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Bücher als Repräsentationsobjekte

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die Belles Heures

In dem Stundenbuch, das der Herzog Jean de Berry 1404 in Auftrag gab, dessen Miniaturen die Brüder Limburg kurz vor 1410 fertig stellten und das unter der Bezeichnung Belles Heures (New York, Metropolitan Museum of Art, The Cloisters 1954, acc. no. 54.1.1) in die Kunstgeschichte einging, finden sich fünf Seiten mit Darstellungen des herzoglichen Wappens, zwei Porträts des Auftraggebers und das Bildnis seiner zweiten Frau. Die tiefe Verehrung Jeans für seinen Namenspatron Johannes den Täufer spiegelt sich in vier Miniaturen wider. Ferner förderte der Herzog den Kartäuserorden und ließ dessen Gründung in einem der Zyklen schildern. Jean besaß unter seinen Schätzen einen Splitter vom Kreuz Christi. Das war der Grund, die Legende von der Eroberung und Rückführung des heiligen Kreuzes durch Kaiser Heraklius in die Belles Heures aufzunehmen.

Diese über Einzelmotive und ganze Bildsysteme hergestellte Personalisierung verrät, wie auch in zahlreichen anderen Zyklen der spätmittelalterlichen Buchmalerei, dass Prachthandschriften damals zusätzlich zu ihrer religiösen Funktion als individuelle Statussymbole fungierten. Die des Öfteren unfertig gebliebene Ausmalung von Andachtsbüchern des späteren 15. und frühen 16. Jahrhunderts, ihr meist ausgezeichneter Erhaltungszustand, ferner überraschend viele Textpassagen, die sinnentstellende Fehler aufweisen, all diese Merkmale verraten, dass die meisten aufwendig illuminierten Andachtsbücher keineswegs täglich zur Hand genommen wurden. Inhaltliche Fehler im Einzelnen konnten vernachlässigt werden, solange die Bücher in ihrem aufwendigen Gesamterscheinungsbild als bibliophile, gehegte und gepflegte Sammlerstücke mit dem Nebeneffekt einer soliden Geldanlage den Status des Besitzers unterstrichen.

Selbst Bücher nichtreligiösen Inhalts in repräsentativen Kollektionen dienten nicht unbedingt der Wissensakkumulation und -Vermittlung; sicher, eine solche konnte mitspielen, aber der dominante Impuls war ein anderer. Parallel zu Sammlungsbeständen wie Juwelen, Reliquiaren und Ähnlichem dienten auch Luxushandschriften der „Eigenwerbung“. Die fürstlichen Bücherkontingente und ihre illustren Miniaturen besetzten im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit eine hohe Position in der Symbolhierarchie der Macht. Sie demonstrieren den künstlerischen Geschmack der Auftraggeber und kombinierten diesen Exklusivitätsanspruch mit sei es frommen, sei es chronistischen, wissenschaftlichen oder literarischen Interessen. Kurz: Sie dienten als Insignien kultureller Überlegenheit. Man durchschaut, warum zahlreiche Fürsten in die kostspielige Bibliophilie ihrer Vorgänger wie in ein bindendes Erbe eintraten: Manifestierte sich doch darin der Glanz eines Herrschaftskontinuums!

Sforza-Stundenbuch

Der Repräsentationsgewinn resultierte einerseits aus der Ästhetik, mindestens ebenso aber aus dem materiellen Wert und der von den Künstlern investierten Arbeitsleistung: Das Stundenbuch der Sforza, dessen Bebilderung in zwei Etappen – um 1490 und um 1517–1521 – erfolgte, ist zweifellos eine der faszinierendsten Bilder- und Prunkhandschriften, die die Geschichte der abendländischen Buchmalerei kennt. Von ihrem Wert war schon der anfängliche Hauptminiator Giovanni Pietro da Birago überzeugt (Abb. 7), der sein Teilwerk (!) mit 500 Dukaten um ein Fünffaches höher einschätzte als etwa ein zeitgleiches Gemälde von Leonardo da Vinci. Nicht von ungefähr zählt man noch heute das (in vier Teilen aufbewahrte) Werk zu den sechs wertvollsten Codices der an Kunstschätzen wahrlich nicht armen British Library in London (Add. Ms 34.294).


Abb. 7 Giovanni Pietro Birago: Evangelist Matthäus, in: Sforza-Stundenbuch, um 1490; London, British Library, Add. Ms 34.294, fol. 7r.

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