Читать книгу Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt - Reiner Tetzner - Страница 38
Die große Flut
ОглавлениеZeus, ohnehin kein besonderer Freund der Menschen, ergrimmte über diese Menschheit und schickte nach anderen Berichten Dauerregen für eine Sintflut45, in der alle, die sich noch nicht gegenseitig umgebracht hatten, ertranken, bis auf die einzigen Gottesfürchtigen, Deukalion und seine Frau Pyrrha. Die bauten – nach Prometheus’ Rat – eine Arche und landeten dann auf dem abtrocknenden Gipfel des Parnass. Beide hatten außer ihren leiblichen Kindern das neue Menschengeschlecht zu schaffen. Dazu hätten sie – wie Themis prophezeite – die Gebeine der Mutter hinter sich zu werfen.
»Niemals entweihe ich die Knochen meiner Mutter!«, weigerte sich Pyrrha, ganz die Tochter ihres beschränkten Vaters Epimetheus.
»Täuscht mich nicht alles, verlangt die Prophezeiung keine Schändung«, erwiderte ihr Mann, der Sohn des verständigen Prometheus, »denn unsere eigentliche Mutter ist die Allmutter Erde, und dann wären Steine ihre Gebeine.«
Ein Versuch schadete nichts, und so nahm auch Pyrrha Brocken und warf sie über ihre Schulter. Nach dem Willen der Götter verloren die Steine allmählich an Härte und Starrheit, wurden weich und begannen menschliche Formen anzunehmen. Alles Feuchte oder Erdige, das an ihnen klebte, wurde zu Fleisch; was jedoch fest war, wurde zu Knochen, aber Adern, die die Steine durchzogen, pumpten nun Blut. Die von Pyrrha geworfenen Steine formten sich in kürzester Zeit zu Frauen, die Deukalions wohl zu Männern unseres Zeitalters, wovon unsere steinernen Herzen herrühren.