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1 Mit Werkzeug zum Grips Das erste Messer

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»Ist das Kultur, oder kann das weg?« Diese Frage dürften sich die Archäologen um die Französin Sonia Harmand gestellt haben, als sie in Kenia, westlich des Turkana-Sees, in der Grabungsstätte Lomekwi zahlreiche Steinobjekte freilegten. Wie sich herausstellte, war es Kultur. Die unscheinbaren Steinbrocken wurden als Steinwerkzeuge identifiziert, die nur durch vormenschliche Hand entstanden sein konnten. Die Steine waren so gegeneinander geschlagen worden, dass scharfe Bruchkanten entstanden.

Diese neue Technologie hatte weitreichende Folgen. Mit den Steinwerkzeugen zerlegten die Vormenschen das Fleisch von gefundenen Tierkadavern und schabten die Knochen ab – darauf deuten Schnittspuren an den Knochen der gefundenen Tierkadaver hin. Die Steinwerkzeuge waren nötig, da das Gebiss der Vormenschen vor allem auf Pflanzenkost und weniger zum Zerreißen von Fleisch ausgelegt war. Mit der neu entwickelten Fähigkeit zum Gebrauch scharfer Werkzeuge änderten sich die Essgewohnheiten – und damit praktisch alles im Leben der Vormenschen. Denn die Verfügbarkeit von proteinreichem Fleisch dürfte ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung des Gehirns gewesen sein.


Ursprüngliche Überlebenskunst: der Ex-Marine, Buchautor und Survival-Experte Donny Dust (@donnydust) beim Ausarbeiten von Steinklingen

Das Alter der Steinartefakte bestimmten die Forscher anhand der Lagen aus vulkanischer Asche, in der sie die Steine gefunden hatten, auf 3,3 Millionen Jahre. Dieser Fund von 2015 ist deshalb so bemerkenswert, weil es unter Forschern bis dahin als Gewissheit galt, dass nur Lebewesen der Gattung homo, also Menschen, zu solchen Handlungen fähig sind. Doch anscheinend waren schon die Vormenschen in der Lage, Werkzeuge herzustellen und zu benutzen. Dieser Werkzeuggebrauch gab womöglich den Anstoß, neue Dinge auszuprobieren, was dann mit einer gewissen Zeitverzögerung ebenfalls die Gehirnentwicklung angeregt haben könnte.


Erstaunlich scharf: eine sichelförmig gearbeitete Steinklinge des US-Survival-Experten Donny Dust

Aus den ersten rudimentären Steinwerkzeugen entwickelten sich Chopper, Faustkeile sowie immer präziser gefertigte und schneidende Handwerkzeuge, welche die Möglichkeiten der Nahrungsbeschaffung, die Essgewohnheiten, die Kontrolle der Umwelt und damit auch das Zusammenleben der Menschen und ihre Kommunikation prägten. Mit dem Messer und seinen scharfen »Nachkommen«, dem Beil und deutlich später auch der Säge, erschufen die Menschen weitere Werkzeuge und formten Lebensumwelten, die ihnen Sicherheit gaben und sie in ihrer Entwicklung voranbrachten.

The Flintstone-Way

Mit bloßem »Steine zerdeppern« hat das Herstellen von Steinwerkzeugen übrigens nichts gemein. Beim sogenannten Flintknapping arbeitet man mit Schlagsteinen, Holz-, Knochen- oder Geweihstücken scharfe Bruchkanten aus einer geeigneten, großen Steinknolle heraus, die man dann scharfkantig formt. Dabei können Bruchkanten entstehen, deren Schärfe an chirurgische Skalpelle heranreicht. Besonders geeignet ist das vulkanische, glasartige Gestein Obsidian. Wer diese Methode beherrscht, steht praktisch nie ohne scharfes Werkzeug da. Machen Sie es doch wie Familie Feuerstein und lernen Sie, ein Messer aus Stein herzustellen. Mittlerweile gibt es immer mehr Gelegenheiten, das Flintknapping zu erlernen.

Handbuch Messer: 101 Dinge, die Sie schon immer über Messer wissen wollten.

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