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4 »Me fecit Solingen« Das deutsche Messerzentrum

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Solingen in Nordrhein-Westfalen war und ist das Zentrum der deutschen Schneidwarenherstellung. Die bergische Großstadt ist weltweit so sehr für Messer und Scheren bekannt, dass Solingen häufig sogar für eine Messermarke gehalten wird. Seit 2012 trägt Solingen sogar ganz offiziell den Zusatz Klingenstadt. Seitdem Solingen 1371 Stadtrechte erhielt, zierte der Ausspruch »Me fecit Solingen« unzählige Klingen – zunächst vor allem Schwertklingen. Diese martialische Vergangenheit ist noch an vielen Straßennamen zu erkennen: Schwertstraße, Degenstraße, Florettweg …

Warum gerade Solingen zur Kingenstadt wurde? Ganz einfach: Hier gab es sämtliche Ressourcen, die man zum Schmieden und Schleifen von Klingen benötigte: natürliche Eisenerzvorkommen, Eichenwälder zum Befeuern der Schmiedefeuer, viele Bäche und natürlich den Fluss Wupper, deren Wasserkraft Schmiedehämmer und Schleifsteine antrieb und deren Kühle Klingenstahl abschreckte und damit hart machte. Zu den wichtigsten Grundlagen Solingens gehörte das ansässige Fachwissen. Schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts gab es die Zünfte der Schleifer und Härter, Schwertfeger, Reider und Schwertschmiede. Die Handwerker waren streng in Bruderschaften organisiert. Schwertschmiede formten die Stahlbarren mit wuchtigen, aber gezielten Schlägen in Schwert-, Degen- oder Säbelform. Härter machten aus diesen Rohlingen durch gesteuertes Erhitzen und gezieltes Abschrecken harte und einsatzfähige Klingen, die dann zu den Schleifern gingen. Diese arbeiteten entweder im eigenen Kotten (was so viel wie kleines Haus bedeutet) oder hatten sich in große Kotten eingemietet. Typisch für die Kotten ist der Wasserzulauf von Bächen und Flüssen, der die scheibenförmigen Schleifsteine antrieb, mit denen die Klingen ihre endgültige Form und Schärfe erhielten.

Zum Schluss glätteten und polierten die Schwertfeger die Klingen, um die vorangegangenen Arbeitsschritte zu verfeinern. Sie waren es auch, die die Einzelteile montierten und Griff (»Gefäß«) und Klinge zu einem Ganzen verbanden. Die Schwertfeger brachten die Blankwaffen auch in den Handel.

Mich schuf Solingen

Mich schuf Solingen – »me fecit Solingen«: So mancher Hingerichteter dürfte diesen Schriftzug als Letztes in seinem Leben gelesen haben, zierte er doch viele Richtschwerter der damaligen Zeit.

Die handwerklichen Fähigkeiten der Bruderschaften – mit Ausnahme der Schwertfeger – wurden als so bedeutsam angesehen, dass ihnen Reise- und Tätigkeitsverbote auferlegt wurden. So wollte man verhindern, dass Fachwissen verschleppt wird. Aus dem Schwertmacherhandwerk entwickelten sich die anderen Handwerkskünste. 1571 wird die Zunft der Messermacher erstmals erwähnt, gut 200 Jahre später (1794) schlossen sich die Scherenmacher zu einer eigenen Zunft zusammen.


1,6 Kilogramm Wissen: An der historischen Darstellung der deutschen Messerindustrie im Buch »German Knife and Sword Makers« wurde 30 Jahre lang gearbeitet.

Mitte des 17. Jahrhunderts jedoch verließen immer mehr Solinger Fachkräfte die Stadt, gingen in andere deutsche Städte oder wanderten aus nach Frankreich, Schweden, England, Russland und Amerika.

Doch Solingen ist mit Herstellern wie Wüsthof, Zwilling, Böker, Windmühle, Felix, Güde, Hartkopf, Hubertus, Loewen, Otter oder Robert Klaas immer noch eines der wichtigsten europäischen Messerzentren.


Lebendig: Diese historische Gesenkschmiede in Solingen dient als ganz besonderes Museum – hier wird noch produziert.

Handbuch Messer: 101 Dinge, die Sie schon immer über Messer wissen wollten.

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