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4.3.2.2 Vertragsantrag und bloße Werbemaßnahme
ОглавлениеVom echten Vertragsantrag, dessen Annahme den Vertrag zustandebringt, sind solche „Angebote“ zu unterscheiden, die lediglich einen allgemein angesprochenen Personenkreis veranlassen sollen, mit dem Unternehmen in geschäftlichen Kontakt zu treten.
Dazu gehören Werbemaßnahmen wie Schaufensterauslagen, Kaufhausprospekte, Warensortimente von Onlineshops, Zeitungsanzeigen oder Speisekarten in Gaststätten. In all diesen Fällen handelt es sich schon deshalb nicht um rechtsgeschäftliche Vertragsanträge, weil sich der Anbietende doch jeweils noch vorbehalten will, mit wem er konkret in vertragliche Bindung treten will.
Wenn der ungepflegte mittellose S im Luxushotel Graf Zeppelin Platz nimmt und unter Bezugnahme auf die dort ausgelegte Speisekarte ein Menü bestellen will, so kann durch dessen Zustimmung mit der Speisenfolge in der Karte für den Hotelier noch keine vertragliche Bindung entstehen. Nicht das Auslegen der Speisekarte, sondern vielmehr die Bestellung des S ist das Angebot, das vom Hotelier selbstverständlich noch abgelehnt werden kann.
Dem Möbelhändler, der in seinem Verkaufsprospekt den Kauf von diversen Möbeln auf Raten anbietet, muss es noch möglich sein, das Geschäft mit einem total verschuldeten und wegen Betrugs vorbestraften Kaufinteressenten abzulehnen.
Deshalb sind die genannten Maßnahmen lediglich unverbindliche Werbeinstrumente, durch die der Geschäftsmann allgemein in Aussicht stellt, die angebotenen Waren zu den dort genannten Preisen verkaufen zu wollen. Sie stellen lediglich eine „Einladung“ an interessierte Kunden dar, „ihrerseits ein Angebot“ zu den bekannt gegebenen Konditionen zu machen (sog. invitatio ad offerendum = Einladung zum Geschäftsabschluss).
Dies gilt auch für die Preisschilder an den zum Verkauf aufgestellten Waren.
Im Kaufhaus hängen auf der Stange zehn gleiche Anzüge, die alle mit 400,– € ausgezeichnet sind. Der findige Kunde K entdeckt jedoch ein Exemplar, dessen Preisschild den Betrag von 200,– € ausweist. Er nimmt diesen Anzug zur Kasse, um den angegebenen Betrag zu bezahlen. Dort wird ihm von der aufmerksamen Kassiererin bedeutet, der Anzug koste wie alle anderen auch 400,– €. K ist demgegenüber der Ansicht, er habe das Angebot des Kaufhauses mit 200,– € angenommen und könne deshalb den Anzug zu diesem Preis beanspruchen. Zu Recht?
Ein Vertrag über 200,– € ist nicht zustande gekommen: K macht nämlich an der Kasse seinerseits erst dem Kaufhausinhaber ein Vertragsangebot, den Anzug für 200,– € kaufen zu wollen. Die Kassiererin „nimmt an“ zu 400,– €. Also fehlt es für einen Vertragsabschluss an den übereinstimmenden Willenserklärungen (vgl. dazu § 150 Abs. 2 BGB).
Selbstverständlich ist es dem Kaufhausinhaber nicht verwehrt, dem Kunden gleichwohl den Anzug für 200,– € zu überlassen, etwa um diesen, wenn er die wirkliche Rechtslage nicht einsehen mag, von negativen Äußerungen oder üblen Beschimpfungen abzuhalten.
Allerdings darf ein Geschäftsmann nicht systematisch dazu übergehen, durch extrem günstige Anpreisungen, zu denen er gar nicht stehen will, Kunden ins Geschäft zu locken. Ein solches Verhalten wäre ein Wettbewerbsverstoß, der nach den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterbunden werden könnte (vgl. §§ 5, 16 UWG).
Ein echtes „Angebot an jedermann“ liegt in der Aufstellung und Inbetriebnahme eines Verkaufsautomaten.