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Handlungsrahmen und Akteure

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Unser Entscheidungs- und Handlungsrahmen ist dabei immer abhängig von der gesellschaftlichen Struktur, der Governance und den darin möglichen Entscheidungsprozessen bzw. dem Grad der Partizipation. Wer hält die Macht in Händen? In welchem Gesellschafts- und Rechtssystem findet dies statt? Vor welchem kulturellen Hintergrund?

Menschliche Unternehmungen beziehen sich letztlich auf die Nutzung von Ressourcen. Neben den klassischen Rohstoffen sind es in ihrer Grundform Boden, Wasser, Land und die Lebewelt, die in Produktionsprozesse und Verwertungsketten eingebunden sind. Am Ende stehen Rest- und Abfallstoffe, die entsorgt oder in sinnvoller Weise wieder in die Produktionsprozesse integriert werden sollten. Der Globale Wandel kann daher als Ausdruck unserer Grundbedürfnisse wie Ernährung, Gesundheit, Bildung, Sicherheit, Mitbestimmung und Mobilität gesehen werden.

Gesteuert werden Gesellschaftssysteme von den unterschiedlichsten Akteuren. Sie lassen sich auf diversen Ebenen identifizieren, von Pionieren und Haushalts- und Familienverbänden über einflussreiche Gruppen mit entsprechender regionaler oder nationaler Macht bis hin zu supranationalen Gremien. Als entscheidende Akteure in partizipativen Systemen gelten Gewerkschaften, Industrie- und Arbeitgeberverbände, Sozialeinrichtungen oder Bürgerinitiativen – mit jeweils spezifischen Werthaltungen. Ausgestattet mit Macht- und Einflussstrukturen sowie Handlungsoptionen unterschiedlicher Reichweite stimulieren sie verschiedenartige Entwicklungen und definieren Regularien. Während viele der genannten Akteure Impulse „von unten“ setzen, also bottom-up agieren, wirken andere von oben, legen top-down Handlungsspielräume fest. Zusammenfassend können sie als Governance-Strukturen verstanden werden, die ein hierarchisches Netzwerk aus Meinungen, Werthaltungen, Gesetzen und Regularien bilden sowie Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse definieren. Besonderes Augenmerkliegt daher auf den Interaktionsmustern zwischen diesen Ebenen und ihren Aushandlungsprozessen sowie dem institutionellen Rahmen, in dem sie stattfinden. Die Vermittlung zwischen diesen Ebenen leitet über zur Frage der Kommunikations- und Informationsstruktur, die sich als immer bedeutsamer in modernen Zivilgesellschaften demokratischen Zuschnitts erweist. Ein zentraler Begriff ist dabei die Partizipation ■ 1.2.


1.2 Machtvolle Inszenierungen bestimmen. Von oben: Vom Forum Romanum in Rom, dem Reichstag in Berlin und der Konzernzentrale von ThyssenKrupp in Essen gingen bzw. gehen Entscheidungen von globaler Tragweite aus bzw. wurden Prozesse angestoßen, die bis heute nachwirken.

Zu den Besonderheiten der heutigen Zeit zählt, dass jeder Einzelne als Konsument bewusst oder unbewusst den Globalen Wandel mitverantwortet. So hat eine Jeans bis zu ihrem Einkauf einen beeindruckenden globalen Pfad hinter sich gelassen, der die Entdeckerreisen eines Vasco da Gama, Magellan oder Kolumbus verblassen lässt: Baumwolle aus Indien, Produktion in Bangladesch, Design und Marketing in den USA und schlussendlich der Verkauf in Deutschland. Der kurze Weg über die Ladentheke kaschiert diesen massiven ökologischen und sozialen Fingerabdruck. Und was als virtuelle Wasserbilanz an jeder spanischen Melone haftet, ist mittlerweile bekannt. Es mag für Globalisierungsbefürworter Ausdruck einer vollendeten Weltwirtschaft sein, allein eine wirkliche Notwendigkeit besteht dazu nicht. Ganz im Gegenteil – die Belastungsgrenzen der Ressourcen Boden, Wasser, Land und Luft sind vielerorts schon erreicht, ihre Verfügbarkeit definitiv endlich, während die vielgepriesenen monetären Spiele und Finanzprodukte beliebig vermehrt und verschlankt werden können. Regionales Bewusstsein und regionale Verantwortung beginnen mit dem Einkaufsverhalten. Den meisten ist dies bewusst, allein es wird zu wenig in konsequentes Handeln umgesetzt ■ 1.3.


1.3 Proteste, Mitsprache und Bewegung von unten dokumentieren sich heute global in verschiedensten Formen: Mitglieder der indigenen Mapuche protestieren in Santiago de Chile gegen den Genozid an ihrem Volk (links). ■ Aufruf zur Schließung aller Atomkraftwerke in Turku, Finnland, unter Hinweis auf Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima (rechts).

Das Naturpotenzial ist die Basis unserer Grundversorgung und unserer Gestaltungsmöglichkeiten. Andererseits scheinen sich durch das „Humanpotenzial“ die Naturpotenziale häufig zu relativieren. Wer über Kapital verfügt, kann sich auch knappe Rohstoffe besorgen oder über aufwendige Entsalzungsanlagen sauberes Trinkwasser herstellen lassen – zumindest bis zu einem gewissen Grad. Dabei sollte klar sein, dass das ökologische Erdsystem absolute Grenzwerte und „Kippschalter“ kennt, ab denen eine weitere Nutzung und Inanspruchnahme nicht mehr möglich sind.

Die menschlichen Eingriffe haben zu vielfältigen negativen Einflüssen geführt, die konkret benannt werden können. Sie gelten als die zentralen Themen des Globalen Wandels: Klimaänderung, Ozonloch, Verlust an Biodiversität, Landdegradation und Desertifikation, invasive Arten, die Änderung der Stoffbilanzen etc. Zur Bilanzierung solch komplexer Vorgänge existiert mittlerweile ein breites Bündel von Indikatoren wie der ökologische Rucksack, der ökologische Fußabdruck oder der Living Planet Index, der auf einzelne Störungsgrade Bezug nimmt bzw. didaktisch-konzeptionell auf Ungleichheiten hinweist. Auch in den Millennium Development Goals4 und im Human Development Index5 spielen diese zumindest indirekt mit eine Rolle.

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