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Landnutzung und Landnutzungswandel
ОглавлениеZu einem der eher stillen Themen zählen Landnutzung und Landnutzungswandel. Gerade an ihnen lässt sich aber am augenfälligsten die menschliche Einflussnahme verdeutlichen. Im Mittelpunkt stehen zunächst die Transformation der natürlichen Oberflächenbedeckungen in Anbau- und Siedlungsflächen sowie Infrastrukturmaßnahmen und die damit einhergehende Segregation und Flächenversiegelung.115 Dabei lassen sich mehrere globale Trends identifizieren: ein anhaltender Rückgang der Wälder, eine Ausweitung der landwirtschaftlich genutzten Flächen mit einer fortschreitenden Intensivierung, eine starke Zunahme von Weideflächen sowie der Rückgang von „ungenutztem“ Land. Hinzu tritt der voranschreitende Verlust an Feuchtgebieten, die Vernachlässigung kleinskaliger, aber ökologisch wertvoller Teilbereiche wie Küstendünen und die Vernichtung von Mangrovenbeständen für Aquakulturen.
Die Folge dieser Veränderungen ist ein dramatischer Verlust an Natürlichkeit. Daraus resultieren vielfältig zu beobachtende Formen der Boden- und Landschaftsdegradation und der Desertifikation in ariden und semi-ariden Räumen durch Überweidung und die Entnahme von Holz.116 Als „Gegenentwurf“ ist der Anstieg von Waldfläche wie etwa in Deutschland und die vermehrte Ausweisung von Schutzflächen zu verstehen ■ 1.49.
■ 1.49 Waldentwicklung im Einzugsbereich der Dreisam, Schwarzwald 1797 – 2010.117
Mittlerweile existieren zwei Modell-basierte Ausarbeitungen, mit deren Hilfe der Landnutzungswandel von 1700 bis 1990 analysiert werden kann118. Danach haben sich v.a. die Anbau- und die Weideflächen stark ausgedehnt. Die Waldfläche ging entsprechend zurück. Große Flächenverluste weisen die Savannen und die natürlichen Graslandschaften auf. Allerdings weichen die beiden Projektergebnisse in diesem Punkt stark voneinander ab.
Der Landnutzungswandel ist eine der augenfälligsten, vom Menschen getragenen Veränderungen der Erdoberfläche. Was wir in unserem Schulunterricht noch als Geoökozonen deklinieren durften – von polar über humid und subtropisch bis zu immerfeucht –, muss aufgrund der massiven Veränderungen durch den Menschen zunehmend als Abfolge von Anthropobiomen verstanden werden. Aus den natürlichen Vegetations- bzw. geoökologischen Zonen sind primär vom Menschen transformierte Großregionen geworden.119 Diese zeigen ein wirklichkeitsnäheres Abbild der Erde, das ihre tatsächliche Nutzung, gegliedert in Agrar-, Siedlungs- und Abbauflächen widerspiegelt. Statt 60 % natürlicher Waldfläche bedecken heute nur noch 30 % Wald die Landoberfläche und von den natürlichen Graslandschaften sind kaum mehr als Reste vorhanden. In den einzelnen Umschichtungen tritt erwartungsgemäß der Anteil für die landwirtschaftliche Nutzfläche besonders hervor. Ebenso nehmen die Anteile für Infrastruktur, Gewerbe- und Industrie- sowie Siedlungsflächen dramatisch zu.120 Die zonalen Gliederungen von einst sind vor diesem Hintergrund gewissermaßen die Blaupausen eines natürlichen Zustandes der Oberfläche unserer Erde und damit ein wichtiges Leitbild für das, was unter Schutz zu stellen ist – eine Art „Mustererde“.