Читать книгу Yes, das Leben ist genug ... - Peter Eichner - Страница 9
Im schönsten Regenbogen muss auch Regen sein
ОглавлениеAm Sonntagmorgen hatten Maria und Gerhard Dietl ihr Frühstück schon fast beendet als sich die Tür öffnete und Sophie das Zimmer betrat. Wie immer gab sie ihren Eltern zuerst einen dicken Kuss.
„Einen guten Morgen wünsche ich euch. Habt ihr gut geschlafen?“ Die beiden schauten sich an und antworteten unisono: „Wir schon – und du?“ Dann setzte der Vater hinzu: „Allerdings glauben wir auch, dass dir nicht sonderlich viel Zeit zum Schlafen blieb. Es muss so ungefähr 2:00 Uhr gewesen sein als wir die Tür ins Schloss fallen hörten.“ Sophie wollte sich gerade rechtfertigen als die Mutter ihr ins Wort fiel: „Etwas früher heimzukommen, Sophie, ist - glaube ich - auch wenn du jetzt bald 18 Jahre bist - etwas, was wir von dir wirklich verlangen können. Aber belassen wir es heute mal dabei.“ Als Sophie sah, dass ihre Mutter den Ansatz eines versöhnlichen Lächelns zeigte, dachte sie nur: Ja, ist wohl besser so…
„Ich habe dir heute Morgen zwei frische Weißwürste gemacht, die magst du doch so gern – besonders mit frischem Hausmachersenf und Brezn.“ „Das ist sehr lieb von dir, Mama.“ Sophie langte zu. Kaum hatte sie alles aufgegessen, spürte sie ein leichtes Grummeln im Bauch. Nach einer weiteren Viertelstunde hielt es sie nicht mehr am Tisch. Sie stand auf, entschuldigte sich und stürzte, nachdem sie die Tür hinter sich leise zugemacht hatte, regelrecht ins Bad. Fast hätte es nicht mehr gereicht, den Toilettendeckel noch rechtzeitig hochzuklappen – da waren die Weißwürste auch schon wieder draußen…
Ihr Kreislauf spielte total verrückt und ihr war unendlich schwindlig. Als sie im Spiegel ihr bleiches Gesicht sah, erschrak sie: „Mein Gott, wie sehe ich denn aus!“ Da hörte sie ein Klopfen: „Sophie ist irgendwas? Ist dir nicht gut?“ „Nein, Mama, alles o.k.! Ich bin gleich wieder bei euch!“ Penibel putzte sie sich die Zähne, gurgelte mit Mundwasser und machte sich zurecht. Als sie jedoch das Bad verlassen hatte und bereits wieder auf dem Weg zum Esszimmer war, spürte sie wieder die gleichen Symptome. Schnell in ihr Zimmer! Schnell auf das Bett – und schon begann sich alles zu drehen und ihr wurde schwarz vor Augen!
Als sie wieder zu sich kam saß ihre Mutter an ihrem Bett und hatte Sophie einen nassen Wickel auf die Stirn gelegt. “Geht es dir wieder besser?“ „Ja, viel besser, Mama. Ich nehme an, die Weißwürste waren irgendwie nicht gut. Jedenfalls habe ich die gar nicht vertragen!“
Maria Dietl schaute ihre Tochter sehr ernst an: “Papa und ich haben die Würste doch auch gegessen – und sie sind uns bestens bekommen.“ Dann fiel der Satz den Sophie niemals vergessen sollte: „Sophie, kann es sein, dass du schwanger bist? Ist das möglich?“ Am liebsten hätte sich Sophie unter der Bettdecke verkrochen. Es war ihr so was von peinlich. “Möglich ist das schon, Mama, aber es kann eigentlich nicht sein, weil wir uns immer geschützt haben!“
„Oh Gott, steh‘ mir bei! Das darf doch nicht wahrsein, Sophie! Du bist doch noch viel zu jung!“ Da war es wieder…ich bin doch noch viel zu jung, dachte Sophie. Dieses Mal allerdings war alles anders. Statt der üblichen Widerworte begann Sophie herzerweichend zu weinen.
Ihre Mutter nahm sie in den Arm und tröstete sie mit den Worten: “Jetzt warten wir erstmal ab und hoffen das Beste. Vielleicht haben wir Glück und alles ist falscher Alarm!“ „Bitte lass‘ es bis dahin unser Geheimnis bleiben, Mama. Bitte nichts dem Papa sagen! Ich weiß nicht, wie ich es ihm erklären sollte!“ Maria Dietl schaute Sophie sehr ernst an und sagte: „Ich auch nicht!“
Gegen 14:00 Uhr stand Sophie auf und machte sich auf den Weg zu Christian. Inzwischen war die Übelkeit wieder vollkommen verflogen. Als sie in der Baaderstraße ankam, pochte ihr das Herz bis zum Hals. Immer schneller und schneller. Eines war ihr klar, zu diesem Zeitpunkt durfte sie sich Christian auf keinen Fall offenbaren. Erstmal noch abwarten. Jetzt schon darüber zu reden, wäre völlig unmöglich. Deshalb riss sie sich zusammen, bevor sie klingelte. Da stürmte Christian ihr auch schon entgegen und sie umarmten sich innig. Er hatte Kaffee gekocht und Sahnetorte dazu besorgt – die Sophie vorsichtshalber nicht anrührte. Auf dem Balkon genossen sie die schöne Julisonne – während in Sophies Kopf die Gedanken Karussell fuhren.