Читать книгу Meine 13 hinterhältigsten Morde: Krimi Paket - Pete Hackett - Страница 36
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Оглавление17.5 Uhr. Die zweisitzige Düsenmaschine stand mit heulendem Aggregat auf der Startbahn. Der Baron stand noch etwas abseits, aber bereits mit umgeschnalltem Fallschirm und Druckanzug. Nur den Helm hatte er noch nicht auf.
Vor ihm stand Captain Littleford und ein sehniger Mann mittleren Alters. „Also sie kann gar nicht mehr aus den Netz! Der Taxifahrer hat von A bis Z alles erzählt, als sie ihn ein paar hundert Yards vom Flughafen gestoppt haben. Meine Leute in Crossville haben nicht gepennt.“ Captain Littleford zündete sich hastig eine Zigarette an und fuhr fort: „Sie hat den Koffer mit. Den Wagen haben wir auch. Sie hat ihn stehen gelassen. Und nun kommen Sie dran, Rush!“
Der Mann im dunklen Anzug nickte. „Die Nummer in Atlanta gehört zwar einer Kneipe, aber das wissen Sie ja schon. Wichtig ist, dass die Kneipe den Anschluss nicht benutzt. Der Apparat steht in einem Zimmer im Hintergebäude. Sie haben die Adresse?“
Alexander nickte. „Klappt in Atlanta alles? Ist das FBI verständigt? Ich kann nicht erst darauf warten, dass die dortigen Behörden von Georgia ihre Zustimmung erteilen. Ist Borrlin im Bilde?“
„Ist er, Alexander. Es ist alles klar. Wollen Sie es wirklich alleine machen?“
Alexander nickte. „Das muss ich. Zu viele Leute stöbern mir das Wild auf.“
„Hoffentlich ist die Bombe entschärft.“ Rush kratzte sich am Hinterkopf. „Ich habe da meine Bedenken. Was ich draußen in Marleys Haus erlebt habe, lässt darauf schließen, dass Gerringbough der Spezialist der Agentengruppe gewesen ist. Das Mädchen kann nur Jenny Jackson sein, die einmal als Revuegirl und Callgirl gearbeitet hat. Ich habe genug Bilder von ihr gefunden.“
„Okay. Das muss man immer wissen. Aber etwas Varieté kann ich ihr auch bieten. Es muss nicht gerade ein Spitzbart sein.“
Alexander lachte. „Also, packen wir‘s!“
Er verabschiedete sich und kletterte in die Maschine. Ein Helfer stülpte den Helm über. Dann schnallte er sich an.
Die Kanzel wurde geschlossen. Es ging los.
Das Flugfeld von Nashville lag Sekunden später schon weit hinter ihnen. Mit schrillem Pfeifen jagte die Maschine ostwärts, ging auf große Höhe und zog dann mit Südastkurs nach Atlanta ab.
Ein Flug, der mit einer normalen Maschine eine Stunde gedauert hätte. Die Sabre brauchte nur fünfzehn Minuten, dann ging sie schon wieder unter die Wolkendecke und stieß zum Landen herab.
Der Flugplatz lag im Süden von Atlanta, nahe Hapeville. Unten sah Alexander kurz das Zentrum der Stadt, das Capitol, dann landete die Sabre schon auf dem Municipal Airport von Atlanta in Georgia.
In diesen Minuten musste die flugplanmäßige Douglas aus Crossville noch über dem Flugfeld kreisen, weil ihr noch keine Landeerlaubnis erteilt werden konnte. Erst als Alexander die Sabre verlassen hatte und der Düsenjäger von der Landepiste herunter war, durfte die Douglas zur Landung einschwenken.
Als das Fahrwerk der Douglas den Beton der Piste berührte, stand Alexander schon in der Toilette des Flughafenrestaurants. um sich eine kleine Gesichtsveränderung zuzulegen. Kein Bart, keine angeklebten Koteletten. Er zog sich nur ein paar Falten, entfernte das Pflaster an der Schläfe und setzte sich eine Brille auf. Das war die ganze Prozedur.
Er kam gerade zurecht, als die Passagiere der DC zur Sperre kamen. Gegenüber der Sperre lehnte ein breitschultriger, hochgewachsener Mann von etwa vierzig Jahren. Er war lässig gekleidet, kaute an einer kalten Zigarre und blickte gelangweilt zu Alexander herüber.
Das war Borrlin. Er ist also da, dachte Alexander zufrieden. Kaum merklich nickten sie sich zu. Borrlin hatte ihn erst erkannt, als Alexander mit dem linken Daumen unter die Krawatte fasste und gleichzeitig die Rechte in die Hüfte stützte. Das war ihr Zeichen.
Borrlin blickte jetzt zu einer bildhübschen Blondine, die sich mit einem Koffer abschleppte. Ein kurzer Blick zu Alexander.
Alexander nickte wieder, kaum dass man es bemerkte. Borrlin hatte es gesehen. Er ging auf die Blonde zu. Was er sagte, konnte Alexander nicht verstehen, dazu plärrte der Lautsprecher zu laut, der neue Verbindungen durchgab.
Aber die Blonde wehrte Borrlin ab, das sah Alexander. Sie wollte ihren Koffer selbst schleppen.
Alexander überlegte, ob er nicht doch zuschnappen sollte. Jetzt, nicht erst nachher. Aber dann wäre sicher der ganze Klub gewarnt. Er musste sie alle haben, alle.
Sein Gefühl warnte ihn. Er war versucht, auf dieses Gefühl zu hören. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
Aber er wusste von der Beobachtung durch die Detektive in Crossville, dass Jenny vor ihrem Abflug telefoniert hatte. Man würde sie jetzt schon von Seiten ihrer Kumpane aus erwarten, würde sehen, wenn sie festgenommen würde. Nein, es musste riskiert werden. Er musste sie durchlassen. Es konnte nicht bei halber Arbeit bleiben.
Es stimmte, was Alexander vermutet hatte. Er sah, wie die Blonde mit schnellen Schritten weiterging.
Zwei junge Männer kamen auf sie zu. Diesmal wehrte sie nicht ab, sondern gab dem einen den Koffer, nickte beiden freundlich zu, und Alexander hörte, wie sie lachend sagte: „Manchmal dauert es länger. Ich bin froh, endlich hier zu sein.“
Alexander sah sich die beiden Männer an. Beide nicht weit über Zwanzig. Man konnte sie für Studenten halten.
Borrlin war verschwunden, doch Alexander machte sich wenig Sorgen um ihn. Jeder kannte seine Aufgabe, seine Arbeit, und Borrlin wusste, was er jetzt zu tun hatte. Alles andere überließ er dem Baron. Da brauchte gar nicht viel besprochen zu werden. Das war alles schon Hunderte von Malen praktiziert worden.
Die Polizei von Atlanta war nicht verständigt worden. Nur das örtliche FBI-Büro war im Bilde. Das war kein Misstrauen Alexanders gegenüber der staatlichen Polizei. Er hatte nur keine Zeit mehr, die üblichen Formalitäten für solche Fälle abzuwarten. Und ohne Formalitäten ging es in einem anderen Bundesland nicht. Georgia war nicht Tennessee.
Draußen strahlte die abendliche Sonne. Auf der breiten 17 Bundesstraße 41/49, die am Flughafer, vorbeiführte, glitten die Wagen in gedrosselter Fahrt als endlos scheinende Kolonnen. Es war die Zeit, da die großen Betriebe in der Innenstadt Feierabend hatten und die Angestellten zurück zu ihren Wohnungen in den Vorstädten fuhren.
Die blonde Jenny war mit ihren beiden Begleitern zum großen Parkplatz abgeschwenkt. Alexander sah, dass ihr Borrlin folgte. Aber weiter links, dort, wo die beiden Cola-Kioske standen, setzten sich ebenfalls zwei unauffällig gekleidete Männer in Bewegung. Sie machten ihre Sache gut, das sah Alexander, aber er sah auch als alter Hase, dass sie die drei beobachteten.
Borrlin schloss die Tür eines gelben Pontiac auf. Der stand nur ein paar Wagen von dem stratoblauen Nash entfernt, in den Jenny und ihre Begleiter stiegen.
Alexander erkannte nun zwei wesentliche Dinge. Erstens war Borrlin hier nicht unbekannt. Die beiden Schattengestalten drüben hielten ihn im Auge. Es schien kein Zufall zu sein, dass ihr Wagen hinter dem von Borrlin stand. Sie hatten einen nicht mehr neuen Lincoln von schwarzer Farbe. Er war auch an den Chromteilen leicht angerostet. Alexander notierte sich die Nummer. Und als der Nash abfuhr, schrieb er sich dessen Nummer auch auf.
Borrlin fuhr nun auch los, und prompt setzte sieh hinter ihm der Wagen mit den beiden Männern in Bewegung.
Alexander musste an den Witz mit den beiden Pistolenmännern denken, die hintereinander standen und jeder dem Vordermann ein Pistole zwischen die Rippen drückte. Der allerletzte ist auf diesem Witzblatt ein Polizist.
Alexander blickte auf die Uhr. Es war kurz nach halb sechs. Ahnte er, dass die nächsten Stunden erregend dramatisch werden sollten?
Er ging langsam zu den gelben Taxis und stieg in den vorderen Wagen ein. Der hagere Fahrer ließ seine Zeitung auf den Nebensitz sinken.
„In die Stadt!“
„Wo dort?“
„Ich sag‘ es Ihnen nachher. Mal zu!“, brummte Alexander und lehnte sich in den Rücksitz zurück.
Sie fuhren los. Es war schwer, in den flutenden Verkehr zu kommen. Der Lincoln war noch zu sehen, weit vorn in der Kette der Wagen. Vom Pontiac Borrlins und dem Nash keine Spur. Sie schienen weit voraus zu fahren.
Alexander holte einen Zehndollarschein aus der Tasche. „Etwas mehr Gas würde mir nützen!“, sagte er und gab den Schein nach vorn.
„Ich habe ein Auto, kein Känguru, Sir. Aber an mir soll‘s nicht liegen. Hier sind dreißig Meilen vorgeschrieben. Zahlen Sie das Mandat?“
„Ich will tun, was ich kann. Ich interessiere mich für den schwarzen Lincoln dort vorne. Hinter dem würde ich liebend gerne fahren.“
Der Fahrer nickte. Und sein Wettergesicht verzog sich, als er zum ersten Überholmanöver ansetzte. Es klappte.
„Also doch ein Känguru“, meinte Alexander.
„Sind Sie ein Detektiv, dass Sie hinter dem fahren wollen?“
„Nein, aber der da vorn weiß, wohin ich will. Ich bin hier fremd. Okay?“
„Und wenn wir den verlieren?“
„Vermeiden Sie‘s.“ Alexander sah plötzlich den Nash wieder, der gerade einen Lastwagen überholte. Und kurz danach erkannte er den Pontiac von Borrlin. In diesem Augenblick scherte der Lincoln aus und raste an zwei Fahrzeugen vorbei. Jetzt musste er neben dem Pontiac von Borrlin sein. Und da passierte es. Obgleich der Gegenverkehr noch weit war, zog der Lincoln nach rechts, streifte den Pontiac, zog wieder nach links und stoppte scharf.
Borrlin hatte den Pontiac scharf nach rechts gerissen, es konnte auch nicht viel passiert sein, doch es war ein Unfall. Und alles war verstopft.
„Fahren Sie auf den Fußweg und daran vorbei! Tun Sie‘s!“, sagte Alexander.
„Verdammt, also doch ein Detektiv. Okay, ich versuche es.“ Der Taxifahrer fuhr geschickt auf den Seitenstreifen und kam an den karambolierten Wagen vorbei, bevor sich dort Menschen angesammelt hatten, die den Weg versperrten.
Im Vorbeifahren erkannte ihn Borrlin. Alexander nickte nur. Borrlin schien etwas erleichtert zu sein. Die beiden Schattenmänner waren ausgestiegen und betrachteten mit harmlosen Gesichtern ihren Schaden.
Der Nash hatte weiten Vorsprung. Aber als er rechts in den neuen „Expressway“ zur City einbog, sah ihn Alexander und gab dem Fahrer entsprechende Anweisung.
„Sie, ich habe ein Taxi, keinen Formel-Rennwagen. Verfolgungsfahrten sehe ich mir lieber im Fernsehen an.“ Er machte ein unmutiges Gesicht und zögerte, seinem Wagen ein paar Meilen mehr aus dem Motor zu kitzeln.
„Freund, ich kenne einen in New York, der hat für mich seine alte Mühle zum Schrotthaufen gemacht. Er hat‘s nicht bereut. Heute hat er einen neuen Kahn dort stehen. Übrigens könnten Sie Ihrem Dispatcher mal den Unfall durchsagen, vielleicht gibt er‘s der Polizei weiter!“
Während sie mit hoher Geschwindigkeit auf der sechsspurigen Autobahn dahinjagten, gab der Fahrer seiner Zentrale einen kurzen Bericht von dem Unfall.
Der Nash war jetzt noch weiter voraus. Weit in der Ferne sah ihn Alexander auf der mittleren Fahrbahn ab und zu auftauchen.
„Ein Auto müsste man haben“, spottete Alexander. „Treten Sie diese Arche Noah etwa mit Pedalen, oder?“
„An der Baustelle haben wir ihn wieder. Regen Sie sich nicht auf. Baustellen sind sonst schlimme Dinge, aber für uns ist es gut. Und wenn Sie weiter meine Kiste schlechtmachen, fahre ich zwanzig.“
„Okay, Sir, ich weiß ja, dass Sie die ganze Zeit im ersten Gang gefahren sind. Solche Renner wie dieser hier schaffen ja mindestens das Zehnfache. Tut mir leid, dass ich es nicht eher bemerkt habe.“
Der Fahrer lachte. „Schon gut, aber von der Stadtkutscherei sind die Schlitten alle so lahm wie eine Ente. Der Nash ist sowieso schnell.“
Dann kam die ersehnte Baustelle mit Rotlicht, und richtig, da hielt vorn auch der Nash. Zwischen ihm und dem Taxi standen fast zwanzig andere Wagen. Alexander brauchte dem Fahrer nichts zu sagen. Der fuhr langsam an den wartenden Wagen vorbei, bis er zwei Fahrzeuge hinter dem Nash eine winzige Lücke fand, in die er schräg einfuhr.
Der Fahrer des dahinter haltenden Wagens hupte empört. Und weil es noch etwas dauern konnte, bis grünes Licht kam, stieg Alexander aus, ging zu dem wütenden Manne zurück und sagte freundlich: „Ich weiß, dass wir unhöflich sind, Sir, aber wir müssen uns nach einem unserer Vordermänner orientieren, der kennt den Weg und ich nicht. Sie bekommen für Ihren Verzicht einen Pluspunkt für Menschlichkeit. Danke, Sir!“
Bevor der Verdutzte zu einer Antwort kam, war Alexander wieder vorn im Taxi. Als er sich umdrehte und dem dicken Manne hinten freundlich zuwinkte, grüßte der lachend zurück.
„Man soll sich keine Feinde im Leben machen, wenn man nicht muss. Na bitte, und schon haben wir grünes Licht.“ Alexander blickte etwas besorgt auf seine Uhr. Wenn die Bombe noch nicht entschärft war, wurde es langsam spannend. Na, abwarten, dachte er.
Der Nash hielt nach kurzer Fahrt rechts an. Einer der beiden jungen Burschen stieg aus – mit dem Koffer.
„Was nun?“, fragte der Fahrer, der indessen längst gemerkt hatte, wem Alexander folgen wollte.
„Bleiben wir hinter dem Nash. Langsam, dass wir nicht zu nahe herankommen.“
Der Nash fuhr schon wieder weiter. Der junge Mann mit dem Koffer blieb eine Weile am Straßenrand stehen. Als sich Alexander dann nach ihm umsah, ging er mit seinem Koffer über die Straße. Es geschah zu betont, zu auffällig. Alexander nickte zufrieden, da war die Bombe nicht mehr drin, dachte er.
Der Nash fuhr schneller, aber jetzt war die Straße bald zu Ende. Der Verkehr zwängte sich an den Ausfahrten in die Edgewood Avenue.
Hier herrschte absolutes Verkehrschaos. Anhalten, Anfahren, Anhalten. Es ging dem Nash nicht besser als dem Taxi. Nur war indessen ein dritter Wagen zwischen den Nash und die Verfolger geraten.
„Sie fahren wieder stadtauswärts, verstehen Sie das?“, meinte der Fahrer.
„Lassen wir uns überraschen. Wohin kommen wir hier?“
Der Fahrer deutete auf ein großes Schild neben der Straße. „Die Texaco hat hier eine Raffinerie mit Wohnsiedlung und allem Pipapo. Eine kleine Stadt für sich, wächst wie eine Goldgräberstadt aus dem Dreck. Seitdem gibt es hier kaum noch Arbeitslose. Es wäre alles gut und schön, wenn es nicht so stinken würde. Ich wohne ganz in der Nähe.“
„Dann sind Sie heute schnell bei Muttern, was?“ Alexander sah, wie der Nash links ausscherte und schnippte die Mütze ins Genick.
„Das macht mir etwas Sorge. Bleiben Sie hinter ihm. Ist da draußen nichts als die Raffinerie?“ Alexander sah bis jetzt nur Wohnhäuser. Von der Raffinerie keine Spur. Dann fuhren sie an einem Park vorbei, und schließlich passierten sie eine Kaserne. Der Verkehr nahm wieder zu, vor allem der Gegenverkehr.
„Da draußen ist auch ein Supermarkt und ein Freilichtkino, aber sonst …“ Es schien dem Taxifahrer nichts weiter einzufallen. Er zuckte die Schultern und sagte: „Es ist eine friedliche Gegend, wenn Sie das meinen.“
„Vielleicht zu friedlich, was?“ Alexander blickte zurück. Ein tiefgrüner Mercury fuhr schon eine ganze Zeit hinter ihnen. Alexander gefiel das nicht. „Langsamer, lassen Sie den Mercury vorbei.“
Der Taxifahrer bremste. Da schob sich der Mercury vorbei. Alexander sah hinüber und wollte losplatzen. Neben dem Fahrer saß Borrlin. Wie hatte dieser Teufelskerl das nur geschafft?
Borrlin nickte ihm zu, und auch der Fahrer und der Mann im Fond grinsten Alexander zu. Einer der beiden anderen, der hinten, zeigte eine Marke: FBI.
Nun setzte sich Borrlins Wagen auf die Fährte des Nash. Bewusst blieb Alexander mit dem Taxi dahinter, damit es nicht zu sehr auffiel. Er wäre am liebsten zu Borrlin umgestiegen, doch diesen Fehler hätte er vielleicht zehn Jahre zuvor gemacht.
18.02 Uhr. Der Nash hielt an einer Tankstelle. Jenny stieg aus und ging auf die Toilette. Der Fahrer blieb sitzen, während der Tankwart den Wagen auftankte.
Links war der Mercury in eine Einfahrt eingebogen. Alexander sah ihn nicht mehr.
„Ein Stück weiter, dann anhalten. Ich steige aus.“
„Hier?“ Der Fahrer sah ihn verwundert an. „Die fahren doch gleich weiter.“
„Das ist es ja eben. Wie viel?“
Sie hielten etwa fünfzig Schritt hinter der Tankstelle. Ein Zeitungskiosk entzog sie den Blicken des Nashfahrers. Alexander erfuhr die Fahrtkosten und bezahlte. Dann grüßte er und stieg aus. „Fahren Sie aber geradeaus weiter, okay?“
Der Fahrer nickte nur und gab Gas.
Alexander ging langsam zurück. Er blickte sich um. Rechts, der Tankstelle gegenüber, standen Wohnhäuser. Und jetzt sah Alexander auch den Mercury und dessen Insassen. Sie warteten auf die Abfahrt des Nash und standen in einer Garageneinfahrt. Von der Tankstelle aus waren sie nicht zu sehen.
Vor der Tankstelle verließ Jenny die Toilette und ging zum Wagen zurück. Der Fahrer zahlte gerade, und ein junger Bursche lederte die Frontscheibe des Nash.
18.07 Uhr. Ein offener Sportwagen, ein Thunderbird, fuhr vor. Der Fahrer stieg aus, ging zum Tankwart vor und sprach dann mit ihm. Dabei lehnte er sich an den Nash. Vorn lederte der Junge noch immer die Scheibe. Der Fahrer des Nash wartete geduldig. Und das fiel Alexander auf. Auch die dunkle Windschutzbrille des Sportwagenfahrers fiel ihm auf, denn er setzte sie auch jetzt nicht ab. Und als er sah, dass der Sportwagenfahrer plötzlich eine Aktentasche trug, als er zu seinem Wagen zurückging, war Alexander im Bilde.
Und mit einem Male hatte es der Nash eilig und fuhr ab. Der Mercury kam prompt aus der Einfahrt heraus und bog in Fahrtrichtung des Nash ein.
Der Thunderbird wurde betankt. Es fehlte offenbar wenig Benzin, denn schon bald war das Tanken beendet. Zu schnell, fand Alexander. Und als er die freundliche Dankesbezeigung des Tankwarts bemerkte, wusste er, dass es ein größeres Trinkgeld gewesen sein musste. Der Junge wollte wieder die Scheibe putzen, doch der Fahrer mit der großen dunklen Brille winkte energisch ab. Er wollte weg, er hatte es sehr eilig.
Alexander war mit zwei Sprüngen an dem Wagen. „Hallo!“
Der Fahrer stoppte ab. „Was wollen Sie?“, fragte er barsch.
„Können Sie mich bis zur Raffinerie mitnehmen, ich …“
„Keine Zeit, weg da!“, schnauzte der Mann und raste las. Alexander musste mit einem Satz zurückweichen, sonst hätte ihn dieser Kerl noch überfahren.
Wenn ich meinen Wagen jetzt bei mir hätte. Teufel auch, dass man zu Fuß nur noch eine Ameise ist, nicht mehr, dachte Alexander verärgert.
Er notierte sich die Wagennummer und ging zum Tankwart. „Ist hier Telefon?“
Der Mann nickte. „Drüben neben dem Eingang.“
Alexander rief beim FBI an und gab ihnen die Nummer durch. Dann ging er zur Toilette. Ohne sich einen Deut darum zu scheren, betrat er die Damentoilette. Er stellte sich auf die Brille und sah durch das Fenster oben auf ein Gartenstück. Und dann entdeckte er im Spülbecken ein Handtuch. Er zog es mit der Spülbürste heraus.
Er schob das Tuch mit der Bürste auseinander. In großen Lettern stand – geschrieben mit Lippenstift – auf dem Tuch: O.K.
Alexander ließ sich Zeit. Er konnte dem Thunderbird nicht zu Fuß nachlaufen, und auch mit einem Wagen würde er ihn jetzt nicht mehr einholen. Hätte Alexander gewusst, dass noch immer das Uhrwerk der Bombe tickte, er hätte anders gehandelt.
Er ging hinaus, umrundete die Tankstelle und stellte fest, dass man das Toilettenfenster nur von jenem Haus sehen konnte, das dort in den Gartenanlagen stand. Er ging die Straße zurück. Und dann sah er die Einmündung einer Einfahrt. Von hier aus musste der Thunderbird gekommen sein. Dann müsste man ihn in der Tankstelle kennen. Er ging zurück und fragte den Tankwart.
„Der Wagen ist uns nicht bekannt, auch nicht der Fahrer.“ Das war die Auskunft; sie befriedigte Alexander wenig. Aber er musste hier ansetzen.
Wieder ging er zum Haus. Man konnte von der Straße und der Einfahrt her das Toilettenfenster nicht sehen.
Er wollte gerade um das Haus herumgehen, als er den Nash auftauchen sah. Der kam wieder zurück, dahinter, weit dahinter, der Mercury.
Jenny steuerte den Nash. Offenbar war sie allein.