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3. Den selben Tag, 08.00

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Der Schnitter kam aus dem Staatsgut auf dem Mofa an. Mit seinem Gerät über der Schulter, die Schneide in Plastik eingewickelt, kam er dem Korporal wie ein motorisierter Sensenmann vor. Er konnte um die Vierzig sein, beinahe zwei Meter groß, das mit einem Anker geschmückte T-Shirt war von Bizepsmuskeln aufgebauscht. Wer soll an der Grenze so ein Kraftpaket bewachen? Falls er Nahkampf kann, nicht einmal ich!

«Bei der Marine gearbeitet?» klopfte er ihn ab.

«Nää», verzog der Riese die Miene, «beim Zirkus.»

«Als was?»

«Als etwas Ähnliches wie Sie: Scharfschütze.»

Er wollte ihn wohl verarschen.

«Aha... und das gefiel Ihnen weniger als auf dem Staatsgut?»

«Gefiel oder nicht», erwiderte der entlaufene Zirkusmann, «es brachte keine Mäuse. Man wird da bezahlt wie in einem Kinderhort, so hab’ ich drauf geschissen. Hierher wird man angeworben wie in die Fußballiga, sogar Trennungsgeld gibt’s. Blöd, wer nicht zupackt.»

«Nicht einmal...» der Korporal hielt inne, dann sprach er doch weiter, «durchleuchtet wird man vorher?»

Der Mann hat ihn aus der Höhe spöttisch angeschaut.

«Warum denn? Möchte ich über den Fluß auf und davon, sind doch Sie da, nää?»

«Folgen Sie mir!» befahl der Korporal barsch, «ich führe die Belehrung durch!»

Er brachte ihn zum Pappmachémodell des Grenzabschnitts. Die Wiese unterhalb des Felsens lag in der Mitte. Ziemlich oft unter Wasser, blieb sie noch lange durchnäßt, Heu von dort war säuerlich, man hat es immer nur einmal gewendet, damit es ein bißchen trockne, und dann, halbverfault, verbrannt. Die Aktion fand ausschließlich aus Sicherheitsgründen statt: Im wuchernden Gras könnte sich eine ganze Rotte Grenzverletzer verstecken. Früher mähten die Soldaten selbst, bis die Abwehrfritzen von der Division zu meckern anfingen, darunter würde die Qualität der Grenzüberwachung leiden. Und jetzt schicken sie uns also Typen, die man erst recht bewachen muß!

«Die Wiese ist lang, doch nicht allzu breit. Wenn Sie früher gekommen wären, hätten Sie damit bis Mittag fertig sein können.»

«Arbeit hat keine Beine», kicherte der Typ, «sie läuft nicht davon.»

«Meine Freizeit aber durchaus. Ich sollte heute Ausgang kriegen.»

«Na, und? Ich mähe doch allein!»

«Sie haben anscheinend vergessen...» er zeigte auf den Alustreifen, der auf dem Relief den Fluß darstellte, «daß es hier eine Grenze gibt.»

«Die stehle ich doch nicht.»

«Es ist meine Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß Sie während der Arbeit nie die gedachte Linie zwischen mir und dem anderen Soldaten, der mitgehen wird, übertreten dürfen!»

«Eine kleine Arbeitsbrigade also? Einer mäht, und zwei andere schießen auf ihn?»

Den Korporal machte das Gewäsch schon sauer; der Mann hat ihn dazu gebracht, daß er jetzt schon wie ein Politoffizier daherredet.

«Wir tun hier auch unsere Arbeit. Nur daß sie eben keinen Kies bringt.»

«Erzählen Sie mir nicht, man kriegt hier keine Abschußprämien! Wieviel ist damals bei der doofen Nuß herausgesprungen, die ihr so mit Blei vollgepumpt habt?»

Er war nicht weit von der Wahrheit weg, darum stand es dem Korporal schon bis zum Hals.

«Würden Sie die Kurve kratzen, werde ich gezielt und ohne Warnung schießen, die haben Sie gerade bekommen. Unterschreiben Sie hier die durchgeführte Belehrung!»

Nachdem sich der Herkules mit einem Kopierstift in einer Kladde eingetragen hatte, verzog er sein Gesicht besonders bedeutungsvoll. Dir, du slowakischer Saukopf, meinte ihn der Korporal verstanden zu haben, dir haue ich noch ab, wann ich will, sogar mit deiner Knarre, schlimmstenfalls ziehe ich dir eins mit der Sense über! Sein Magen revoltierte jetzt gewaltig, als meldete er: Dieser Mann, der ist es! Der wird’s tun!

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