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g) Spirituelles Wachstum

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Eine weit verbreitete Variante der Selbstverbesserung ist der Versuch der Ich-Überwindung durch religiöse, spirituelle oder esoterische Praktiken wie zum Beispiel Yoga, Meditation oder Beichte. Auch in diesem Fall besteht das Ziel in der Milderung bzw. Aufhebung des Leides, das durch das Gefühl des Mangels oder der Trennung entsteht. Viele religiöse bzw. spirituelle Strömungen versuchen die „Ich-Bezogenheit“ zu überwinden und damit die Lebenssituation der Menschen zu verbessern.

Statt nach persönlicher Leistung, Stärke, Besitz und Macht zu streben, werden jetzt andere Superlative wie Weisheit, Wahrheit, Heiligkeit, Ichlosigkeit, Erwachen, Aufstieg der Kundalini etc. anvisiert. Von der „Erleuchtung“ wird ja gesagt, dass sich mit ihr jegliches Gefühl von Trennung und Unzufriedenheit erledigt und man sich von da an mit allem und jedem verbunden fühlt. Ist das nicht genau das, was uns allen fehlt?

Die Suche nach spiritueller Verbesserung macht natürlich nur dann einen Sinn, wenn der augenblickliche Zustand eines Menschen als unwürdig, fehlerhaft, leidvoll oder voller Sünde eingestuft wird. Die christliche Tradition ist da sehr konsequent: Sie bezeichnet alle Menschen von Grund auf als „arme Sünder“, die nur durch eine Umkehr zu Gott errettet werden können. Auch der Buddhismus entlarvt mit seiner Grundaussage „Leben ist Leid“ sein negatives Welt- und Menschenbild. Andere Religionen äußern sich vergleichbar, woran man zuverlässig den dahinterstehenden Ich-Gedanken erkennt. Denn wenn mit den Menschen alles in Ordnung wäre, dann bräuchte man ja nichts zu verbessern und die Religion würde ihre Daseinsberechtigung verlieren.

Stattdessen überbieten sich Religionen und spirituelle Lehren im Angebot adäquater Lösungswege. In diesen geht es je nach dem um Umkehr, Reinigungsriten, Beichten, Enthaltsamkeit, Fastenkuren, Selbstgeißelungen, Gedankenkontrolle und vieles andere. Allen Methoden ist im Grunde gemein, dass erst ein persönliches Opfer gebracht werden muss, eine Art Selbstbestrafung, bevor einem irgendeine Art von Belohnung zuteilwird. Das ist eine logische Konsequenz der Annahme, dass der Mensch von seinem Ursprung her fehlerhaft und unwürdig sei, worin sich die fundamentale Annahme des mangelhaften Selbst spiegelt.

Es muss betont werden, dass hier nicht gegen Religionen oder die Spiritualität an sich argumentiert oder für einen Atheismus oder Nihilismus die Lanze gebrochen werden soll. Die meisten religiösen und spirituellen Strömungen beziehen ihre Grund-motivation gerade aus der Kritik an dem menschlichen Ich-Konzept, das hier auch in Frage steht. Die Perversion erfolgt erst in der Ausgestaltung der religiösen Praktiken, in welcher die ursprüngliche klärende Ausrichtung durch einen machterhaltenden Ansatz ersetzt wird. Sie mögen selbst beurteilen, ob zum Beispiel in den heute weit verbreiteten Yoga-Kursen tatsächlich die menschliche Fehlauffassung vom getrennten Ich thematisiert oder durch Übungen zur Selbst- und Achtsamkeitskontrolle der Eindruck vom getrennten Ich eher gestärkt wird.

Ich – wer ist das?

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