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Das 1950er-Jahre-Syndrom – die große Beschleunigung

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Eine neue Dimension erfuhr der Globale Wandel in der Nachkriegszeit, als mit dem Wertewandel im Rahmen der Wirtschaftswunderjahre Massenkonsum, Massenmobilisierung und Massentourismus zum Maßstab der westlichen Hemisphäre wurden – mit all den Konsequenzen und Auswirkungen auf das Hier und Heute. Die beschleunigte Konsumption in dieser Zeit mit vielfältigen negativen Folgewirkungen wird heute als 1950er-Jahre-Syndrom bezeichnet – oder im internationalen Sprachgebrauch als „große Beschleunigung/great acceleration“. Sie dokumentiert sich in einer enormen, meist sogar exponentiellen Zunahme aller Verbrauchsund Produktionszahlen, sei es der Wasserverbrauch, die Papierkonsumtion, die Ausbreitung von Fast-Food-Ketten, die Zunahme der Mobilität oder die Ausweitung von Fernreisen. Nahezu jeder beliebige Parameter, der für die heutige globalisierte Welt steht, erfuhr nach 1950 eine rasante Zunahme ■ 1.30.


1.30 Die große Beschleunigung nach dem Zweiten Weltkrieg.57

Mit dieser jüngeren Entwicklung einher geht ein anderes, für alle ersichtliches Merkmal: die Beschleunigung der Zeit. Hochdynamisch, hyperventiliert laufen Prozesse ab und sei es nur das rastlose Ping-Pong von E-Mails, der atemlose Reflex infolge neuer Kommunikationsmittel, immer und überall greifbar zu sein, iPhone, iPad, iTune, Laptop, WLAN – immer gepaart mit dem Glauben an die eigene Unersetzlichkeit. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen eine einschlägige Stresssymptomatik aufweisen. Dazu die zeitnahen, in real time übertragenen globalen Katastrophenbilder wie des Tsunamis 2004, des Erdbebens in Haiti 2010, der Katastrophensequenz von Fukushima 2011 oder des Taifuns auf den Philippinen 2013: Megakatastrophen werden ins heimische Wohnzimmer geliefert, man wird authentischer Zeit- und Augenzeuge, ob man will oder nicht.

Die Beschleunigung der Zeit zeigt sich auch anhand eines literarischen Vergleichs. In dem Roman „In 80 Tagen um die Welt“ beschreibt Jules Verne, dem realen Vorbild der Weltreise des Amerikaners George Francis Train folgend, die Möglichkeiten einer Erdumrundung um 1873, dem Jahr, in dem der Roman erschien. Mit dem Schiff, der Bahn und auf einem Elefanten jagen Phileas Fogg und sein Diener Passepartout um die ganze Welt. Möglich war diese Rekordreise nur, weil 1869 sowohl der Suezkanal als auch die entsprechende transkontinentale Eisenbahn durch die USA eröffnet worden waren. Bereits weniger als 20 Jahre später wiederholte Train seine Reise in neuer Rekordzeit von 60 Tagen. Heute, nur gut 100 Jahre später, kann die Umrundung der Erde zu einem lächerlich geringen Preis mit einem around the world ticket in 26 – 28 Stunden selbst für Normalsterbliche ohne große Vorbereitung realisiert werden.

Massentourismus, All-inclusive-Ressorts und künstliche Erlebniswelten wie in Dubai oder Las Vegas kontrastieren ganz extrem mit den geoökologischen Bedingungen vor Ort. Generell werden über den Tourismus besondere Belastungen in puncto Schadstoffausstoß und Wasserverbrauch auf den Weg gebracht. Zudem führt er zu einer Globalisierung von Ansprüchen und Werthaltungen und wirkt dadurch mehrfach belastend. Andererseits ist das Prinzip der Nachhaltigkeit mittlerweile auch in diesem Bereich angekommen – sei es als weitere Marketingstrategie oder als ernstgemeinte Antwort auf besorgte Kundeninteressen.56

Der Blick auf die historischen Lotungen des globalen Wandels zeigt seinen langen Vorlauf, der durch markante Sprungstellen gekennzeichnet ist. Dabei erscheint die Entwicklung seit 1950 deutlich von den vorherigen abgesetzt. Sie ist dynamischer, umfassender und grundlegender. Und die Zeitspirale windet sich weiter: Die Ausräumung der Landschaft, um der industriell geprägten Agrarwirtschaft mit hohen Düngergaben, dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und neuerdings der Gentechnologie das Feld zu ebnen, setzt neue Akzente. Hinzu kommen die Innovationen in den Bereichen Biotechnologie, Nanotechnik und v.a. die IT-bezogene Kommunikation. Ebenso wie durch die Energiewende ergeben sich hieraus vielfältige neue Herausforderungen und Handlungsoptionen.

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