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Die Technik der Nicht-Technik

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Die Technik der Transzendentalen Meditation besteht im Wesentlichen darin, den richtigen Anfangspunkt zu finden. Danach wendet sich unsere Aufmerksamkeit spontan nach innen, um einen Gedanken in tieferen oder früheren Stadien seiner Entwicklung zu erfahren. Geist und Körper kommen natürlich zur Ruhe. Und dies erlaubt es der Aufmerksamkeit, die von den stilleren Ebenen des Denkens angezogen wird, immer weiter nach innen zu gehen, immer weiter, immer weiter. Man muss nur die richtigen Ausgangsbedingungen schaffen, damit sich die Aufmerksamkeit ohne Anstrengung nach innen wenden kann – und dann loslassen! Alles weitere geschieht genauso sicher und natürlich wie ein Apfel vom Baum fällt.

Maharishi sieht hier eine Parallele zum Prinzip der kleinsten Wirkung in der Physik: Die physikalische Größe „Wirkung“ ist das Produkt aus Energie und Zeit (oder Impuls und zurückgelegter Distanz) und somit ein Maß für den Wirkungsaufwand bei jeder physikalischen Reaktion. Das Prinzip der kleinsten Wirkung gilt für jede Veränderung in der physikalischen Welt. Es besagt, dass die Natur immer denjenigen von vielen möglichen Wegen beschreitet, der den geringsten Wirkungsaufwand erfordert. Das bestimmt z.B. den Weg eines geworfenen Balles, das einen Magneten umgebende Feld und den Weg, den das Licht nimmt, wenn es von unterschiedlichen Medien gebrochen wird. Es ist die Grundlage der gesamten klassischen Mechanik. Alle Veränderungen in der Physik laufen nach dem Prinzip der kleinsten Wirkung ab. Daher kann man anhand der Ausgangsbedingungen eines physikalischen Systems und der damit verbundenen Beschränkungen alle seine zukünftigen Zustände vorhersagen.

Maharishi geht davon aus, dass sich das Prinzip der kleinsten Wirkung nicht allein auf die physische Welt beschränkt, sondern auch auf geistige Prozesse anwendbar ist. Weil diese Aussage im Augenblick noch nicht vollständig verifiziert werden kann – wir verfügen noch nicht über eine zuverlässige Möglichkeit, „geistige Energie“ zu messen – beschränke ich mich hier auf die qualitative Analyse dieser These.

Ich persönlich kann gut nachvollziehen, warum Maharishi dieses grundlegende physikalische Prinzip auch auf die Vorgänge während der Transzendentalen Meditation überträgt. Für den Meditationsprozess bedeutet es, dass wir eigentlich nur richtig beginnen müssen. Dann wird unser Geist nicht nur automatisch in den stilleren Ebenen des Denkens zur Ruhe kommen, sondern dies auch auf die effektivste Weise tun. Haben wir den Prozess richtig begonnen, gibt es keine Möglichkeit, ihn zu beschleunigen. Der Vorgang ist genauso natürlich vorbestimmt wie der Weg, den wir zurücklegen, wenn wir kopfüber ins Wasser springen.

Und noch ein Punkt: Für die Wirksamkeit der Transzendentalen Meditation ist es unerheblich, ob Sie daran glauben oder nicht. Sie müssen den Meditationsvorgang nur richtig beginnen und dann möglichst wenig eingreifen. Die Suche nach mehr Glück wird den Geist – wie durch geistige Gravitation – nach innen führen, auch ohne dass Sie daran glauben.

Selbst wenn dies paradox klingt: Je weniger Sie daran glauben, desto besser funktioniert die Meditation.

Diejenigen, die von der Transzendentalen Meditation atemberaubende Erfahrungen und sofortige Veränderungen in ihrem Leben erwarten, neigen oftmals dazu, ihre Meditation zu beobachten und zu analysieren. Ihnen fehlt die Unbefangenheit, die für die Meditation so entscheidend ist. Wenig zu erwarten oder eine eher skeptische Grundhaltung sind hier der schnellere Weg.

Mit anderen Worten: Transzendentale Meditation ist weniger ein „Tun“ als vielmehr ein „Nicht-Tun“. In diesem Sinne erinnert sie an die östlichen Konzepte des „weglosen Weges“ oder des „pfadlosen Pfades“. Maharishi schließt sich hier den Lehren aus Ost und West an, die all diejenigen Meditationstechniken ablehnen, die „Arbeit“ oder „aktives Eingreifen” voraussetzen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass man in der Transzendentalen Meditation überhaupt nichts tut. Der Unterschied zwischen müheloser Meditation und „Nichtstun“ ist sehr subtil, dafür aber umso wichtiger.

In Kapitel 3 habe ich bereits von meiner Erfahrung berichtet, dass Menschen, die sich beklagen, dass die Meditation in ihrem Fall nicht wirke, sich meist zu sehr angestrengt oder konzentriert haben. Andererseits habe ich auch schon Kursteilnehmer gehabt, die es zu leicht genommen haben. Als sie hörten, wie mühelos die TM funktioniert, haben sie sich lediglich zweimal täglich hingesetzt, um ihren Gedanken und Tagträumen nachzugehen. Das ist dann natürlich nicht die Transzendentale Meditation und bringt auch nicht dieselben Wirkungen.

Wieder andere Menschen stehen der TM eher skeptisch gegenüber, gerade weil sie eine Technik oder systematische Methode ist.

Erleuchtung, so meinen sie, ist das Wissen vom eigenen Selbst und kann nicht mechanisch, d.h. durch eine Technik erfahren werden. In gewisser Hinsicht ist dies sogar richtig: Erleuchtung beinhaltet immer das Wissen um unser wahres Selbst. Dies heißt jedoch nicht, dass jeder auch den Weg zur Erleuchtung für sich selbst entdecken muss. Das würde nämlich bedeuten, dass wir nicht aus den Erfahrungen anderer Menschen lernen dürften. Hätten wir in der Vergangenheit nach diesem Grundsatz gelebt, würden die meisten von uns immer noch in Höhlen sitzen und darüber nachdenken, wie man Feuer macht.

Es ist Maharishis Verdienst, dass er allen Menschen einen Weg eröffnet hat, wie sie den Zustand tiefer geistiger und körperlicher Ruhe systematisch erreichen können. Dies macht die Transzendentale Meditation so einzigartig.

Hier gelangen wir zur vollständigen Stille und Nichtaktivität, indem wir etwas tun. Allerdings ist dieses Tun so angelegt, dass es aus sich selbst heraus immer weniger wird, bis es sich schließlich selber aufgibt. Es ist genau diese Fähigkeit der TM, sich selbst zu transzendieren, die sie so effektiv macht. Denn nur eine solche Technik, die sich letztlich selbst auflöst und dabei gleichzeitig auch jede geistige Aktivität zur Ruhe kommen lässt, kann den Geist in einen Bereich führen, in dem er nur noch er selbst ist – vollständig ruhig und entspannt.

Nach dieser Definition wird jede Meditationstechnik, die während des gesamten Prozesses völlig anstrengungslos verläuft, und sich letztlich sogar selbst transzendiert (loslässt und die Ebene des Denkens überschreitet), eine Form von Transzendentaler Meditation sein. Ob wir dies nun Transzendentale Meditation nennen oder nicht, ist letztendlich unwesentlich.

Der direkte Weg

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