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Bauernopfer

So gut wie ich hätten sie`s auch gern, Autohalle, Wohnung, alle zwei Wochen mal Rasen mähen, n`kleinen Bruder, fertig. Jörg und Jochen, die zwei „unähnlichsten Zwillinge Nordeuropas“, stützen sich auf ihre Schaufeln und schauen missmutig zu mir rüber, mindestens eine Stunde brauchen sie noch zum Umgraben, ich kann ja drinnen so lange warten und ein bisschen lesen, Kartoffeln werden sie ab sofort nicht mehr essen, das hat der Tyrann dann davon. Der Tyrann ist Ringleiter und ihr Vater und weil der sich aus beruflichen Gründen nicht um Boxkämpfe, sondern um die Bauern in der Gegend kümmert, müssen sie hier landwirtschaftliche Fronarbeit verrichten, das wird demnächst noch weitere Konsequenzen haben, mit den Kartoffeln, das ist erst der Anfang.

Metalldoppelstockbett mit Stahlfedern, ein Schrank, ein Schreibtisch, ein Stuhl, für mehr ist in ihrem kleinen Zimmer kein Platz. Oben auf Jörg`s Bett das „Scheiß-Drecksding“, seine Rückenformende Gipsschale, unter`m Bett, zum hervorziehen, Jochen`s Stadion, anfassen streng verboten. Weiß gekreideter grüner Stoff, auf Holzplatte gespannt, durchnummerierte Halmasteine in verschiedensten Farben, eine kleine schwarzweiß gefleckte Murmel und selbst gebaute Tore mit echtem Apfelsinen-Netz. Hier lässt Jochen spannende Bundesliga- oder Europapokalpartien detailgetreu und mit eigenem Reporterkommentar wiederauferstehen, die passende Atmosphäre der meist Sechzigtausend, wird von ihm mit flüsternd-hauchender Stimme natürlich auch selbst erzeugt.

Nach einer Dreiviertelstunde mit Asterix und Obelix, stürmen die zwei „Totengräber“ herein, extra Gas gegeben und ein bisschen geschummelt haben sie, das hat der alte Schinder jetzt davon, eben Ball aufpumpen, Hände waschen und dann los, an der Haustür erwischt mich ihre Mutter doch noch. Dieses Mal kann ich sie aber beruhigen, vorgestern war es soweit, selbstverständlich geht es meiner Mutter gut, sie kommt ja heute Abend schon wieder nach Hause, ich habe noch einen kleinen Bruder bekommen, den Namen kennen wir noch nicht und meine Oma hilft bestimmt, die Glückwünsche vergesse ich garantiert nicht, endlich kommen wir los.

Fast eine Stunde haben wir verloren, schnell zwei Jacken als Torpfosten, Eins gegen Eins und Einer im Tor, Keeper ist gleichzeitig auch Schiedsrichter und Treckermelder und tatsächlich, nach nur zehn Minuten Spielzeit, müssen wir wegen Treckeralarm blitzschnell im matschigen Graben „volle Deckung“ suchen, Bauer Rothermund mag keinen Fußball auf seinen Wiesen, Nervenaufreibend langsam patrouilliert er an uns vorbei. Knapp fünfzehn Minuten später folgt schon der nächste Alarm, das hat mit Fußball nicht mehr viel zu tun, Matsch in Schuhen und Unterhose, so wird das nie was, der Bau des Stubbe-Stadions wird noch im Grabeninneren beschlossen. Als es dann, wie fast immer beim brisanten Zwillingsderby, zwischen „du stellst dich an wie`n Mädchen“ Jörg und „du bist genau so`n Arsch wie der Alte“ Jochen, hart an die Grenzen des Erlaubten geht und dazu dem altersschwachen Wembley-Ball wiederholt die Luft wegbleibt, kommt es zum endgültigen Spielabbruch.

Mama ist wegen ihrer Umstände doppelt so wütend wie sonst, sie ist von mir zwar einiges gewohnt, doch damit hätte sie grad` heute, nach unserem schönen Frühstück, im Leben nicht gerechnet. Was sollen bloß die Nachbarn denken und was heißt eigentlich sie schläft den ganzen Tag und den Blumentopf darf ich deswegen aber ganz schnell sofort zu Jochen und Jörg`s Mutter zurückbringen, die im Übrigen nur sehr nett nervt. Zwei Wochen Fernsehverbot, kein Käpt`n Nuss, keine Manta-Probefahrt und den Ball zum Geburtstag bringt sie garantiert wieder zurück, wenn Papa nachher vom schweren Autoverkaufen nach Hause kommt.

Und weil ich ja wohl von allen guten Geistern verlassen bin, kann ich mich darauf schon mal freuen, denn bei so was weiss sie auch nicht mehr, wie das noch werden soll.

Jochen und Jörg hätten sich an meiner Stelle nicht bei ihrer Mutter entschuldigt, das geschieht der neugierigen Meckerziege ganz recht, wie ich denn darauf gekommen bin, sowas haben sie mir gar nicht zugetraut. Aber den Garten müssen sie Morgen noch mal umgraben, der Ball ist vorhin sofort vom Despoten persönlich beschlagnahmt worden und beim Stadionbau wird`s, wegen der derzeitigen Kuhplatznutzung, mit Jürgen Stubbe`s Vater wohl Probleme geben, in sechs Jahren werden sie ausziehen.

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