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4 Wie die TM funktioniert

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„Ich will zu ihr hingehen und mich vorstellen“, sagte Alice, denn so interessant es auch bei den Blumen war, sich mit einer echten Königin zu unterhalten, erschien ihr doch wesentlich attraktiver. „Wenn Du einfach darauf losgehst, wirst du kein Glück haben“, sagte die Rose; „ich würde dir eher raten, in die umgekehrte Richtung zu gehen.“ Das fand Alice unsinnig, aber sie sagte nichts. Stattdessen begann sie direkt auf die Königin zuzugehen. Zu ihrer Überraschung verlor sie ihr Ziel sogleich aus den Augen, und schon war sie wieder dabei, in die eigene Haustür einzutreten. Etwas gereizt wich sie zurück und hielt nach der Königin Ausschau. Schließlich entdeckte sie sie in weiter Ferne und beschloss, es diesmal mit dem Ratschlag der Rose zu versuchen und genau in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Das klappte hervorragend. Sie war noch keine Minute gelaufen, da stand sie auch schon vor der Königin. Auch der Hügel, den sie schon seit langer Zeit erreichen wollte, lag direkt vor ihr.

Lewis Carroll: Alice hinter den Spiegeln

Ähnlich ist es in der Meditation. Ein weit verbreiteter Fehler besteht darin, sich zu bemühen, den Zustand reinen Bewusstseins zu erfahren. Diese Absicht erzeugt meist genau das Gegenteil. Wie Alice kehrt man, anstatt sein Ziel zu erreichen, immer wieder zum Ausgangspunkt zurück. Erst wenn man loslässt und nicht krampfhaft versucht zu meditieren, entwickelt der Prozess seine eigene Dynamik, und das angestrebte Ziel rückt in greifbare Nähe.

Die Vorstellung, dass das Denken kontrolliert werden muss, bevor der Geist Stille erfahren kann, beruht auf einem falschen Verständnis der geistigen Prozesse. Wir alle machen die Erfahrung, dass unser Geist ständig von einem Gedanken zum nächsten wandert. Nur selten gelingt es, längere Zeit bei einem einzigen Gedanken zu verweilen oder innerlich vollkommen still zu werden. Permanent steigen neue Gedanken und Bilder in unserem Bewusstsein auf.

So entstand die Vorstellung, dass es die Natur des Geistes ist, zu wandern. Und diese falsche Annahme ließ uns glauben, dass wir den Geist ruhig stellen, ja ihn sogar kontrollieren müssen, damit er nicht ständig wieder seinen natürlichen Neigungen folgt.

Die indischen Schriften vergleichen den Geist mit einem Affen, der ständig von Ast zu Ast springt. Affen, so sagt man dort, seien von Natur aus unruhige Tiere. Die einzige Möglichkeit, sie zu beruhigen, bestehe darin, sie festzubinden.

Mit unserem Denken ist es offensichtlich nicht viel anders. Wer den wandernden Geist „zähmen“ möchte, muss ihn festbinden. Ja, unser Geist scheint es regelrecht zu lieben, von einem Erfahrungsobjekt zum nächsten zu wandern. Und so ist es gar nicht einfach und erfordert große Anstrengung, ihn ruhig zu stellen.

Aus diesem Verständnis heraus wurden viele Übungen entwickelt, deren Ziel es ist, den Geist zu kontrollieren. Einige zielen darauf ab, die gesamte Aufmerksamkeit auf einen speziellen Gedanken zu richten; andere versuchen, den Geist von jeglichen Gedanken zu befreien. Doch alle gehen davon aus, dass Anstrengung und Disziplin nötig sind, um Erfolge zu erzielen.

Ist der Gedanke oder das Bild, mit dem der Geist sich gerade beschäftigt, nicht sonderlich anziehend oder interessant, wird der Geist bald müde und beginnt wieder auf Wanderschaft zu gehen. Er ist immer auf der Suche nach schöneren und angenehmeren Erfahrungen. Dies scheint zu beweisen, dass eine strenge geistige Disziplin Voraussetzung ist, um den Geist auf einen bestimmten Gedanken auszurichten. Man beginnt mit anstrengenden Konzentrationsübungen, und siehe da, es geht tatsächlich nicht leicht! Aufgrund dieser Erfahrung merkt man gar nicht, dass man eigentlich einen großen Fehler begeht. Die zugrundeliegende Prämisse, dass es in der Natur des Geistes liegt, herumzuwandern – ist falsch.

Jeder erfahrene Affenjäger weiß, dass Affen aus einem bestimmten Grund von Ast zu Ast springen: sie suchen etwas – wahrscheinlich Nahrung. Für einen guten Jäger ist es daher reine Zeitverschwendung, den Affen von einem Baum zum nächsten zu jagen. Es ist weitaus simpler und zeitsparender, einen Stapel Bananen am Fuße eines Baumes zu platzieren und schon werden die Affen angelockt. Man muss sich nur ihre inneren Bedürfnisse zu Nutze machen, und schon kann man sie auch ohne große Anstrengung, Kontrolle oder Fesseln zur Ruhe bringen.

Ähnlich verhält es sich mit unserem Denken. Es ist nicht die grundlegende Natur des Geistes, ständig zu wandern. Was er in Wahrheit sucht, ist die Erfahrung größeren Glücks. Er glaubt, durch den permanenten Wechsel der Aufmerksamkeit einen Ort größerer Befriedigung zu finden und ist nur deshalb ständig auf Wanderschaft, weil in der Außenwelt nichts ihm wirkliche Zufriedenheit schenken kann.

Ähnlich wie bei den Affen gibt es auch hier eine einfache und schnelle Lösung: Man muss dem Geist erlauben, seine Quelle vollkommenen Glücks zu entdecken, die tief im Inneren verborgen liegt. Hier sind weder Kontrolle noch Anstrengung nötig, um ihn festzuhalten, hier kommt er spontan und ganz natürlich zur Ruhe.

Der direkte Weg

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