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e) Irrelevante Umstände

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Während nach dem oben Gesagten die persönliche Abhängigkeit für die Arbeitnehmereigenschaft zentral ist, ist die wirtschaftliche Abhängigkeit insoweit irrelevant, sie ist weder notwendige noch hinreichende Bedingung hierfür. Dementsprechend kann auch ein Multimillionär Arbeitnehmer sein. Umgekehrt ist jemand, der frei darüber entscheidet, wann, wo und wie er arbeitet, mangels persönlicher Abhängigkeit selbst dann nicht Arbeitnehmer, wenn er wirtschaftlich völlig von nur einem „Auftraggeber“ abhängig ist (allerdings handelt es sich dann i.d.R. um eine arbeitnehmerähnliche Person, s. dazu Rn. 43 ff.).

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Grundsätzlich ebenfalls keine Bedeutung für die Arbeitnehmereigenschaft hat der zeitliche Umfang, in dem Arbeitsleistungen versprochen werden. Denn neben dem „Normalarbeitsverhältnis“ mit ca. 38,5-40 Wochenarbeitsstunden sind auch Teilzeitarbeitsverhältnisse möglich (Rn. 602 ff.). Eine Ausnahme ist allerdings zu machen, wenn nur eine einzelne bestimmte, abgrenzbare Dienstleistung geschuldet ist.[22] Denn nur dann, wenn die Erbringung von im Voraus nicht abgrenzbaren Einzelleistungen versprochen wird, wird bei der konkreten Ausführung des Vertrages das Weisungsrecht des Arbeitgebers relevant mit der Folge, dass angesichts der Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers eine persönliche Abhängigkeit besteht.[23]

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Auch durch „geschickte“ Absprachen über Höhe, Berechnung und Auszahlung des Arbeitsentgelts kann die Arbeitnehmereigenschaft nicht ausgeschlossen werden. So ist z.B. bei persönlich abhängiger Tätigkeit auch derjenige Arbeitnehmer, der einen leistungsbezogenen Lohn (Rn. 369) erhält oder wer nur einem „450-€-Job“ nachgeht.[24] Irrelevant ist schließlich, ob der zur Dienstleistung Verpflichtete eine Berufsausbildung für die konkrete Tätigkeit durchlaufen hat.

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Wenn A in Fall 1 wissen möchte, ob er – die übrigen Voraussetzungen unterstellt – Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus § 3 EFZG hat, so hängt das davon ab, ob er Arbeitnehmer ist (vgl. § 1 II EFZG). Unproblematisch wird er auf Basis eines privatrechtlichen Vertrages (Rn. 20) für einen anderen tätig (Rn. 25); dass er keine Berufsausbildung durchlaufen hat, steht dem nicht entgegen (Rn. 36). Er schuldet auch eine Dienstleistung und nicht – wie ein Werkunternehmer – einen Erfolg, was sich schon daran zeigt, dass seine Vergütung nicht erfolgsabhängig ist (Rn. 24). Fraglich ist allein, ob er auch persönlich abhängig tätig ist. Dem steht weder entgegen, dass er nicht wirtschaftlich von S abhängig ist („Millionenerbe“, Rn. 34), noch, dass er im Vertrag als „freier Mitarbeiter“ bezeichnet wird (Rn. 32). Entscheidend ist vielmehr, ob er bei der tatsächlichen Vertragsdurchführung im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung (§ 611a I 5, 6 BGB) weisungsabhängig tätig wird und dabei, wenigstens ein Stück weit, in die Arbeitsorganisation von U eingebunden ist. Dagegen spricht, dass er frei über Arbeitszeit und -ort entscheiden kann; andererseits ist nicht zu übersehen, dass jedenfalls die erste dieser Freiheiten stark durch den engen zeitlichen Rahmen von ca. 3-5 Tagen eingeschränkt wird (Rn. 28). Überdies unterliegt er in fachlicher Hinsicht einem Weisungsrecht der U, werden ihm doch Ziel und ungefähre Ausführung des Auftrags vorgegeben, wobei er Fortschritte/Probleme einem Vorgesetzten zu melden hat. Letzteres begründet zudem ebenso eine gewisse Eingliederung in die Arbeitsorganisation der U wie die Notwendigkeit, deren Software zu nutzen (Rn. 29 f.). Es spricht daher mehr dafür, dass A persönlich abhängig tätig ist. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass U in der Vergangenheit A keinen Erholungsurlaub gewährte und für ihn auch keine Sozialversicherungsbeiträge oder Einkommensteuer abführte (Rn. 33). Auch dass A nur in Teilzeit tätig wird, steht der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen, da er jedenfalls nicht nur eine bei Vertragsschluss schon klar abgrenzbare Einzelleistung schuldete (Rn. 35). A ist daher richtigerweise Arbeitnehmer und unterfällt daher dem Kreis der nach § 3 EFZG Anspruchsberechtigten.

§ 2 Arbeitnehmerbegriff und andere Begriffe › A. Grundlagen und Arbeitnehmerbegriff › III. Prozessuale Klärung der Arbeitnehmereigenschaft

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