Читать книгу Meine 13 hinterhältigsten Morde: Krimi Paket - Pete Hackett - Страница 41
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ОглавлениеAlexander hatte nur zwei Helfer. Borrlin und einen Agenten vom FBI. Polizisten konnte die Stadt nicht mehr entbehren. Die wurden alle bei der Räumung benötigt. Und so fuhren Alexander, Borrlin, der FBI-Agent Hill und Jenny im Mercury zu jenem Oakland Cemetery, dem größten Friedhof von Atlanta.
Sie hatten es nicht einfach, weil sie nicht wussten, wie viele Gegner sie antreffen würden, und sie konnten keinen dichten Polizeikordon um den geheimen Treffpunkt legen lassen. Es bestand die Möglichkeit, dass ihnen einer der Gegner entwischte, vielleicht gerade der, der die Bombe gelegt hatte.
Es war noch hell. Erst in eineinhalb bis zwei Stunden würde es dunkel werden. Das war die Zeit der langen Juninächte.
Borrlin lud seine MP durch. Hill überprüfte noch einmal seine Automatic, und auch Alexander griff zum Schulterholster, ob mit der Magnum alles in Ordnung war.
Jenny fuhr. Sie misstrauten Jenny zu sehr. Deshalb sollte sie fahren. Das zwang sie aufzupassen. Einen Trick konnte sie sich kaum erlauben. Hill saß vorn neben ihr und ließ sie nicht aus den Augen.
Der Friedhof tauchte auf. Er war gigantisch groß, vorn das Ehrenmal aus dem Sezessionskrieg, dann die Gefallenenkapelle für die Toten der Weltkriege. Weit hinten die Kirche mit den Obelisken. Aber der Friedhof war geschlossen. Die breite Fahrstraße in ihn hinein war durch das lange Tor gesperrt.
Jenny steuerte auf einen Weg zu, der ungepflastert war und um die Westseite des Friedhofes herumführte.
„Dort vorn kommt eine Einbuchtung. Es ist ein alter Eingang. Er ist zugemauert. Da steht der Lastwagen. Soll ich halten?“, sagte Jenny und nahm das Gas weg.
„Nein, weiterfahren. Am Lastwagen halten Sie an!“, befahl Alexander. „Ihr anderen duckt euch. Sie dürfen uns nicht sehen. Nicht gleich. Und Sie hüsteln, wenn jemand aus dem Lastwagen herauskommt. Wir können jetzt nicht mehr anhalten, sonst fällt es auf. Weiter!“
Jenny ließ den Wagen langsam weiterrollen. Und dann hielt sie an. Rechts stand der graue Dodge Lastwagen. Doch da rührte sich nichts.
„Steigen Sie aus!“, zischte Alexander.
Jenny öffnete die Tür und stieg aus. „Hallo!“, rief sie.
Nichts geschah. Eine Drossel trällerte ihr Abendlied. Sonst war alles still.
Da machte Jenny den entscheidenden Fehler. Sie kehrte zum Wagen zurück und sagte: „Tut mir leid, da ist keiner.“
In diesem Augenblick ratterte die Maschinenpistole. Jenny wurde von den beiden ersten Schüssen getroffen, schrie auf und sank neben dem Wagen zu Boden. Weitere Schüsse zerfetzten die Motorhaube, prasselten auf das Stahlblech der Karosserie.
Borrlin richtete sich auf, stieß die Scheibe mit dem MP-Lauf ein und feuerte eine Salve zum Baum hinauf.
Zehn Schritte vom Lastwagen entfernt stand der Baum. Und dort saß der Schütze. Borrlins Schüsse mähten das Laub von den Zweigen, Äste brachen, aber dann kam die Erwiderung. Borrlin sackte plötzlich zusammen.
Alexander zog ihm die MP aus den verkrampften Händen, stieß die linke hintere Tür auf und kroch ins Freie. Wieder prasselten Schüsse auf den Wagen herab.
Indessen war Alexander hinten am Wagen, richtete sich auf und feuerte in die Baumkrone. Er hörte noch einen Schrei, doch wieder zuckten die Blitze von oben auf.
Alexander warf sich zu Boden, fand hinter dem rechten Hinterrad Deckung und feuerte erneut nach oben. Sein Feuerschutz erlaubte es Hill, aus dem Wagen zu kriechen und Borrlin herauszuzerren.
Diesmal erwiderte der Gegner das Feuer nicht. Es war plötzlich still oben im Baum. Und mit einem Male brachen die Äste. Ein Körper plumpste schwer herab, schlug auf der Mauer auf, rutschte über den Sims und landete auf dem Wegesrand.
Alexander war mit ein paar Sätzen dort, trat die MP des Gegners aus dessen Händen und ging wieder einen Schritt zurück. Der Mann lebte. Er versuchte, sich aufzurichten, doch seine Kraft schwand. Er war in der Brust verletzt. Auch sein Bein blutete unter dem Knie. Ein Mann mittleren Alters mit grauen Schläfen. War das Jackson?
Alexander erkannte ihn an der Kleidung. Das war der Thunderbirdfahrer, der Mann mit der breiten Windbrille, der Bombenleger.
„Borrlin ist tot“, rief Hill.
„Und das Mädchen?“, fragte Alexander, ohne sich umzudrehen. Er ließ diesen Gegner nicht mehr aus den Augen.
„Ich weiß nicht, Baron, ich weiß es wirklich nicht. Ich glaube, sie auch!“ Hill kam nach vorn, hob die MP auf und fragte: „Wo ist sie? Wo hast du die Bombe?“
„Fahrt mit ihr zur Hölle!“, ächzte der Verletzte.
„So schwer hat es dich nicht erwischt, Freundchen. Du stirbst nicht daran. Das wird dann auf dem elektrischen Stuhl besorgt. Oder sonstwo. Na, wo ist sie?“
Alexander gab Hill einen Wink. „Sieh mal auf dem Lastwagen nach! Wer weiß, was da zu finden ist.“
Hill zog die Plane zurück. „Zwei Reifen, sonst nichts. Ich werde auch vorn nachsehen.“ Er öffnete die Wagentür. Dort fand er den Feldstecher, das tragbare Funksprechgerät und die Landkarte. Als er um den Lastwagen herumging, entdeckte er den frischen Erdhügel.
„Was liegt da drunter?“, rief er dem Verletzten zu.
„Ihr müsst mich erst verbinden. Ich verblute. Es ist eure Pflicht. Ihr könnt mich nicht verrecken lassen!“, stöhnte der Verletzte.
„Aber ein paar hundert Kinder, Frauen und Männer können sterben, weil du die Bombe gelegt hast, wie?“, fauchte Alexander. „Dich werden wir schon verbinden. Was ist unter dem Erdhaufen, antworte!“
„Ein Mensch! Grabt ihn aus, dann wisst ihr es.“
„Diese Kanaille! Er ist einfach für eine Kugel zu schade!“, sagte Hill angewidert. „Baron, ich weiß nicht, ob man nicht die Pflicht hat, ein Gesetz zu brechen. Wenn ich bedenke, dass in wenigen Minuten schon die Bombe hochgehen könnte und mit ihr viele Menschen, dann frage ich mich, ob man hier noch auf Schonung des Gefangenen achten soll. Baron, ich habe so was noch nie getan, aber wenn er nicht in einer Minute sagt, wo die Bombe ist, opfere ich meine Karriere, um diesem Schweinehund die Antwort herauszuprügeln.“
„Das dürft ihr nicht! Das bringt euch ins Gefängnis!“, schrie der verletzte Verbrecher.
„Ich gebe dir fünf Minuten“, sagte Alexander ruhig. „Antworte, wenn du noch eine menschliche Regung in dir hast. Wo ist die Bombe?“
„Wie spät ist es?“, fragte der Verbrecher.
„Zwanzig vor acht.“
„Dann schafft ihr es nicht mehr, sie zu holen. Ihr schafft es nie mehr.“
„Rede!“, fuhr ihn Alexander an.
Hill atmete hörbar. „Baron, er hat Borrlin auf dem Gewissen. Er hat seine eigene Kumpanin erschossen. Und wer weiß, wer der ist, den er da verscharrt hat. Baron, in zwanzig Minuten sterben viele Menschen. Er muss es jetzt sagen, sonst garantiere ich für nichts!“
„Sag es!“, brüllte Alexander und hob die MP. Es war eine Drohung, nicht mehr. Und es ging wirklich um viele Menschenleben.
„Es ist zu spät. Sie liegt im Zimmer des Chefchemikers an der Heizung. Im Labor. Ihr schafft es nicht. Es ist zu spät.“
„Okay, das reicht. Wir werden ihn mitnehmen. Verbinde ihn, Hill, ich halte ihn im Auge.“
Als Hill den Verbandskasten aus dem Mercury holen wollte, bekam der Verletzte einen Blutsturz.
„Bleib bei ihm, ich fahre ins Werk. Was ist mit dem Mädchen? Weißt du genau, dass sie tot ist?“, fragte Alexander und kniete neben Jenny. Er fühlte ihren Puls, doch er spürte nur seinen eigenen. Er lauschte auf Herztöne, doch es waren die seinen, die er wahrnahm. Als er ihr seinen Taschenspiegel vor den Mund hielt, beschlug der nicht.
„Bleib hier, ich schicke dir Hilfe!“ Alexander stieg in den Mercury, wollte ihn anlassen, aber er sprang nicht an. Nicht einmal der Anlasser bewegte sich.
Er musste es mit dem Lastwagen versuchen. Er stieg um. Startete. Der Dodge kam sofort. Mit Vollgas raste er los. Als er die Straße erreicht hatte, schaltete er Fernlicht ein, obgleich es noch taghell war. Wagen, die ihm entgegenkamen, wichen weit aus. Über Kreuzungen jagte er mit heulendem Lufthorn hinweg. Kein Cop war zu sehen, der ihn etwa aufhalten wollte. Aber gerade einen Cop hätte Alexander gerne auf der Fahrt zur Raffinerie treffen wollen.
Erst auf dem North Boulevard sah er einen. Er stoppte jäh ab und winkte den Cop heran. Der wollte schon sein Buch zücken; doch Alexander zeigte ihm die Marke. Dann erklärte er ihm, was zu tun war.
Der Cop ging zu seinem Motorrad und gab Alexanders Anweisung über Sprechfunk an das FBI weiter. Danach startete er die Indian. Alexander setzte sich auf den Sozius, und sie rasten mit Rotlicht und Sirenengeheul los.
Die Straßen waren verstopft vom wegflutenden Verkehr. Der Cop fuhr über Fußwege und durch Grünanlagen. Oft streiften sie fast die entgegenkommenden Fahrzeuge und Menschen.
Endlich waren sie am Werkstor. Es war verwaist. Der Schlagbaum stand offen. Es war eine Minute vor acht.
,„Sie schaffen es nicht. Das Labor ist weit hinten. Kehren wir um“, sagte der Cop.
Ein Werkschutzmann tauchte auf. „Weg, hier weg! Gleich ist es soweit! Weg hier! Schnell!“
Alexander trat dem Manne entgegen. „Wo ist das Zimmer des Chefchemikers? Im Labor? Beschreiben Sie es genau!“
Da kam noch ein Werkschutzmann angelaufen. Beide hatten Angst, beide wollten sich retten.
„Verdammt, ich kann euch doch nicht mit der Waffe zwingen, es mir zu sagen. Wo ist das Zimmer!“
Hastig erklärten sie es ihm, dann rannten sie weg.
Alexander schob den Cop zur Seite, schwang sich auf die Indian.
„Sie können doch nicht einfach …“ Der Cop konnte nicht ausreden. Alexander startete und raste ins Werk hinein.
Zum Henker, in einer halben Minute muss sie losgehen. Aber ich werde sie finden, ich muss doch eine Chance haben. Vielleicht stimmt die Zeit nicht genau. Es muss gelingen! – Das waren seine Gedanken, als er tief gebeugt über die Lenkstange durch das Werk raste.
20.00 Uhr. Die Explosion war noch nicht erfolgt. Der Baron hatte das Labor erreicht, sprang von der Indian, die mit laufendem Motor stehenblieb. Er rannte durch das offene Gattertor, stürmte ins Haus. Auch diese Tür war offen. Niemand hatte noch daran gedacht, Geheimnisse hüten zu wollen.
In den Raum.
20.01 Uhr. Er suchte die richtige Tür. Alle standen sie offen, bis auf eine. „William Piper“ stand daran. „Anmeldung nebenan.“
Der Boss. Er wollte die Tür öffnen. Sie war verschlossen. Er warf sich dagegen, aber sie hielt stand.
Die Zeit verrann. 20.02 Uhr. Noch einmal nahm er alle Kraft zusammen und warf sich gegen die Tür. Sie gab nach. Prallte zurück. Er wurde vom Schwung bis ans Fenster getragen, stürzte. Papprollen dämpften den Aufschlag. Und da sah er vor seinen Augen, keine Handbreit entfernt, die Bombe. Ein Metallkasten, groß wie eine Zigarrenkiste.
Er hob sie auf, vorsichtig. Jeden Augenblick konnte die Explosion erfolgen, konnte ihn zerfetzen. Aber jetzt dachte er an die Menschen, die ihm vorhin begegnet waren und die nicht mehr weit genug wegkamen, wenn dieses ganze Werk in die Luft flog.
Er trug sie zum Tisch, legte sie vorsichtig ab; er konnte sie nicht hier wegbringen, das war einfach nicht mehr drin.
20.04 Uhr. Er löste mit dem Taschenmesser den Verschluss. Der gefährlichste Augenblick nahte. Wenn jetzt der Automat kurz vor dem Einschalten war, würde das unter Umständen früher erfolgen als beabsichtigt. Die geringste Unruhe, das Zittern der Hand, eine Vibration des Tisches würde unbedingt zur Detonation führen.
Er zwang sich zur Ruhe. Nur nicht die Nerven verlieren. Was bist du? Ein Mensch, ein einzelner. Was liegt an dir. Du musst an die anderen denken, an die vielen, die umkommen würden, wenn du dich wie ein Narr benimmst. – Das sagte er sich und versuchte, gleichmäßig zu atmen.
Er hatte das alles gelernt, eine Bombe zu entschärfen. Die verschiedensten Modelle kannte er. Und er wusste auch, wie mit Gerringboughs Bomben umzugehen war. Gerringbough hatte nach dem System der Marinemagnetminen gearbeitet. Zum Teil hatte er dieselben Mechaniken eingebaut.
Aber das alles war Theorie. Die Praxis war, dass er eine Bombe entschärfen musste, deren Zeitzünder jeden Moment losgehen konnte, die keinen Zünder hatte wie eine Fliegerbombe, den man aufschrauben konnte. Diese Bombe hatte ihren Zünder innen. Und bis der entschärft war, konnte die leiseste Bewegung die Zündung hervorrufen.
20.05 Uhr. Er hob den Deckel ab, legte ihn sich auf den Schoss, damit es keinen Stoß auf dem Tisch gab. Dann sah er die Unruhe. Er beugte den Kopf darüber und ließ Speichel aus seinem Mund auf die Unruhe laufen. Da stand das Werk. Jetzt hatte er Zeit. Viel Zeit. Die Bombe würde nicht mehr nach Zeit explodieren. Doch noch immer genügte eine geringe Erschütterung. Die leiseste. Denn noch immer war die Automatik knapp vor dem Einrasten. Vielleicht hing sie nur noch auf der Kippe.
Alexander brauchte eine Schere. Er hatte sie nicht. Wenn er sich jetzt erhob, konnte alles vergeblich gewesen sein. Schon die Erschütterung seiner Fußtritte auf dem Boden reichte aus.
Aber er musste die Schere haben.
Es war 20.08 Uhr. Er hatte Zeit, nur keine Hast! Alles genau überlegen! Und keine heftigen Bewegungen. Er hämmerte es sich ein, sich so zu verhalten.
Draußen tuckerte die Indian. Er hörte es deutlich, so deutlich, dass es ihn störte, nervös machte. Und er überlegte, wie er ohne Schere arbeiten konnte. Es ging nicht.
Aufstehen, aber wie?
20.09 Uhr. Er erhob sich ganz vorsichtig. Legte den Deckel der Bombe nicht weg, hielt ihn fest. Dann setzte er den einen Fuß vor, belastete ihn allmählich. Zog das andere Bein nach, langsam, nur keine Erschütterungen. Er spürte, wie sein Herzschlag jagte, hämmerte, dröhnte.
Noch einen Schritt, noch einen, er brauchte fast zwei Minuten bis zur Tür.
20.11 Uhr. Er hatte die Tür erreicht, zog sich die Schuhe aus, setzte sie nicht ab. Da passierte es! Der eine Schuh entglitt seiner Hand, fiel zu Boden. Es klang wie ein Einsturz in Alexanders Ohren. Er stand stocksteif. Und er hörte ein leises Klicken vom Tisch her. Dann war Stille. Nur draußen blubberte die Indian. Es war ein infernalisches lautes Getöse in Alexanders Gehör.
Er schlich hinaus, auch außerhalb des Hauses wagte er kaum richtig aufzutreten, obgleich er es hier wirklich konnte. Er stellte das Motorrad ab, ging zurück, suchte im ersten Zimmer nach einer Schere. Er fand eine auf dem Schreibtisch. Sie war groß, reichlich groß für diese gefährliche Feinarbeit. Aber es musste gehen, es musste einfach.
Er hätte jetzt zurückfahren können, hätte das alles einem Feuerwerker überlassen können. Doch wer wusste, ob es dann nicht zu spät war. Ob nicht doch eine noch so harmlos erscheinende Erschütterung die Automatik auslösen würde. Denn nur noch eine Minute wäre das winzige Zahnrad gelaufen. Nur ein Zacken trennte es noch vor dem Rasterhaken der Automatik. Ein Stoß konnte auch ohne Uhrwerk die Explosion bringen.
Er ging zu seinem Platz zurück. Schritt für Schritt, behutsam, überlegt. Das mit dem Schuh hätte schiefgehen können. Etwas Derartiges durfte sich nicht wiederholen.
Es gelang ihm, sich hinzusetzen, ohne die leiseste Bewegung am Tisch zu verursachen. Dann atmete er erst ein paarmal ruhig durch, ehe er die Schere ansetzte. Der Schnitt könnte alles zerstören, der Schnitt durch den Kontaktgeber. Wenn es nicht sofort gelang, den Draht zu trennen, erfolgte die Zündung. Konnte sie erfolgen.
Die Schere war stumpf. Sie würde den Draht nicht auf Anhieb schneiden. Alexander konnte es nicht riskieren. Wieder brütete er über Möglichkeiten. Und da entdeckte er die Batterie. Er setzte die Schere wie eine Pinzette an, klemmte die Batterie mit den Spitzen ein und zog sie mit einem Ruck aus den Polenden. Sie flog durch die Luft, und das durfte sie auch.
Die Bombe war besiegt. Jetzt war die Gefahr gebannt.
Es war 20.17 Uhr. Fast zwei Stunden lang hatte sie Gefahr für eine ganze Stadt bedeutet. Und nun, da Alexander sie ganz auseinandernahm, war sie nichts als ein Haufen Federn, Drähte und gelbbrauner Presspulverpacken.
Alexander ging, zum Telefon, hob ab. Als sich nichts meldete, drückte er den Amtsknopf. Dann wählte er die Nummer vom FBI.
Eine Bassstimme meldete sich. Das musste Hill sein.
„Hill?“
„Verdammt, ist das der Baron?“
„Sag der lieben Polizei, dass nichts mehr passiert. Ich habe das Bömbchen. Entwarnung.“
„Hölle und Kanonenfutter, Baron, ist sie schon entschärft?“ Hills Stimme klang aufgeregt.
„Entschärft. War nicht weiter schwierig. Sie wäre 20.12 Uhr losgegangen. Wie unzuverlässig doch die Menschen heute sind, was? Na, ein Glück. Machen wir dem Zauber ein Ende. Sag Bescheid, Hill. Was ist übrigens mit dem Mädchen?“
„Tot, Baron, nichts zu machen. Den anderen haben wir im Hospital. Der Tote unter dem Erdhaufen war der Chefchemiker vom Werk. Er ist von Joe Jackson erschossen worden. Gestern ist das passiert. Joe Jackson war gestern und heute in der Maske von Piper im Werk drin. Er hat gestanden, Benzin in die Zentralheizung gefüllt zu haben. Kümmere dich darum nicht mehr. Das besorgen wir! Übrigens geht es ihm nicht gut, aber Lebensgefahr besteht nicht, sagt der Arzt.“
„Also sag ihnen Bescheid, Hill. Ich komme jetzt. Ich habe Zeit. Möchte mal richtig ausspannen. Acapulco, Miami oder so etwas Ähnliches.“
Hill lachte. „Deine Nerven möchte ich haben, mal zwei Minuten lang.“
„Bis gleich, Hill!“
Er ging aus dem Raum, atmete draußen tief die milde Abendluft, die zudem noch von Ölgestank durchsetzt war. Aber ihm kam es vor wie reines Ozon. Er spürte mit allen Fasern seines Körpers, wie schön es war zu leben.
Er startete die Indian und knatterte langsam auf das Werktor zu.
Als er vorn war, heulten in der Runde die Sirenen. Alexander gab Gas und fuhr in rascher Fahrt in die Stadt. Es gab noch einiges zu tun. Verhör von Joe Jackson, einen Bericht an die Zentrale und dann … sicher einen neuen Auftrag in Empfang nehmen. Nichts Acapulco, nichts Miami. Und im Grunde hatte er auch gar nichts dagegen.
Die Menschen, die an ihm vorbeikamen, jetzt, wo nichts mehr passieren konnte, sie kannten ihn nicht. Wussten nicht, dass der kräftige schlanke Mann auf der Indian ihrer aller Retter war. Aber er wusste es, und das machte ihn stolz, auch wenn es ihm keiner ansah.
Denn er war ein Teufelskerl. Er sehnte sich nach Schlaf und einer großen Portion Leberpasteten, seinem Leibgericht. Und dabei lag der nächste Auftrag schon bereit.
So war das Leben. Sein Leben. Und ihm machte es Spaß … auch wenn er manchmal darüber schimpfte.
ENDE