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Das Panorama der Buchmalerei Die Großregionen

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Die Kunst des Illuminierens war in allen Kulturkreisen gebräuchlich, die das Buch oder funktionell vergleichbare Medien als Kommunikationsmittel kannten.

ägyptische Buchmalerei

Eines der ältesten erhaltenen Denkmäler der Miniaturenkunst entstand im Ägypten des frühen 2. Jahrtausends v. Chr.: ein Zeremonienspiel anlässlich der Inthronisation des Pharaos – einfache bildliche Darstellungen, mit schwarzer Tusche auf Papyrus gezeichnet und zwischen Hieroglyphen angeordnet. Das Hauptkontingent der altägyptischen Buchmalerei stellen die Totenbuchrollen, die besonders zahlreich aus dem Neuen Reich (ca. 1550–1080 v. Chr.) überliefert sind.

Wie die altägyptische verwendete auch die fernöstliche Kultur das Buch nicht in Gestalt des Codex. Die einzelnen Seiten der heiligen Schriften des Buddhismus – auf Palmblatt geschrieben und sparsam illustriert – wurden in Tibet zwischen zwei Deckeln, in feine Tücher eingeschlagen, aufbewahrt. In China begegnet seit dem 9. Jahrhundert der Holzschnitt als Illustrationsmittel, ansonsten aber überwiegt zunächst, wie auch in Japan, die Tuschzeichnung, die bei der Gestaltung von Quer- und Hängerollen sowie von Albumblättern oft die Grenze zwischen dem reinen Bild und der Kalligrafie aufhebt.

Buchmalerei der Maya

Sehr viel enger kommen dem europäischen Buchverständnis die Bilderhandschriften der Maya-Kultur in Mittelamerika entgegen. Spanischen Quellen zufolge besaßen die Mayas unzählige religiöse und wissenschaftliche Bücher, ferner Kalender mit Verzeichnissen der Feste und Tempelzeremonien. Von den wenigen erhaltenen Exemplaren aus der Zeit vor der spanischen Eroberung bildet der in Faltbuchanordnung, also wie ein Leporello, gestaltete Codex Borgia aus dem 13. Jahrhundert (Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. mess. 1) das schönste Beispiel.

Eine „Universalgeschichte“ der Buchkunst und Buchmalerei hätte sich mit immensen Zeiträumen und Geografien auseinanderzusetzen. Eine prominente Rolle nähme dabei die Buchmalerei der muslimischen Kulturkreise mit zahlreichen wunderbaren Zeugnissen ein. Ein Großteil der fraglichen Handschriften überlebte jedoch nur stark fragmentiert oder in Einzelblättern. Dieser Umstand resultiert häufig aus einer in der islamischen Welt seit Jahrhunderten praktizierten Gewohnheit, Manuskripte zu zerlegen und Einzelblätter unterschiedlichster Provenienz und Zeit in Alben zu sammeln.

Miniaturen in der islamischen Welt

Der islamischen Religion galt und gilt vielfach noch heute die Darstellung der sinnlichen Welt als Götzendienst. Daher empfand man die Wiedergabe menschlicher Gestalten als Idolatrie und unterwarf sie spätestens seit dem 9. Jahrhundert einem kategorischen Bilderverbot. Andererseits hielten intellektuelle und höfische Kreise an jener strikten Bildabstinenz nicht immer fest. Deshalb entfalteten sich seit dem islamischen Hochmittelalter märchenhafte Bilderwelten voll unerschöpflicher Phantasie. Vor allem die persische Buchmalerei und die Miniaturen des islamischen Moghulreiches in Indien legten im 16. und 17. Jahrhundert beredtes Zeugnis davon ab.

byzantinischer Stil

Einen Bereich sui generis stellt ferner die byzantinische Buchmalerei dar. Zu Beginn ist sie geprägt vom Zusammentreffen klassisch-antiker Formen und Inhalte mit christlichem Geist. Die frühbyzantinischen Miniatoren griffen auf jene hellenistischen Traditionen zurück, die die drei bedeutendsten Zentren des griechischen Ostens, Konstantinopel, Antiochia und Alexandria, tradierten. Erst ab dem 9. Jahrhundert, nach dem Ende des Bilderstreits, wird ein eigenständiger byzantinischer Stil greifbar. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts verloren freilich die Buchminiaturen an Attraktivität gegenüber der Ikonenmalerei. Überall dort, wo die byzantinische Kunst auf die politisch oder kulturell von Konstantinopel abhängigen Regionen einwirkte – vor allem auf dem Balkan und in dem während des 11. Jahrhunderts von Byzanz her christianisierten Russland – musste sich die Miniaturenmalerei mit der übermächtigen Konkurrenz der Ikonen- beziehungsweise Wandmalerei im sakralen Raum abfinden. Diese historischen Entwicklungen nachzuzeichnen, würde den Rahmen des vorliegenden Buches sprengen.

Das Gleiche gilt für eine Diskussion der jüdischen Buchmalerei. Denn eine solche existierte: Das im Alten Testament formulierte Bilderverbot hielt die jüdischen Illuminatoren keineswegs davon ab, neben ornamentalen auch figürlich-szenischen Schmuck unterzubringen. Die Juden der Diaspora richteten den Buchdekor nach den Traditionen des jeweiligen Gastlandes. In muslimischer Umgebung, in Persien, Ägypten oder im maurischen Spanien herrschten ornamentale Zierseiten vor, während jüdische Bücher in christlichen Ländern figürliche Miniaturen kennen, die dem Stil der jeweiligen Epoche folgen, gelegentlich sogar von christlichen Künstlern ausgeführt zu sein scheinen.

Einige Großregionen wären zusätzlich zu nennen, etwa die Miniaturenkunst der Kopten oder der Hindus. Doch das vorliegende Buch behandelt ausschließlich die abendländische Buchmalerei: von der Spätantike und dem frühen Christentum, als sich mit dem Codex, wie wir hören werden, die zukunftsweisende Buchform durchsetzte, über das frühe und hohe Mittelalter bis in die beginnende Neuzeit, als der Siegeszug des gedruckten Buches begann.

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