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»Wie spät mag es sein?«, fragte Tanja mit schläfriger Stimme.

Chet McCoy saß in der Dunkelheit im Stationshaus auf einem Stuhl, zog die Beine an und rieb sich über das Gesicht. Er schien geschlafen zu haben, war aber sofort munter geworden, als Tanja sprach.

»Hört mir niemand zu?«

Chet stand auf. »Ich weiß nicht, wie spät es ist.«

»Wird sicher bald hell.« Rizzos tauchte an der Küchentür auf. »Tyman ist entweder zu Fuß abgehauen, oder er schläft da drüben.«

»Oder er wartet«, schränkte Chet ein. »So wie wir.«

Geier krächzten über der Station. Der Tote im Hof musste sie angelockt haben. Aber die Menschen in der Nähe hielten sie davon ab, sich auf die Beute zu stürzen.

Chet näherte sich einem Fenster und spähte zum Schuppen mit dem offenstehenden Tor hinüber. Er war überzeugt, dass Tyman noch da war, dass er da lauerte und auf die Soldaten wartete. Denn je länger er darüber nachdachte, umso sicherer wurde er, dass dem Rekrutenfänger gar nichts passieren würde. Hull in die Hölle geschickt zu haben, konnte nach Lage der Dinge wirklich nicht strafbar sein, und Absicht war es obendrein keine gewesen. Und dann war da schließlich noch die Sache mit Joe Wood, für den Tyman seine Prämie kassieren wollte. Dass er Tanja und die Cowboys unter Beschuss nahm, würde er sicher Hull in die Schuhe schieben, indem er behauptete, der habe geschossen.

Chet lauschte. Irgend etwas hatte sich verändert. Er trat zurück und griff zum Colt.

»Was ist?«, fragte Rizzos. »Siehst du ihn?«

»Nein, aber es ist etwas anders als eben noch.«

»Was denn?«

Chet lauschte wieder. »Ich weiß es nicht. – Doch! Die Geier sind weg!«

Rizzos lauschte. »Ja, du hast recht.«

»Was bedeutet das?«, fragte Tanja.

»Entweder Tyman hat den Schuppen verlassen, oder es muss noch jemand in der Nähe sein, der sie verscheuchte.«

»Die Soldaten, nicht wahr?« Tanja kam zu Chet und griff nach seinem Arm, als müsste sie nach einem Halt suchen. »Die Soldaten mit Joe!«

Chet dachte das gleiche. Aber sie warteten vergebens darauf, Hufschlag zu hören.

»Die wollen sich doch nicht etwa anschleichen?«, stieß Rizzos schließlich hervor.

»Harris?«, fragte Chet ungläubig zurück. »Das würde gar nicht zu ihm passen.«

»Eben, das meine ich doch.« Rizzos drehte nervös die Trommel des Revolvers.

Tanja zuckte zusammen und stieß einen leisen Schrei aus. Chet sah es im gleichen Augenblick auch. Undeutlich zu erkennen und doch vorhanden, hielten zwei Reiter neben der Remise. Sie mussten sich sehr langsam genähert haben.

»Zwei«, flüsterte Tanja. »Rizzos, neben der Remise!«

»Ja, ich sehe sie. Aber das kann weder Joe Wood sein, noch handelt es sich um die Soldaten.«

»Wer dann?«

»Das wissen wir auch nicht.« Chet befreite seinen Arm aus dem Griff des Mädchens. Er ging zur Tür und beobachtete die Reiter und den Schuppen.

Die beiden glitten von den Pferden und waren nicht mehr zu erkennen. Nur die Pferde sah der Vormann noch. Sie schlichen offenbar um die Remise. Dann schnaubten die Pferde im Corral.

»Sie sind hinter dem Zaun!«, flüsterte Tanja aufgeregt. »Was soll denn das nur heißen?«

»Sie wollen sich unbemerkt nähern und wissen nicht, dass wir sie bereits gesehen haben«, entgegnete Chet.

»Vielleicht durch den Schuppen!« Rizzos lachte leise auf. »Dort erschrecken sie Tyman. Was wird der wohl denken, wenn plötzlich jemand von hinten eindringt.«

»Der denkt, ihr seid es«, sagte das Mädchen. »Und ballert wild drauflos! Das ist wirklich urkomisch, Chet, findest du nicht auch?«

»Doch, Tanja.«

Minuten reihten sich aneinander. Tiefe Stille lag über der Station. »Aber sie müssen doch den Toten gesehen haben«, sagte Tanja schließlich.

»Vielleicht schleichen sie gerade deswegen wie die Katzen um den heißen Brei herum«, erwiderte Rizzos.

Die Pferde standen noch bei der Remise.

Plötzlich wurde es laut. Im Schuppen stürzte etwas mit Gepolter um. Ein Fass schien durch das Dunkel zu rollen. Ein entsetzter Schrei, dann Schüsse.

»Na, so kommt es doch auch!«

Die Mündungslichter flammten gespenstisch durch den Schuppen. Tyman war mehrmals undeutlich zu erkennen. Er stolperte rückwärts aus dem Gebäude, feuerte noch, wurde offenbar selbst getroffen und kam bis zu dem toten Postagenten, bevor er zusammensank.

Die Banditen tauchten auf und schauten herüber.

»So sahen die Kerle aus, die uns überfielen«, sagte Rizzos. »Nur waren das ein paar mehr.«

Chet trat an die Tür. »Wer sind Sie, und was wollen Sie?«

Die beiden hielten sich nicht bei Erklärungen auf, sondern schossen aus den Colts.

Chet stand mit einem Schritt in der Deckung der Wand und hörte die Kugeln ratschend in die Bretter schlagen und durch Tür und Fenster pfeifen.

Rizzos schoss zurück.

»Bide, das wird nichts!«, brüllte der Schwarzbart. »Das sind mehr als wir dachten.«

Der Vormann schoss ebenfalls.

Die beiden gaben das Feuer zurück und wollten zur Remise, sicher, um sich auf die Pferde zu schwingen und die Flucht zu ergreifen.

Aber Schwarzbart Jace schaffte es nicht.

Chet rannte hinaus und dem fliehenden Bandenführer nach. »Halt!«

Bide Wilder wandte sich im Laufen um und schoss.

Die Pferde rasten durch den Corral, die Banditentiere flohen. In der Remise gackerten die Hühner, und die Ziegen meldeten sich auch augenblicklich wieder.

Wilder konnte sein Pferd noch einholen. Aber der Sprung in den Sattel misslang ihm. Er schaffte es nur bis auf die Hinterhand des Pferdes und wurde wieder abgeworfen. Dabei kam er mit Schulter und Kopf zuerst auf, rollte noch ein Stück weiter und blieb liegen.

Das Pferd galoppierte in die Nacht hinaus.

Chet lud seinen Revolver und ging weiter. Als er sich über den reglosen Bandenführer beugte, kamen Rizzos und das Saloonmädchen angerannt.

»Aus.« Chet trat zurück.

»Bide Wilder«, murmelte das Mädchen. »Was hat das nur alles zu bedeuten.«

Chet hörte etwas und wandte sich um.

Hufschlag dröhnte über die Station, auf der sich das Schicksal all derer erfüllt hatte, die auf leichte Art viel zu gewinnen erhofft hatten. Sie hatten zu viel riskiert und verspielt.

Die Soldaten tauchten in lang ausgezogener Kette auf, allen voran der schlanke Lieutenant Harris, der sein Pferd im Hof scharf zügelte und aus dem Sattel sprang.

Sie gingen ihm entgegen und erreichten den Offizier, als die letzten der Eskadron die Pferde zügelten. Sie waren doch schneller gewesen, als die Banditen erwarteten, aber das spielte für sie längst keine Rolle mehr.

Harris blickte aus zusammengekniffenen Augen auf die Toten, und Rizzos erzählte der Wahrheit gemäß, was sich während der Nacht zutrug.

»Anstatt Joe Wood trafen wir die Banditen in den Bergen«, erklärte der Sergeant, der gar nicht sehr unzufrieden aussah. »Und drei haben wir erschossen.«

»Dann dachten die beiden letzten vielleicht, das hätten sie irgendwie Hull zu verdanken.«

»Möglich«, gab der Offizier zu. »Ja, diesen Joe Wood haben wir nicht gefunden. Aber das wird ihn wohl kaum davor bewahren, gesucht zu werden. Schließlich hat er den Vertrag unterschrieben.«

Chet bückte sich über den toten Tyman. Die beiden Banditen hatten ihn mit mindestens fünf Kugeln getroffen. Seine Jacke war völlig zerfetzt und blutbesudelt, die Brust darunter sah bestimmt nicht besser aus.

Chet griff dem Toten unter die Jacke und zog etwas Feuchtes aus der Innentasche Als er sich damit aufrichtete, wusste er, dass es der von Joe Wood unterschriebene Vertrag war. Aber den hatten die Kugeln so wenig wie das Blut verschont. Es war ein zerrissener. roter Zettel, auf dem sich außer Blut nichts mehr erkennen ließ

»Meinen Sie das hier, Mister Harris?«, fragte der Vormann.

Der Lieutenant griff nicht nach dem feuchten Papier. Aber sein Sergeant nahm es. Als er den Bogen entfalten wollte, zerriss er, weil das durchgegangene Blut teilweise schon trocknete.

»Das wird schwerlich jemand als Vertrag anerkennen, Sir. Ich kann absolut nichts entziffern.

»Ich wüsste auch niemanden, der der Armee einen Vertrag verkaufen wollte«, wandte Chet ein.

»Und selbst wenn, es gibt keinen mehr.« Rizzos wandte sich ab.

Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane

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