Читать книгу TwinSetMan - Ralph Klostermann - Страница 23

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Vollgas

Noch zehn Minuten. Fünfunddreißig Grad im Schatten, absolute Windstille, die Anspannung ist jetzt fast körperlich spürbar. Monatelang haben wir auf diesen Tag, auf diese Stunde gewartet, gleich wird man sehen ob sich`s gelohnt hat, ob wir an alles gedacht haben und gut genug vorbereitet sind. Damit alle Unwägbarkeiten ausgeschlossen werden können, mache ich einen letzten Kontrollgang, gehe noch einmal Gesicht, Nacken und Arme kühlen und überprüfe die Kleidung. Ein abschließender Blick in den Spiegel, heute werden wir all` unsere Kraft, Ausdauer und Routine brauchen, um bei solch extremen Bedingungen auch dieses Mal erfolgreich bestehen zu können.

Die letzten Sekunden vor dem Start ticken runter, es geht los. Vor Aufregung produzieren wir Zwei fast einen Fehlstart, zeigen dann aber von Beginn an unsere ganze Klasse und arbeiten uns konzentriert Zug um Zug voran, nach nur fünfzehn Sekunden kann Knut schon die zweite Flasche Beck`s Bier öffnen. Bis das Taxi kommt, bleiben uns zwei Stunden Zeit, zu fünfzehn Uhr ist ein Tisch in der Kneipe reserviert, Argentinien gegen Deutschland auf Großbild Leinwand wie im Kino, zur Einstimmung darauf gibt`s alte Fußballvideos mit Knut und mir als Hauptdarstellern und das dritte Bier, wenn wir den Öffner finden, dank Ventilator klebt mein Hemd nur auf dem Rücken. Kaum zu glauben, dass wir das auf dem Bildschirm sind, elegant am Ball und energisch bei den Zweikämpfen, mit langen Haaren und ohne Bauch, Möchtegerntrainer Maradonna ist garantiert viel kleiner und dicker als wir, vor siebzehn Jahren war alles besser, beim fünften Bier habe ich schon etwas Vorsprung.

Die Fahrt im klimatisierten Taxi, lässt den Schmerz über die vier vom Taxifahrer nicht geduldeten, aber völlig sinnlos zurückgelassenen, Bierflaschen kurz vergessen. Von angenehmer Kühle umgeben, kann man endlich wieder ein paar klare Gedanken fassen, so könnte es ewig weitergehen, den sehr spätnächtlichen Heimtourauftrag, werden wir aber wahrscheinlich dennoch leider einem bierfreundlicheren Unternehmen übertragen müssen. Bei Kneipenankunft gibt`s für uns, trotz angedrohtem Auftragsentzug, sinnvolle Taxifahrerausstiegsunterstützung, er würde natürlich auch gern mit uns reinkommen, seine nächsten Tourgäste warten blöderweise seit zehn Minuten am anderen Ende der Stadt, er kuckt sowieso lieber Boxen, wir müssen ihn jetzt wirklich loslassen.

Im Lokal ist die Stimmung schon eine halbe Stunde vor Spielbeginn, mit über vierzig Grad wie in Südafrika, dermaßen aufgeheizt, dass man die Bierhumpen mit beiden Händen greifen muss, Knut`s Kumpels sind im Halbdunkel am reservierten Tisch nur schemenhaft zu erkennen und um alle Spieler auf der fünf Meter Leinwand gleichzeitig sehen zu können, muss der Kopf hin und her gedreht werden, wir haben die besten Plätze, zum Klo geht es neun Schritte geradeaus und dann die erste Tür links. Dort erlebe ich, viel zu dicht von Anderen hüpfenden umringt, den deutschen Führungstreffer, wie ein Orkan braust der Kneipenbeifall durch die Toilettentür, abklatschen wird durch Fäuste recken ersetzt, zurück am Tisch gibt`s gerade frisches für das umgeworfene Bier, mein Humpen war bestimmt eh` bald fast leer.

Nach zwei aufregend durstigen Stunden, ist die Fußball-Welt mehr als in Ordnung, im brütend heißen Halbdunkel entwischen meinen Händen zwar ab und zu ein paar Bierhumpen und es ist immer weniger zu erkennen, aber die Kneipe tobt, wir haben so ca. sechs oder sieben zu Null gewonnen, das ist die endgültige Rache für 86`, den Weg zum Klo würde ich mit geschlossenen Augen finden, jetzt nur noch die Kneipentür suchen und raus zum Autokorso auf die Straße, Knut und ich haben es wieder einmal geschafft.

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