Читать книгу Privat- und Prozessrecht - Peter Förschler - Страница 76
4.2.2 Der Wille
ОглавлениеDer Wille muss drei Erfordernisse erfüllen, um Teil einer wirksamen Willenserklärung sein zu können: Der Handelnde muss einen Geschäftswillen sowie einen Handlungswillen haben, der von einem Erklärungsbewusstsein getragen ist:
> Geschäftswille: Zur Willenserklärung ist ein bestimmtes rechtliches Wollen erforderlich, das ergibt sich schon aus obiger Definition. Ein Wille, der sich auf ein rein tatsächliches Vorhaben bezieht, ist rechtlich ohne Bedeutung.
Wenn Herr A am Silvesterabend den Willen hat, im neuen Jahr nicht mehr zu rauchen, so ist dieses Wollen rechtlich (und leider meist auch tatsächlich) ohne Bedeutung.
Ist eine andere als die beabsichtigte Rechtsfolge erklärt (z. B. infolge Irrtums), so kann die Willenserklärung angefochten werden.
> Handlungswille: Aber auch dort, wo der Handlung eine rechtserhebliche Erklärung beigemessen werden kann, muss die Handlung vom Willen des Handelnden getragen sein, damit eine Willenserklärung vorliegt („Handlungswille“). Unbewusste Handlungen, die rein äußerlich als Willenserklärung angesehen werden könnten, sind keine Willenserklärung.
Beispiele für fehlenden Handlungswillen sind Reflexbewegungen, Aussagen unter Hypnose.
> Erklärungsbewusstsein: Neben dem Handlungswillen muss schließlich auch noch ein Erklärungsbewusstsein vorliegen: Der Handelnde muss das Bewusstsein haben, gerade etwas Rechtserhebliches zu erklären.
Herr B sitzt bei einer Versteigerung, bei der nach den üblichen Gepflogenheiten das Erheben einer Hand ein Gebot bedeutet. Plötzlich reißt er während der Versteigerung den Arm nach oben, um auf diese Weise von ferne einen in den Saal eintretenden Bekannten zu begrüßen. Er kann – trotz Handlungswillens – nicht an dieses (scheinbare) Gebot gebunden werden, weil ihm diesbezüglich der Rechtsbindungswille, also der Wille, etwas rechtlich Bedeutsames erklären zu wollen, gefehlt hat. Er wollte nur einem Bekannten winken.
Aus Gründen des Vertrauensschutzes für den Empfänger wird in diesen Fällen fehlenden Erklärungsbewusstseins zwar eine Willenserklärung angenommen, die nicht gewollte Erklärung kann jedoch angefochten werden.
Ein rechtlich erheblicher Wille liegt dagegen vor, wenn Herr C seinen Gebrauchtwagen dem Kollegen D für 20.000,– € verkaufen will, ihm also ein Kaufangebot macht.