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Folgen und Perspektiven

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Die unmittelbaren Folgen des Globalen Wandels für den Menschen wiederum sind vielfältig. Als zentrale Bezugsgröße dient häufig das Human Well-being, das menschliche Wohlbefinden. Dieses lässt sich dabei als Gestaltungs- und Entscheidungsrahmen deuten, in dem jeder Einzelne seine Erfüllung in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit, soziale Bindungen und Beziehungen, Einkommen und Befriedigung seiner Grundbedürfnisse findet. Es wird davon ausgegangen, dass Umweltbedingungen bzw. -faktoren das menschliche Wohlbefinden bestimmen. Der Verlust an Ökosystemdienstleistungen erodiert daher die Gestaltungsmöglichkeiten erheblich, führt zu Störungen und letztlich im Extremfall zum Kollaps.

Das sozial-ökologische System ist aber nicht nur durch die Eingriffe des Menschen im Sinne einer Übernutzung der Leistungskapazität gekennzeichnet. Es weist weitere Störungen auf, die nicht primär diesem Spannungsfeld erwachsen. Hierzu zählen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und Rutschungen sowie durch menschliche Aktivitäten verursachte Erderschütterungen, wenn beispielsweise durch fehlgeleitete Bohrungen kleinere Beben ausgelöst oder durch Sprengungen Bergflanken instabil werden. Auch Seuchen und globale Epidemien können in diesem Sinne als systeminterne Stressoren gelten. Weitreichende Störungen entstehen daneben durch militärische Konflikte und Auseinandersetzungen, durch technische Havarien und Katastrophen wie Tschernobyl und Fukushima oder in Folge von Tankerunglücken. Die Bezüge zum Globalen Wandel sind offensichtlich, wenn der Rückgang des arktischen Eises und der daraufhin einsetzende Run auf die möglichen Rohstoffe ebenso wie die damit verbundene Öffnung neuer Schifffahrtsrouten zu neuen geopolitischen Auseinandersetzungen führen. Die große Frage nach dem Zugang und dem Zugriff auf Ressourcen, die „Kriege um Öl“ und Wasserkonflikte stellen neue Dimensionen globaler Verteilungskämpfe dar.

Auch wenn der Themenkanon des Globalen Wandels stark problembefrachtet wirkt, gibt es doch Perspektiven und Alternativen. In Zukunftsszenarien lassen sich verschiedene Pfade definieren und konzeptionell deklinieren. Es gibt Handlungsalternativen zwischen einem „weiter wie bisher“ über das Nachsteuern im Sinne einer Mitigation und Adaption, bis zum Gegenmodell einer nachhaltigen Gestaltung, bestimmt von Idealen der Einsicht, des Ausgleichs und der Genügsamkeit. Dies setzt entsprechende Verhaltensänderungen voraus, wofür sich auf regionaler Ebene schon einige erfolgreiche Beispiele finden lassen. Für ein globales Umsteuern jedoch sind weitreichende Regulierungs- und Institutionalisierungsmaßnahmen nötig. Voraussetzung hierfür sind eine globale Governance und ein globales Risikomanagement ■ 1.4.


1.4 Das Konzept des Globalen Wandels.

Der Globale Wandel beinhaltet eine historische Tiefe und umfasst das Wechselspiel von Auf- und Niedergang, Erfolg und Misserfolg. Er kennt Gewinner und Verlierer, bietet Chancen und behindert zugleich in anderen Regionen die Entwicklung. Kurzfristige und kleinräumige Einwirkungen lassen sich von mittelfristigen, langfristigen und globalen unterscheiden. Sie sind aber nicht losgelöst voneinander, sondern in vielfältiger Weise gekoppelt. Wenn wir heute mit dem Klimawandel Probleme auszubaden haben, die mit Beginn der Industrialisierung angezettelt wurden, dann steht dies für die zeitliche Entkopplung von Verursachern und Leidtragenden. Dieses zeitliche Auseinanderfallen ist ein Charakteristikum des Globalen Wandels und macht die notwendigen Einsichten besonders schwer.

Das Besondere – das Geographische – am Globalen Wandel ist, dass er Räume und Regionen neu bewertet. Durch unterschiedliche Ausstattungen und Belastungsgrenzen sind die Teilsysteme per se mit einer spezifischen Widerstandskraft bzw. Verletzlichkeit versehen. Auftretende Belastungen werden demzufolge unterschiedlich wahrgenommen, bewertet, ggf. gepuffert und bewältigt – oder führen zu Veränderungen, anhaltenden Störungen, strukturellen Defiziten und neuen Krankheitsbildern, im Extremfall auch zum Kollaps. Indikatoren sind Systemwechsel, Abwanderung, Revolutionen, Krisen, Armut, aber auch Landschaftsdegradation, Desertifikation oder Klimawandel – kurz gefasst der Verlust von Ökosystemfunktionen und die Degradation gesellschaftlich-sozialer Strukturen.

Das Regionale wird stärkere Beachtung finden müssen. Es ist mittlerweile bekannt, wie Globales und Lokales zusammenwirken: Gängige Schlagworte vom „Raumschiff Erde“, vom „global village“ oder vom „globalen Denken und lokalen Handeln“ spiegeln diese Erkenntnis. Die Inhalte von Global Change sind in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Einige Aspekte konnten durch Verfilmungen und literarische Umsetzungen spektakulär in Szene gesetzt werden. Beispielsweise greift der erfolgreiche Kinofilm The Day After Tomorrow von Roland Emmerich eine, wenn auch cineastisch übersteigerte Facette der globalen Klimaentwicklung auf, nämlich den schlagartigen Zusammenbruch der thermohalinen Tiefenwasserproduktion, das folgende Ausbleiben des Golfstroms und die dadurch ausgelöste Kältewelle in der Nordhemisphäre. Im Film versuchen Kälte-Flüchtlinge aus den USA nach Süden in Richtung Mexiko auszuweichen – eine subtile Anspielung auf die manifeste Grenze, die derzeit beide Länder voneinander trennt.6

Ähnlich erfolgreich war der Bestseller „Der Schwarm“ von Frank Schätzing. Er thematisiert mögliche Folgen des Globalen Wandels und rührt sie zu einer faszinierenden Mixtur eines drohenden Weltuntergangs zusammen. „Killerwale“ und „Killeralgen“ bestimmen die Szenerien ebenso wie Methan-Eis der Tiefsee und bohrwütige Würmer, die zum Untergang von Schiffen führen. Schließlich drohen die Kanarischen Inseln in die Tiefsee zu versinken. Ein dadurch ausgelöster Supertsunami droht die nordamerikanische Küste zu verwüsten. Übersteigerte Horrorszenarien zwar, doch sind die tatsächlich zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels nicht zu unterschätzen.

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