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Pacellis Lösung: ein Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge

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Dieses offene Eingeständnis, seine oberhirtlichen Aufgaben nicht mehr allein bewältigen zu können, sandte Kilian durch Vermittlung der Berliner Nuntiatur nach Rom. Oder vielmehr war dies seine Absicht gewesen, denn faktisch vermittelte der scheidende Berliner Nuntius Pacelli, der sich momentan im Schweizerischen Rorschach aufhielt, das Dokument zunächst nicht an die Kurie weiter. Er hatte andere Pläne, wie die Unterstützung Bischof Kilians aussehen sollte. Weil Kilian selbst geschrieben hatte, dass der Papst für die Notwendigkeiten der Diözese sorgen möge, wie es ihm am besten schien, fühlte sich Pacelli berechtigt,

„zu erwägen, ob es im Hinblick auf die Lage der dortigen Lehranstalt und um etwaigen Schwierigkeiten für die Zukunft vorzubeugen, zweckmäßiger wäre, Seiner Heiligkeit die Ernennung eines Koadjutors mit dem Recht der Nachfolge gemäß Artikel 7146 des Preußischen Konkordates vorzuschlagen“147.

Also keine Bestellung eines Weihbischofs, was nicht mehr als eine provisorische Lösung gewesen wäre, sondern eine definitive Regelung, indem man bereits den künftigen Diözesanbischof als Koadjutor installierte. Ziel dieses Unterfangens sollte es sein, etwaige künftige „Schwierigkeiten“ für die Limburger Priesterausbildungsstätte, die Philosophisch-Theologische Hochschule St. Georgen, zu vermeiden.

Um das zu verstehen, muss man sich vor Augen halten, dass diese Jesuitenanstalt, die 1926 ihren Betrieb aufgenommen hatte, ein ureigenstes Anliegen Pacellis war: eine Institution zu schaffen, die von der Gesellschaft Jesu, dem papst- und romtreuen Orden par excellence, geführt, die „gesunde“ scholastische Philosophie und Theologie lehrte. Sie sollte für Pacelli eine Oase innerhalb der deutschen Landschaft von staatlichen Universitäten mit ihren Katholisch-Theologischen Fakultäten sein, die weithin vor allem positive Theologie mit historischem Schwerpunkt lehrten und der spekulativ-scholastischen Durchdringung des depositum fidei seiner Ansicht nach viel zu wenig Bedeutung beimaßen. Als Nuntius hatte er die Einrichtung der Hochschule nach Kräften gefördert, weil er in ihr den Rückhalt für die deutsche Priesterausbildung sah. Deshalb war sein Interesse an ihrer Entwicklung dementsprechend groß.148 Welche „Schwierigkeiten“ befürchtete Pacelli „für die Zukunft“ von St. Georgen? Gemäß dem genannten Artikel 7 des Preußenkonkordats konnte der Heilige Stuhl einen Koadjutor ernennen – nur eingeschränkt durch die politische Klausel –, ohne dass das Domkapitel dabei zu hören war oder gar ein Wörtchen mitzureden hatte. Rom konnte also durch die Einsetzung eines Koadjutors cum iure successionis viel sicherer einen bestimmten Kandidaten – und das bedeutete eine Person, welche die systematisch-scholastische Ausrichtung von St. Georgen zu fördern bereit war – auf den bischöflichen Stuhl von Limburg bringen, als es im Falle einer „ordentlichen“ Bistumsbesetzung durch Kapitelswahl nach Artikel 6 des Preußenkonkordats möglich war.

Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939

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