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Vorwort des Reihenherausgebers
ОглавлениеWährend die bisherigen Bände dieser Reihe vornehmlich deutschen Herrschern galten, handelt der vorliegende zum ersten Male über eine der großen sowohl geistigen als auch politischen Gestalten des Mittelalters. Es geht um Bernhard von Clairvaux, die „Chimäre“ seiner Generation. Die Literatur über ihn ist kaum mehr zu überblicken, die Zahl der wissenschaftlichen Synthesen über sein Leben und Werk hingegen eher gering. Bisher war das 1895 in zwei Bänden erschienene Werk des Abbe Vacandard maßgeblich und an Vollständigkeit und Detailkenntnis unübertroffen, obschon bereits bei seinem Erscheinen kritische Stimmen laut wurden, die bei aller Anerkennung der wissenschaftlichen Leistung die hagiographischen Tendenzen mißbilligten. Seitdem sind bis in neueste Zeit zumeist kürzere Gesamtdarstellungen erschienen, aber auch die epochale, von Dom Jean Leclercq geleitete Edition seiner Werke führte bislang zu keiner umfassenden neuen Monographie über Bernhard, die das Werk von Vacandard hätte ablösen können. Leclercq selbst publizierte 1989 nur eine mehr populär-erbauliche Biographie des Heiligen, keineswegs eine grundlegende Synthese, in der das in zahlreichen Einzeldarstellungen und Aufsätzen niedergelegte profunde Wissen des Autors eingegangen wäre. Großen Einfluß im Sinne einer aus dem Bereich der frommen Erbauung herausführenden Neubewertung der Persönlichkeit Bernhards haben in den letzten Jahrzehnten besonders die kritischen Quellenstudien von Adriaan? Bredero vor allem über die „Vita prima“ und die daraus gezogenen Folgerungen über das „Doppelleben“ der „vita contemplativa“ und der keineswegs von Schatten freien „vita activa“ ausgeübt, deren Ergebnisse im vorigen Jahr auch in deutscher Übersetzung erschienen sind. Ihnen folgt Peter Dinzelbacher jedoch keineswegs überall. Er ist bereit, vor allem der „Vita prima“ größeres Vertrauen entgegenzubringen als der niederländische Mediävist, auch wenn er gegenüber der Masse der Bernhard freundlich gesonnenen zisterziensischen Überlieferung die wenigen kritischen zeitgenössischen Stimmen über problematische Züge in dessen Charakterbild hinreichend berücksichtigt. Auf jeden Fall läßt der gegenwärtige Stand der Historiographie eine neue Darstellung Bernhards sehr berechtigt, ja erforderlich erscheinen. Sie kann zwar schon aus Platzgründen den Detailreichtum Vacandards nicht anstreben, ist aber dennoch ausführlich genug, um über alle wichtigen Aspekte von Bernhards Leben und Werk in ständigem Zugriff auf die Quellen und unter Auswertung der neueren Forschung umfassend Auskunft zu geben. Dafür ist der Verfasser als Redakteur des ersten Bandes der lateinisch-deutschen Gesamtausgabe der Werke Bernhards hervorragend ausgewiesen. Entsprechend der Zielsetzung der Reihe soll der Band sowohl dem Fachmediävisten als auch dem an Geschichte interessierten Leser eine fundierte, auf dem Stand der Forschung stehende, aber durch genaues Quellenstudium darüber hinausführende Darstellung bieten. Zu Recht hat der Autor dafür im wesentlichen das chronologische Schema gewählt, um die Persönlichkeit in der ganzen Velfalt und Komplexität ihres Denkens und Handeins zu erfassen. Damit entgeht er der Gefahr, der so manche Darstellungen bis in die Gegenwart erlegen sind, in Berhard im wesentlichen den theologischen Schriftsteller zu sehen und aus den einzelnen Elementen seines Denkens systematisierend „Summen“ über bestimmte theologische Fragen zu konstruieren, die er selbst nie anstrebte. In diesem Sinne wird das Buch sicher die weitere historische und theologische Forschung befruchten.
Würzburg, im September 1997 | Peter Herde |