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Praktische Hindernisse bei der Umsetzung des Vorhabens und der ‚Widerstand‘ Kilians

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Daher wandte sich der Nuntius an Kilian und erklärte ihm, dass der Papst seinem Wunsch nach Unterstützung bei seinen oberhirtlichen Aufgaben entspreche.186 Den spezifischen Modus dieser Hilfe habe der Heilige Vater mit Blick „auf die besonderen Verhältnisse der Diözese Limburg“187 entschieden, wobei Pacelli verschwieg, dass diese in der Existenz der Jesuitenhochschule bestanden. So

„glaubt der Heilige Vater, dessen weisem Ermessen Euer Bischöflichen Gnaden die Art der Lösung, sowohl nach der sachlichen, als nach der persönlichen Seite, vertrauensvoll ganz überlassen haben, dass für die dortigen Bedürfnisse am besten durch einen Koadjutor mit dem Rechte der Nachfolge (ohne dass dadurch die Verwaltung der Diözese durch Euer Bischöflichen Gnaden berührt wird) gesorgt würde und dass unter den Geistlichen Ihrer Diözese für dieses Amt der Hochwürdige Herr Dr. A[ntonius] Hilfrich, Pfarrer in Wiesbaden, am geeignetsten wäre“188.

Kilian möge deshalb „diesen Vorschlag als Ergebnis reiflicher Überlegung in einer erneuten Eingabe aus eigener Initiative dem Heiligen Stuhl unterbreiten“189 sowie dabei die Gehalts- und Unterbringungsfrage einer Lösung zuführen. Diese Mitteilung des Nuntius ging dem Limburger Bischof, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Herz-Jesu-Klinik in Dernbach in Behandlung befand, über dessen Generalvikar Matthäus Göbel zu.190 Von dort schrieb Kilian zunächst an Pacelli zurück, bevor er das gewünschte Bittgesuch an den Heiligen Stuhl verfasste, und diskutierte die finanzielle und wohnliche Problematik, die sich aus der Ernennung eines Geistlichen ergab, der nicht gleichzeitig Domherr war.191 Gegen Hilfrich habe er – wie bereits das angesprochene, von Kilian selbst verfasste Votum über den Genannten vermuten ließ – überhaupt keine Einwände vorzubringen. Im Gegenteil hätte er ihn selbst vorgeschlagen, wenn sich die Gehalts- und Wohnungsschwierigkeiten nicht stellen würden. Bei Ernennung eines Domkanonikers, der in Limburg nach Kilians Angaben 9.400 Reichsmark bekam, wäre die finanzielle Basis bereits vorhanden. Mit dem Zuschuss von 3.000 bis 4.000 Mark, den er zu zahlen bereit sei, stünde dann eine ausreichende Summe für das Gehalt eines Weihbischofs zur Verfügung. Wenn aber der Grundstock des Domkapitulargehalts wegbreche, weil der Kandidat nicht aus dem Kapitel stamme, sei die Stelle nicht zu finanzieren. Auch eine Erhöhung der Diözesansteuer kam für den Oberhirten nicht ernsthaft in Frage, weil die Abgabe jetzt schon schwer auf vielen Katholiken laste, insbesondere in Städten wie Frankfurt. Die eigene Bistumskasse sei durch die Inflation marode geworden.192 Noch gravierender gestalte sich die Wohnungsangelegenheit. Von seiner eigenen bescheidenen Wohnung könne er keine Räume abtreten, die derzeit leere Regenswohnung sei für einen Bischof zu klein und unpassend, das im Bau befindliche neue Priesterseminar noch nicht fertig und die Anmietung eines anderen Anwesens aufgrund der Wohnungssituation völlig unmöglich.

Man bekommt den Eindruck, dass Kilian von der Idee, einen Koadjutor zu erhalten, nicht begeistert war. Er sprach nach wie vor nur von der Einsetzung eines Weihbischofs und erwähnte die andere Variante mit keinem Wort. Nachdem er diese nach seiner Darstellung schier unlösbaren Hindernisse bei der praktischen Umsetzung des Planes entfaltet hatte, präsentierte er dann ein etwas anders geartetes Lösungsmodell: „Ob man nicht die Sache am besten bis dorthin beruhen lassen soll?“193, das heißt bis zur Fertigstellung des neuen Seminars, die für Ostern 1931 erwartet wurde. Dass diese Verzögerung möglich schien, begründete Kilian mit der Verbesserung seines Herzleidens, die er mit einem beigefügten Attest des behandelnden Arztes belegte. Dort hieß es über den Aufschwung seines Gesundheitszustands: „Es besteht die begründete Aussicht, dass der hochwürdigste Herr in einigen Monaten wieder amtsfähig sein wird und dass er auf Jahre hinaus in vollem Umfange seine bischöflichen Funktionen wieder ausüben kann.“194 Kilian monierte abschließend, dass er wegen des secretum Sancti Officii die ganze Angelegenheit nicht mit Hilfrich und dem Rechnungsreferenten des Bistums195 besprechen könne.

Pacelli ging jedoch weder auf den Vorschlag ein, die Bestellung eines Koadjutors zu verschieben, noch bemerkte er etwas zur beschriebenen Gehalts- und Unterkunftsproblematik. Er erwiderte Kilian am 3. Dezember lediglich, dass sich das angesprochene Geheimnis nur auf seinen Brief vom 17. November erstrecke. Es durfte also zu keinem durchdringen, dass die Initiative zur Einsetzung eines Koadjutors ursprünglich von Rom und nicht von Limburg ausgegangen war.196 Dadurch werde Kilian aber nicht daran gehindert, „von sich aus mit dem durch Ihre Initiative in Aussicht genommenen Kandidaten wie auch mit dem Rechnungsreferenten sachlich die Art zu besprechen, in der Sie die Lösung der Gehaltsfragen anzustreben beabsichtigen“197. Wenn der Limburger Oberhirte also geglaubt hatte, durch seine Darstellung den Nuntius zu dem Zugeständnis zu bewegen, dass man die Sache anders angehen könnte, sah er sich getäuscht.

Nach vier weiteren Wochen, am 3. Januar 1930, schrieb Kilian wie gefordert an den Papst, aber eine Lösung des Problems hatte er immer noch nicht gefunden.198 Dementsprechend legte er dem Pontifex genauso wie zuvor dem Nuntius die Komplexität der Situation dar. Auch eine Unterredung mit Generalvikar und Domdekan Göbel habe keine Fortschritte gebracht. Die beste Variante sei – so Kilian –, wenn die preußische Regierung sich bereit erkläre, für die Kosten aufzukommen. In gewisser Weise akzeptierte Kilian jetzt, dass ihm ein Koadjutor beigegeben werden sollte, denn er sprach anders als zuvor stets von der „Ernennung eines Weihbischofs oder Koadjutors“. Darüber hinaus stellte er die Entscheidung darüber noch einmal expressis verbis dem Papst anheim. Dennoch aber sah er keine Möglichkeit, die praktischen Fragen zu bewältigen und bat Pius XI. daher ebenso wie zuvor den Nuntius, die Sache zunächst auf sich beruhen zu lassen. Weil er sich zudem auf dem Weg der Besserung befinde, bestehe die Hoffnung, dass er seinen bischöflichen Amtspflichten bald wieder nachkommen könne.

Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939

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