre Lebensweise in all den anderen Aspekten ist? Wahrscheinlich nicht.

In diesem Sinne beruhen viele der populärsten Einwände gar nicht auf einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Thematik. Ich habe sogar oft den Eindruck, dass die so Diskutierenden sich kaum für die Wahrheit in der jeweiligen Sache interessieren. Denn sobald man auf das Argument kritisch eingeht, verteidigen viele es gar nicht, sondern bringen einfach ein anderes vor – quasi nach dem Motto neuer Schuss, neues Glück. Daraus folgt allerdings nicht automatisch, dass an keinem der vorgebrachten Argumenten etwas dran wäre. Manche können, mit etwas Ausarbeitung, zu ernstzunehmenden Kritikpunkten werden. Das gilt z. B. für die Idee, dass bei der Erzeugung pflanzlicher Nahrungsmittel auch oder sogar mehr Tiere sterben können als bei der Produktion von Fleisch oder Milch – die Widerlegung dessen ist nicht trivial. Bei einigen anderen muss man dagegen nur kurz logisch überlegen, um zu erkennen, dass der jeweilige Einwand nicht viel taugt. Dennoch kann man aus der gründlichen Beschäftigung damit etwas lernen.

Genau das zeigt auch dieses Buch: Die Antworten, die die drei Autoren formulieren, sind auch dann interessant und lehrreich, wenn man den betreffenden Einwand selbst absurd findet. Das Buch erklärt neueste Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft, liefert zahlreiche Fakten zur aktuellen »Nutztierhaltung« und steckt voller kluger Gedanken zur Ethik. Viele Überlegungen sind auch über das Thema des Veganismus hinaus gültig und gekonnt auf den Punkt gebracht. Dass beispielsweise Meinungsfreiheit nicht bedeutet, dass jede Meinung gleichermaßen akzeptabel wäre oder dass man persönliche Ansichten nicht kritisieren dürfe, ist eine Einsicht, die man Menschen generell auf Webseiten erst unterschreiben lassen sollte, bevor die Kommentarfunktion für sie freigeschalten wird.

Auch Lobbyverbände wie der Verband der Fleischwirtschaft fordern gern eine »Versachlichung« der Debatte um Tierprodukte und Ernährung. Eigentlich müssten sie daher dieses Buch bewerben, denn es versammelt diesbezüglich eine Fülle an gut belegten Informationen und rationalen Argumenten. Tatsächlich kommt es den Verbänden aber natürlich in die Quere, denn es entlarvt viele ihrer Aussagen als schlecht begründete Märchen. Auch damit leistet es einen wertvollen Beitrag zu einer gesellschaftlichen Debatte, die mehr Faktenbezug und Vernunft dringend nötig hat.

Zweierlei darf aber zugleich bei all dem Fokus auf Fakten und Argumente aus meiner Sicht nicht aus dem Blick geraten: Erstens kann zur ethischen Reflexion mehr gehören als eine rein rationale Auseinandersetzung. Gefühle wie Mitgefühl oder Empörung zu erleben bzw. überhaupt erst zuzulassen, kann ein wichtiger Schritt in der Beschäftigung mit der Tierindustrie sein. Solche Gefühle sind es oft auch, die uns erst zum Handeln motivieren.

Daran schließt sich auch der zweite Punkt an, den ich hervorheben möchte: Kluge Argumente reichen leider oft nicht aus, um in der Gesellschaft jene Veränderungen herbeizuführen, die in Anbetracht der extremen Ausbeutung der Tiere und der katastrophalen anderen Folgen der Tierindustrie so dringend nötig sind. Damit der Veganismus tatsächlich als die Gerechtigkeitsbewegung wirken kann, als die er in diesem Buch bezeichnet wird, müssen noch viel mehr Veganer*innen über ihre eigene Lebensweise hinaus aktiv werden. Konsistente Überzeugungen und gut begründete Forderungen sind dabei aber natürlich unverzichtbar und dieses Buch liefert dafür jede Menge Material.

Dr. Friederike Schmitz

Autorin u. a. von »Tiere essen – dürfen wir das?«

und »Tierethik kurz + verständlich«

Vegan ist Unsinn!

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