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I.Bergrecht als Sonderrecht 1.Vorbemerkung
Оглавление1Der Bergbau, im ursprünglichen Sinne „Bauen im Berg“, übt seit jeher eine besondere Faszination auf die Menschen aus, sei es wegen des technischen und wirtschaftlichen Abenteuers von Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung der Bodenschätze, sei es wegen ihrer Werthaltigkeit und der wirtschaftlichen Bedeutung des Bergbaus und der Rohstoffwirtschaft für ganze Volkswirtschaften und deren Entwicklung (vgl. AmtlBegr. = Zydek, 32, 48).
2Hauptsächlich dieser Gründe wegen war stets auch die Politik bemüht, über Staatsvorbehalte an Bodenschätzen und Bergbauberechtigungen oder über Zugangs- und Betriebskontrollen mittelbaren oder unmittelbaren Zugriff oder zumindest wirtschaftslenkenden Einfluss auf die Bodenschätze selbst, ihre Aufsuchung und Gewinnung zu nehmen oder zu halten (Westermann, Freiheit, 15 ff. Anm. 2; ders., ZfB 106 (1965), 122 ff.; Boldt/Weller, Einl. Rn 1 ff. m. w. N.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 13 ff.).
3Auch das BBergG v. 13.8.1980 (BGBl I, 1310, in Kraft seit 1.1.1982 (§ 178); zu Entstehungsgeschichte und Gesetzesinhalt s. Weller, Glückauf 1981, 250 ff.; Boldt/Weller (2016), Einl. Rn 26 ff.) basiert in seinem Ordnungscharakter und seiner Regelungsstruktur auf der Umsetzung öffentlicher oder allgemeiner Interessen an Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen in besonderen Rechtsfolgeanordnungen (Westermann, ZfB 106 (1965), 122 ff.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 13 f.). So formuliert bereits die AmtlBegr.: „Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus und das Allgemeininteresse an der Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen auch aus Gründen der Rohstoffversorgung stehen […] außer Frage“ (Zydek, 32).
3aDer Gesetzgeber sieht die Sicherung der Energieversorgung und der Rohstoffversorgung als Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges an. Die ständige Verfügbarkeit ausreichender und kostengünstiger Energiemengen ist eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft (BVerfGE 30, 292, 324 = NJW 1971, 1255; Boldt/Weller (2016), § 1 Rn 2 m. w. N.; Bericht der Ethikkommission Sichere Energieversorgung v. 30.5.2011, S. 26 ff.; Degenhart, ZfB 2016, 145, 148 m.w.N; Dammert, ZfB 2014, 105, 109). Auch das BVerfG hat schon mehrfach die überragende Bedeutung der Sicherung der Energieversorgung für das Gemeinwohl betont. Im sog. Garzweiler II-Urteil wird festgestellt (NVwZ 2014, 211, 228 Rn 287): „Es hat dabei die Sicherung der Energieversorgung durch geeignete Maßnahmen als öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung bezeichnet und die Energieversorgung zum Bereich der Daseinsvorsorge gerechnet, deren Leistung der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf“ (BVerfGE 66, 248, 258 = NJW 1984, 1872; ferner BVerfGE 25, 1, 16; BVerfGE 30, 292, 323 = NJW 1971, 1255; BVerfGE 53, 30, 58 = NJW 1980, 759; BVerfGE 91, 186, 206 = NJW 1995, 381).“
4Damit ist ein generelles und abstraktes gesetzgeberisches Interesse (Westermann, Freiheit, 30; ders. ZfB 106 (1965) 122 ff.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 13 ff., 82 ff.; die Rechtsfolgeanordnungen ergeben sich aus den generell-abstrakten Grundprinzipien des Gesetzes (Westermann), die heute allerdings nach der Analyse von Kühne/Gaentzsch, Wandel und Beharren, 56 ff., durch den Begriff der Verhältnismäßigkeit in die Einzelfallgerechtigkeit der Exekutive verlagert worden sind) an einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für alle näher definierten bergbaulichen Tätigkeiten charakterisiert. Einen maßgeblichen und umfassenden normativen Ausdruck findet dieses gesetzgeberische Interesse in der Zweckvorschrift des § 1 und den in ihr für den Bergbau festgeschriebenen Leitentscheidungen. Diese geben auch die entscheidenden Hinweise auf den notwendigen Sonderrechtscharakter des Bergrechts (die Einzelheiten des Sonderrechtscharakters sind besonders deutlich und auch am ausführlichsten diskutiert im Zusammenhang mit den Normen des Betriebsplanverfahrens, insb des Rahmenbetriebsplans. Die Sachgesetzlichkeiten werden aber auch deutlich bei den Regelungen der Bergbauberechtigungen, des Grundabtretungsverfahrens und des Bergschadensrechts. Grundsätzlich auch Heitmann, ZfB 131 (1990), 179 ff.), der durch die geologischen, technischen, wirtschaftlichen und sicherheitlichen Sachgesetzlichkeiten und Zwangsläufigkeiten des Bergbaus begründet und gefordert ist. Zu den Sachgesetzlichkeiten besonders deutlich das BVerwG in dem sog. Moers-Kapellen-Urteil v. 16.3.1989 = BVerwGE 81, 329. Vgl. dazu auch Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 8 ff.; Heitmann, ZfB 131 (1990), 179 ff., er nennt diese Feststellungen des BVerwG „Leitlinien für den Bergbau“ und arbeitet den Zusammenhang von Sachgesetzlichkeit und Sonderrechtscharakter besonders deutlich heraus.