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1. Kollision von Normen unterschiedlicher Stufen

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Die Normenpyramide in Rn. 76 stellt die Rechtsquellen i.S.e. Rangverhältnisses dar, wobei der übergeordneten Rechtsquelle grundsätzlich Vorrang v.a. untergeordneten zukommt („Ober sticht Unter“, Hierarchieprinzip). Da Arbeitsrecht in weiten Teilen Arbeitnehmerschutzrecht ist, sind die übergeordneten Rechtsquellen also in der Regel zwingend, können mithin nicht durch eine untergeordnete Rechtsquelle abbedungen werden, drohte doch sonst der Arbeitnehmerschutz ausgehebelt zu werden. Das ergibt sich z.T. explizit aus dem Gesetz selbst (z.B. § 12 EFZG), im Übrigen folgt es aus dem soeben ausgeführten Gedanken.

Beispiel:

Die Vorschriften des KSchG sind zwingend, sie können also insb. nicht durch Arbeitsvertrag für auf das konkrete Arbeitsverhältnis unanwendbar erklärt werden. Gleiches gilt bspw. weitgehend auch für das BUrlG oder das TzBfG.

Gegenbeispiele:

In einer Reihe von Fällen werden gesetzliche Regelungen durch Tarifvertrag auch zulasten der Arbeitnehmer für abdingbar erklärt, so z.B. bei §§ 622 IV BGB, 13 I EFZG.

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Aus der Konzeption als Arbeitnehmerschutzrecht folgt zugleich aber, dass die übergeordnete Rechtsquelle nur Mindestbedingungen für den Arbeitnehmer setzen soll und folglich in der Regel nicht entgegensteht, dass auf einer untergeordneten Ebene eine für den Arbeitnehmer günstigere Abrede getroffen wird. Arbeitsrechtliche Rechtsquellen sind deshalb meist insoweit nur einseitig-zwingend, als sie eine Abänderung zwar zulasten des Arbeitnehmers, nicht aber zu seinen Gunsten verbieten (z.B. Vereinbarung eines über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs). Für das Verhältnis von Tarifvertrag zu z.B. Arbeitsvertrag ist dies im Gesetz explizit niedergelegt (§ 4 III Alt. 2 TVG – „Günstigkeitsprinzip“, s. Rn. 99), im Übrigen folgt es per Auslegung der Norm aus der Gesamtkonzeption des Arbeitsrechts. Von diesem Grundsatz existieren allerdings Ausnahmen in beide Richtungen:

Einige wenige Regelungen sind beidseitig zwingend, können also auch nicht zugunsten des Arbeitnehmers geändert werden (insb. §§ 623, 626 BGB).
An einigen Stellen erlaubt es das Gesetz durch sog. Tariföffnungsklauseln den Tarifvertragsparteien, auch zulasten des Arbeitnehmers abzuweichen (sog. tarifdispositives Gesetzesrecht, z.B. §§ 622 IV 1 BGB, 13 I 1, II 1 BUrlG). Existiert ein solcher Tarifvertrag, so können in seinem Geltungsbereich auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Anwendung der abweichenden Vorschrift vereinbaren (z.B. §§ 622 IV 2 BGB, 13 I 2, II 2 BUrlG).
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