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Elterliches Veto gegen das Weltcup-Debüt

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Im Mai 2003 gab es die erste größere Ehrung, in Essen verlieh ihr ein großer Gaskonzern den mit 5000 Euro dotierten »Förderpreis Deutscher Jugendsport«, weil das den Talenten aber nicht in bar überreicht wird sondern in Sachwerten, ließ sie sich das mit einem Moutainbike und einem Straßenrennrad auszahlen. Im Sommer 2003, nach dem Realschul-Abschluss, kam sie dann auch in die Sportfördergruppe des Zolls, das erste Ziel war erreicht.

Und beinahe wäre sie im Januar 2004 dann auch schon im Weltcup gelaufen. In Ruhpolding. Mit 16. Mit den ganz Großen. Wilhelm, Disl, Henkel, Glagow. Ein Platz war nämlich noch frei geworden, Katja Beer fiel damals krankheitsbedingt aus, und darum wollte Frauentrainer Uwe Müssiggang das junge Talent aus Wallgau nominieren.

Müssiggang hatte die Dominanz der Magdalena Neuner im nationalen Juniorinnen-Bereich sehr wohl registriert, auch im Europacup hatte sie noch kurz zuvor gewonnen, im italienischen Brusson einen Doppelerfolg in Sprint und Verfolgung gefeiert, darum lag sie nahe, die Idee mit Ruhpolding. Acht Jahre später sagte Müssiggang im Rückblick: »Es war einfach ein Angebot von unserer Seite, sie einmal in den Weltcup hineinschmecken zu lassen.« Ein Angebot, das wohl viele in ihrer Situation angenommen hätten. Vermutlich würde es viele Eltern geben, die begeistert davon wären und stolz, ihr 16-Jähriges Kind schon im Kräftemessen mit den Weltbesten zu sehen. Und dann auch noch in Ruhpolding, der Hochburg des Biathlon, vor 20.000 im Stadion und Millionen am Fernsehbildschirm.

Auch im »Garmisch-Partenkirchener Tagblatt« hatten sie im Lokalsport bereits den Start der »Biathletin vom Skiclub Wallgau« kurz vermeldet und für den Tag darauf einen großen Vorbericht zum Welt-cup-Debüt angekündigt. Der Bericht kam auch. Allerdings stand darin, dass Neuner nicht startet.

Die Eltern Paul und Margit Neuner hatten das Angebot von Uwe Müssiggang nämlich abgelehnt. »Wir sind darauf bedacht, dass Magdalena behutsam aufgebaut wird«, sagte der Vater, »das war eine schöne Geste und gut gemeint, aber wir können das so nicht tragen.« Auch Helmut Heinrich, der Nachwuchsbeauftragte des Werdenfelser Skigaus, meinte, so etwas käme viel zu früh.

Heinrich kennt die Magdalena, seit sie acht war, und er sagte: »Wenn man so mit ihr umgeht, dann ist sie in zehn Jahren verhunzt.« Ihm war längst klar, dass es kein größeres Talent im ganzen Land gebe, aber genau darum müsse man sich einfach noch Zeit lassen mit einem Einsatz. »In so einem Alter kann man das noch nicht verarbeiten«, meinte er, er wolle später schließlich nicht sagen, er habe nur ein Sternchen ausgebildet, vielmehr solle die Magdalena ein Stern werden. Kein Komet, der frühzeitig verglüht.

»Sportlich hätte sie sicher mithalten können«, sagt Bernhard Kröll, »aber es war genau richtig, sich dagegen zu entscheiden.« Auch wenn es der Magdalena selbst natürlich schon schwer fiel, wie sie damals gestand. »Anfangs habe ich schon gedacht, es wäre cool, Weltcup zu laufen, letztendlich hat aber die Vernunft gesiegt.« Stattdessen lief sie zeitgleich zu Ruhpolding eben im französischen Meribel, feierte da wieder zwei Siege, Verfolgung und Staffel, wurde Zweite im Sprint.

In Frankreich durfte sie dann auch gleich bleiben, mit den Erfolgen im Europacup hatte sie sich für die Junioren-Weltmeisterschaft in Haute Morienne qualifiziert. Im Sprint gewann sie Gold, und das als jüngste der 57 Teilnehmerinnen, 40 Sekunden hatte sie Vorsprung auf ihre Teamgefährtin Kathrin Hitzer. In der Verfolgung holte sie Silber, was an drei Fehlern im Stehendschießen lag, zum Abschluss holte sie mit der Staffel noch ihr zweites Gold, da blieb sie ohne Strafrunde, der dritte Nachlader saß dann, und Neuner musste hinterher eingestehen: »Ich habe gezittert wie die Sau.« Bevor es heim ging, sagte Neuner noch: »Ich bin noch ganz durcheinander, ich habe mehr erreicht als ich mir eigentlich vorgenommen hatte.« Aber das sollte sie noch oft sagen in ihrer späteren Laufbahn, es war ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte, auch für die Eltern daheim in Wallgau.

Dort war das Telefon nach den Erfolgen in Frankreich nicht mehr stillgestanden und Vater Paul sagte: »Das nimmt ja gar kein Ende mehr.« Nein, warum auch, jetzt sollte es erst richtig los gehen.

Zurück in der Heimat gab es einen großen Empfang, und auch das war nicht der letzte. Hunderte Wallgauer kamen, es gab Ansprachen von Georg Jennewein, dem Bürgermeister, und von Sepp Feuerecker, dem Skiclub-Vorstand und es gab einen Eintrag ins Goldene Buch des Orts.

Danke Lena

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