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Joe Woods Pferd wurde langsamer. Er hatte es zu sehr angetrieben, und es lag ein längst zu weit gewordener Gesamtweg hinter dem strauchelnden Tier.

Der junge Mann trieb es nicht mehr an. Im dunklen Hohlweg hielt er Ausschau nach einer Spalte oder einer Höhle, die ihm als Versteck dienen konnte.

Das aus der Tiefe der Berge heraufschallende Raunen verriet ihm, wie nahe sich die Verfolger bereits befanden.

Raoul Tyman fiel ihm ein, vor dem er aus dem kleinen Nest Howard Junction floh. Eigentlich war er gar nicht geflohen, sondern vielmehr nur ein Stück weggeritten. Bis zu einem sicheren Versteck. Bis zu einer Falle, in die er den Schurken locken wollte. Aber Tyman war ein gerissener Fuchs, der den Braten gerochen hatte und umkehrte.

Diesmal wollte Joe Wood keine Falle aufbauen. Er wollte nur noch verschwinden. Einfach fliehen. Entrinnen. Irgendwo weit weg ein neues Leben unter einem anderen Namen anfangen. Und vielleicht irgendwann das alles vergessen, was mit dem Treck nach Westen und dem Tod seiner Eltern zusammenhing.

Da tauchte eine Höhle auf. Joe stieg sofort ab. Entweder er hatte Glück oder sie fanden ihn. Er würde sehen, ob das Schicksal so völlig ungnädig mit ihm umspringen wollte.

Tiefe Finsternis beherrschte die Höhle. Joe spürte einen kräftigen Luftzug, der ihm schon nach wenigen Schritten entgegensprang. Da gab es noch einen anderen Ausgang, wie es schien. Aber er sah keinen Mondschein, keinen noch so schwachen Schimmer, der einen Ausgang verraten hätte.

Stattdessen lief er gegen eine bizarr zerrissene Wand und das schwankende Pferd gegen ihn.

Der Luftzug blies von links um die Kante. Und dort sah Wood den hellen Fleck, nach dem er ausschaute. Er zog das Pferd weiter, erreichte den ebenfalls über zwei Yard hohen Ausgang und sah eine an der Steilwand hängende Felsleiste, rund drei Yard breit über dem Abgrund.

Das Pferd scheute vor der schwarzen Tiefe, die nicht erkennen ließ, wie weit unten die Schlucht endlich zu Ende war.

Er zog es ein Stück an der Wand entlang, bis es sich an den gefährlichen Weg gewöhnt hatte, dann stieg er auf. Langsam setzte sich der Braune wieder in Bewegung. Solange Joe ihn langsam gehen ließ, schwankte das Tier nicht und bewegte sich sicher genug auf der Felsleiste abwärts. Er musste es dabei belassen, schaute zurück und hoffte wieder, dass sie vorbeireiten würden und ihn hier nicht sahen.

Denn wenn sie kamen und er trieb das Pferd an, dann würde es vielleicht in den Abgrund stürzen und ihn mit in den Tod nehmen.

In den Tod oder mit den anderen in eine Kaserne. Eins erschien Joe Wood so schrecklich wie das andere. Denn er hatte darüber nachgedacht, hatte versucht, sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn sie ihn in eine Uniform zwängten und zu den schwarzen Soldaten in Texas sperrten. In einen großen Kreis unterschiedlichster Charaktere, denen Offiziere vorstanden, die sicher keine Freunde in ihren Untergebenen sähen.

Aber es war nicht nur das. Joe hasste Zwang, Drill und Unterordnen generell. Er war auf der Farm in Nebraska relativ frei aufgewachsen und hatte bei Vater und Mutter über sein Treiben nie Rechenschaft ablegen müssen, weil sie mit der Arbeit, die er leistete, vollauf zufrieden gewesen waren.

Er schaute erneut zurück. Sie kamen immer noch nicht. Aber sie waren vielleicht doch weiter hinter ihm gewesen, als er glaubte und hatten die Höhle noch gar nicht erreicht.

Die Felswand beschrieb einen sanften Bogen nach Westen. Als Joe erneut hinter sich schaute, sah er die Höhle schon nicht mehr.

Nun war er wieder darauf angewiesen, von Zeit zu Zeit den abgehetzten Braunen zu zügeln und hinter sich zu lauschen.

Es blieb still hinter ihm. Sein Herz schlug schneller. Schließlich frohlockte er und rief: »Vorbeigeritten, Sie sind vorbeigeritten!

Das Pferd erholte sich langsam, der Weg wurde breiter und die Schlucht in der Tiefe ließ sich erkennen; sie lag nur noch zwanzig Yard unter dem Reiter.

Joe Wood erreichte das Ende des halsbrecherischen Pfads und folgte der Schlucht. Dabei schlug er die Richtung nach Westen ein, die nicht zurück in das große Bergtal führen würde, wie er hoffte.

Die Zeit verstrich. Der Canyon, das konnte Joe am Stand des Mondes erkennen, änderte seine Richtung trotz der kleinen Biegungen nur unwesentlich.

Joe würde das Tal nicht mehr sehen. Und niemand konnte seinen Spuren folgen, weil es im Canyon und auf der Felsleiste, wahrscheinlich nicht einmal in der Höhle durch den Berg welche gab Er war für immer verschwunden.

Er dachte noch an Chet, an Rizzos und an Tanja, die ihm geholfen hatten, die sich für ihn einsetzten und am Ende trotzdem erfolglos geblieben waren. Es waren die ersten Menschen außerhalb seiner kleinen Familie, die wie Freunde handelten und ihm uneigennützig helfen wollten.

Der Gedanke an sie ließ ihn den Braunen zügeln und noch einmal zurückschauen. Da hinten irgendwo hinter den zerrissenen Felsen lag das Tal, in dem sie jetzt sicher weilten.

Aber dann schüttelte er den Kopf. Es war zu gefährlich, sie noch einmal sehen, ihnen für die Hilfe danken zu wollen. Gefährlich war es nicht nur für ihn, sondern vielleicht auch für sie. Dass vielleicht alles anders hätte kommen können, wenn er, Wood, mit Tyman und Lacon nach Colorado Springs geritten und auch Chet McCoy dort angekommen wäre, darüber dachte Joe nicht nach. Dass ihm der Vormann so hätte helfen können, konnte er sich auch nicht vorstellen. Dafür war sein Misstrauen gegenüber den Behörden und allen fremden Menschen entschieden zu groß.

Noch einmal hielt er an, lauschte und schaute über die Schulter. Und als es immer noch still blieb, ritt er weiter und tauchte in der tiefen Schwärze der Nacht unter. Der Hufschlag seines Pferdes weckte ein leises Echo in den Scharten und Rissen der Felswände, wurde leiser und leiser und verklang. Joe Wood ritt der fremden Ferne im Westen entgegen. Dahin, wohin sein Vater bereits wollte, weil sie seine schwarze Frau in Nebraska nicht tolerieren mochten.

Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane

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