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Initialzündung! - It‘s my life

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Mittlerweile war Peter Eichner 14 Jahre alt. Zum ersten Mal übertrug das Deutsche Fernsehen das wohl bedeutendste Automobilrennen der USA: das Indy 500. Ein großes Starterfeld und Durchschnittsgeschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometern gehörten zur Normalität. Auf dem 500 Meilen langen Kurs fanden unzählige Führungswechsel statt, viele Boxenstopps waren erforderlich – und es passierten auch schreckliche Unfälle. Erst im Jahr zuvor verbrannten in der 2. Runde Eddie Sachs und Dave MacDonald bei einer Kollision. Am 29. Mai 1965 saß Peter nun, völlig fasziniert, mit seinen Eltern vor dem Fernseher und verfolgte das Rennen. Diese Dramatik, der Rausch der Geschwindigkeit und natürlich auch die Szenerie der mehr als 200 000 Zuschauer, fesselten den jungen Burschen unermesslich. Übertroffen wurde jedoch alles dann durch die Aussage des Sportreporters, der gerade seinen Zuschauern erklärte: „…Stellen sie sich vor, selbst der letzte Fahrer, der das Ziel erreicht, bekommt immer noch 8.400 USD. Zur Legende wird natürlich nur der Sieger des Indy 500.“ Ein dicker Scheck, Unsterblichkeit und einen großen Schluck Milch, dieses schöne Ritual zelebriert man seit 1936 bei der Siegerehrung! Ja so läuft‘s bei den Amerikanern!

Jim Clark, einer der besten F1 Fahrer in Europa und allein deshalb schon ein Rennfahrer, den Peter uneingeschränkt bewunderte, gewann an diesem Abend den Grand Prix von Indianapolis. In jenem Augenblick beschloss der junge Eichner einen schon lang gehegten Traum – nämlich F1 Rennfahrer zu werden – in die Tat umzusetzen. Allein die Aussicht, rein theoretisch – sogar als Letzter die damals unvorstellbare Summe von über 8.000 US Dollar dafür zu bekommen, hatte ihn regelrecht euphorisiert und die Initialzündung ausgelöst.

Um aber überhaupt Rennfahrer werden zu können, brauchte man zunächst einmal Geld. Das hatte er natürlich nicht. Jedenfalls war das „So gut wie nichts“ auf seinem Sparbuch völlig indiskutabel. Er ging noch zur Schule und machte gerade seine Mittlere Reife. Vor einem Jahr war die Familie von Kassel nach Pforzheim umgezogen, wo sein Vater die Leitung des Politischen Ressorts der Pforzheimer Zeitung übernahm.

„Papa, sag mal, die Zeitungsausträger, die morgens ganz früh die Zeitungen bringen, bekommen die viel Geld dafür?“ „Möchtest du etwa Zeitungen austragen? Weißt du eigentlich, dass man dafür zu nachtschlafender Zeit aufstehen muss? Meines Wissens muss dich Mama sowieso schon jeden Morgen aus dem Bett ziehen!? Aber gut, um deine Frage zu beantworten, das sind im Monat so ungefähr 300 DM inklusiv Trinkgeld. Denn ein Zeitungträger muss am Ende des Monats auch das Inkasso machen. Wenn du pünktlich zugestellt hast und freundlich bist, kannst du noch fast 100 DM Trinkgelder kassieren.“

Schnell rechnete Peter im Kopf nach und heraus kam eine Summe von fast 4.000 DM im Jahr. „Papa ich mache das!“ „Langsam, langsam! Erst muss ich mal klären, ob wir einen „guten Bezirk“ frei haben und ob man dich mit deinen vierzehn Jahren akzeptiert. Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Die Abonnenten dulden keine Schlampereien. Auch im Winter, bei Eis und Schnee, erwarten sie pünktlich ihre Zeitung. Immer !“ „Ich verspreche dir, Papa, dass ich absolut zuverlässig arbeiten werde!“

In dieser Nacht konnte er kaum schlafen. Zu viel raste in seinem Kopf herum: Erst ein eigenes Auto, dann einen Rennwagen und dann nach Indianapolis! Dann gewinnen und dann ein reicher Mann sein, dem alles zu Füssen liegt. Das war genau sein Ding!

„Pit, Papa will dich sprechen“, rief die Mutter. Sofort lief er zu ihm ins Wohnzimmer. “Hast du noch einmal darüber nachgedacht, ob du wirklich Zeitungen austragen möchtest?“ „Ja klar, da gibt es für mich nichts mehr zu überlegen! Ich kann sofort damit anfangen, wenn du willst!“ „Du bist ein Glückspilz, Peter! Eine Zustellfrau fällt nämlich mindestens für ein halbes Jahr aus, weil sie heute Morgen leider von einem Auto angefahren wurde und ziemlich schwer verletzt ist. Nun ist einer der besten Bezirke in Pforzheim frei. Du kannst dich morgen früh bereits auf die Socken machen! Zuerst wird ein Mitarbeiter des Betriebes drei Tage lang mit dir morgens auf Tour gehen. Danach musst du das selbstständig machen! Aber ich sage dir gleich, solltest du mich enttäuschen, werde ich mich nie wieder für dich einsetzen. Und die Schule darf nicht darunter leiden!“ Jubelnd fiel Peter seinem Vater um den Hals.

Schon nach kurzer Zeit musste er zugeben, dass seine Eltern wirklich Recht gehabt hatten. Der Job war absolut kein Zuckerschlecken und ganz schön anstrengend. Im Sommer gab es Tage, an denen es ihm richtig Spaß machte, aber nachdem der Winter begonnen hatte – mit Eis und Schnee – fluchte er schon so manches Mal. Um 5:00 Uhr aus den Federn, bei Kälte und Dunkelheit, dann aufs Fahrrad – möglichst noch bei Glatteis – und dann hinüber in die Bleichstraße – in „seinen“ Bezirk. Manchmal hatte er schon blau gefrorene Finger, wenn er die ersten Zeitungen ablegte. Nach ungefähr einer guten Stunde war er fertig und fuhr eilig nach Hause, um erstmal gut zu frühstücken. Danach ging es ab in die Schule. Spätestens aber, nachdem er das erste Mal „seine Abonnenten“ abkassieren durfte, wurde seine Laune morgens deutlich besser. 120 DM Trinkgeld! Da sie gar nicht glauben wollten, dass er noch so jung war, zeigten sie sich ausgesprochen großzügig. Nun wusste er, dass er sein sich gestecktes Ziel erreichen würde.

Yes, das Leben ist genug ...

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