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cc) Gang der Vorführungsverhandlung und Verteidigungsmöglichkeiten

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In der Vorführungsverhandlung selbst hat der Verteidiger das Recht, Fragen an den Beschuldigten zu stellen. Ferner hat der Beschuldigte und damit auch sein Verteidiger das Recht, Beweisanträge zur Entlastung zu stellen. In diesem Fall gilt § 166 (vgl. dazu Rn. 463, 468). Zur Frage der Unterrichtung über die Verdachtsmomente und der Gewährung von Akteneinsicht wird auf Rn. 143, 250, 257 verwiesen.

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Auch in der Vorführungsverhandlung sollte der Verteidiger versuchen, auf der Grundlage der Information über das Belastungsmaterial das Rechtsgespräch mit dem Haftrichter zu suchen, also in eine Diskussion über den dringenden Tatverdacht und die Haftgründe einzutreten.

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Gibt es Probleme mit dem Umfang der Unterrichtung und/oder der Akteneinsicht, wird auch über die Frage der Verwertbarkeit von Aktenteilen zu diskutieren sein, in die der Verteidiger keine Einsicht hatte. Gelingt ein Rechtsgespräch mit dem Haftrichter über Haftgründe und dringenden Tatverdacht nicht, bleibt nur die Antragstellung des Verteidigers, und zwar in der Regel Ablehnung des Erlasses des beantragten Haftbefehls und hilfsweise Haftverschonung mit entsprechender Antragsbegründung, ggf. unter Hinweis auf das Verwertungsverbot wegen verweigerter Akteneinsicht und der sich daraus ergebenden Unmöglichkeit der Verteidigung. Dem Verteidiger muss insoweit Gelegenheit gegeben werden, die von ihm gestellten Anträge zu begründen. Hierher gehört auch die Argumentation zur rechtlichen Einordnung, also etwa Diebstahl statt Raub. Dies ist deswegen von Bedeutung, da die Annahme eines rechtlich weniger schwerwiegenden Vorwurfs selbst bei Erlass des Haftbefehls einen Teilerfolg darstellt, weil die rechtliche Qualifikation der Tat im Haftbefehl oftmals präjudizierenden Charakter hat und auch eine Freilassung in einem späteren Verfahrensstadium, etwa bei einer Haftprüfung, dadurch erleichtert wird. Das in erster Linie anzustrebende Rechtsgespräch mit dem Haftrichter dient dazu zu versuchen, seine Einstellung zum beantragten Haftbefehl zu erkunden, um zielgerichtet und nicht an den Überlegungen des Haftrichters vorbei zu argumentieren.

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Parallel zum Angriff gegen den dringenden Tatverdacht (vgl. dazu ausführlich unten Rn. 414 ff.) ist gegen die Haftgründe vorzugehen (vgl. dazu unten Rn. 495 ff.), gegebenenfalls sind herbeigeschaffte Beweismittel etwa zur Begegnung der Fluchtgefahr (Arbeitsvertrag, Mietvertrag etc.) vorzulegen und die Stellung einer Kaution (siehe dazu Rn. 604 ff.) anzubieten. Bei Delikten aus dem Bereich der Kleinkriminalität ist auf die Möglichkeit des Strafbefehlsverfahrens zur Haftvermeidung zu verweisen (siehe dazu Rn. 576 ff.).

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Die ganze Skala der Möglichkeiten zur Abwehr der Inhaftierung steht dem Verteidiger offen, von der Verneinung des dringenden Tatverdachts und/oder der Haftgründe bis zu den zahlreichen Außervollzugsetzungsmöglichkeiten, von der Meldeauflage bis zur Kaution. Insgesamt unterscheidet sich die Verteidigung in der Vorführungsverhandlung nicht von der in der mündlichen Haftprüfung, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (vgl. unten Rn. 757 ff.). Ein Unterschied besteht lediglich insoweit darin, dass bei einer Haftprüfung mehr Zeit zur Informationsbeschaffung und gründliche Vorbereitung zur Verfügung steht.

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In der Vorführungsverhandlung sind drei Entscheidungen des Haftrichters möglich:

1. Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls mangels dringenden Tatverdachts und/oder wegen Fehlens von Haftgründen oder mangels Verhältnismäßigkeit,
2. Erlass des Haftbefehls unter gleichzeitiger Außervollzugsetzung und
3. Erlass des Haftbefehls und Anordnung der Untersuchungshaft.

Ist abzusehen, dass Haftbefehl erlassen werden wird, hat der Verteidiger zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls gegeben sind.

Untersuchungshaft

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