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Neolithische Revolution und Donauzivilisation

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Warum die Menschen sesshaft wurden, wird heute verschieden erklärt.39 Ein Faktum ist, dass die Sesshaftwerdung mit der Einführung von Agrar- und Viehwirtschaft gegenüber dem Sammeln und Jagen eine deutlich sicherere Nahrungsversorgung zuließ. Jared Diamond stellte die These auf, dass in der Entwicklung der Menschheit die signifikanten Unterschiede in der naturräumlichen Ausstattung der Kontinente zu unterschiedlichen Startbedingungen und in Folge dessen zur weltweiten Dominanz „eurasischer“ Kulturen geführt haben.40 Dies ist eine sicher diskussionswürdige, weil strikt naturdeterministische Sichtweise, aber doch ein Umstand, der in der weiteren Diskussion noch eine Rolle spielen wird.

Die neolithische Revolution setzte erste Maßstäbe in puncto Entwaldung und Bodenerosion, wenn auch lokal begrenzt und nach Aufgabe der Flächen „heilbar“. Zudem konnten die Menschen im Sinne einer Rotationsbewirtschaftung „verbrauchte“ Landschaften verlassen, weil ausreichend räumliche Alternativen existierten. Die „Erfindung des Ackerbaus“ war ein Schlüsselmoment der Menschheit mit allen Konsequenzen hinsichtlich Vorratshaltung, Arbeitsteilung, gesellschaftlicher Ausdifferenzierung, aber eben auch ein erster Schritt in Richtung Landschaftsdegradation. Mit der neolithischen Revolution setzte auch die biologische Invasion ein. Die heute als heimisch deklarierten Neuankömmlinge dieser Zeit werden als Archäophyten bzw. Archäozoen41 bezeichnet ■ 1.21.


1.21 Pfahlbauten in Unteruhldingen am Bodensee.

Für Europa scheint die erst in jüngster Zeit entdeckte Donauzivilisation eine entscheidende Rolle gespielt zu haben. Sie existierte von etwa 5000 bis 3500 v. Chr. und vermittelt ein facettenreiches Gefüge aus Klima- und Landschaftswandel, Migration und Austausch, Innovation, Diffusion und Überprägung, multikulturellem Mix und dem fast schon unvermeidlichen kulturellen Aufstieg und Niedergang. Zu den Erfolgsgeschichten dieses Alteuropa zählen Großsiedlungen, die als bedeutender eingeschätzt werden als die bekannten Vertreter in Mesopotamien und weitaus früher entstanden als die Agglomerationen der Antike wie Athen oder Rom.42

Die Klima- und Umweltbezogenheit der Donauzivilisation erschließt sich über die Klimaveränderungen und markante Klimaumbrüche, die sich indirekt über Vegetationsveränderungen auswirken. Um 6700 v. Chr. fand die prähistorische Megakatastrophe statt, der sudden infill, der Einbruch des Schwarzen Meeres43 – ein Ereignis, das sehr wahrscheinlich nicht nur zahlreiche Sintflut-Mythologien beförderte, sondern v.a. auch regionalklimatisch wirkte. Ein markanter Klimasturz um 6200 v. Chr. findet eine auffällige Übereinstimmung in der Stagnation der Siedlungsaktivität, während durch eine Trockenperiode in Anatolien zwischen 6000 und 5500 v. Chr. die ehemaligen Kern- und Quellgebiete aufgegeben wurden – Voraussetzung für den Migrationsschub in Richtung Mitteleuropa. Um 5800 v. Chr. setzte eine schnelle und durchgreifende Klimaerwärmung erneut Akzente. Diese Umweltaspekte sollen keinen Rückgriff auf rein naturdeterministische Sichtweisen befördern; sie stellen jedoch zweifellos ein wichtiges Regulativ der sozio-ökologischen Entwicklung dar.

Auf der Grundlage von Computersimulationen geht man davon aus, dass um die Großsiedlungen herum Anbauflächen bis zu einer Entfernung von sieben Kilometern existierten. Webtechnik ergänzte das sog. neolithische Agrarpaket, also der Fülle an technologischen Innovationen in den Bereichen Bodenbebauung und Nahrungswirtschaft. Neben der Keramikherstellung erhielt die Metallverarbeitung immer größere Bedeutung. Darüber hinaus fanden bereits Schriftzeichen Verwendung, die damit weit älter sind als die häufig als die frühesten Schriftzeugnisse bezeichneten Keilschrifttafeln des alten Mesopotamiens. Das Fehlen einer Monumentalarchitektur ist wohl der Grund dafür, dass diese beeindruckende Gesellschaft erst kürzlich entdeckt wurde.

Wie immer stellt sich die Frage, wann und wie die Donauzivilisation ihren Niedergang gefunden hat. Offensichtlich hatten intensive Kontakte mit den östlichen Steppennomaden stattgefunden. Die relativen Reichtümer, v.a. auch die neuen Fertigkeiten wie die Kupferbearbeitung übten eine hohe Anziehungskraft auf die Handelspartner aus. Ab 4500 v. Chr. wird von einem sukzessiven Niedergang gesprochen. Die Steppennomaden haben in einer Art neuer Elitebildung und mit dem Einsetzen von Priesterkönigen anscheinend ohne allzu große kriegerische Auseinandersetzungen die erfolgreiche Zivilisation übernommen oder zumindest überprägt ■ 1.22.


1.22 Perser, Griechen, Römer – die Hochkulturen der Antike haben mit ihrer komplexen Prägung den Vorderen Orient und den restlichen Mediterranraum transformiert. Mit ein Grund, warum diese Räume heute als besonders stark degradiert gelten und eine starke Naturferne aufweisen; auf der anderen Seite entwickelten sich aber aus den Degradationsformen neue Sukzessionen und kulturelle Vielfalt – die Ambivalenz des Globalen Wandels. Ein Beispiel römischer Mittelmeerzivilisation ist das Amphitheater von Leptis Magna in Libyen.

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