Читать книгу Verteidigung im Revisionsverfahren - Reinhold Schlothauer - Страница 205
I. Rechtsgrundlagen
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Ein Ergänzungsrichter bzw. Ergänzungsschöffe muss in das zur Urteilsfindung berufene Richterquorum eintreten, wenn einem zeitweise verhinderten Richter bzw. Schöffen die weitere Mitwirkung nur unter Verstoß gegen § 229 StPO möglich ist.[209] Unterbleibt dies, ist das Gericht nicht (mehr) vorschriftsmäßig besetzt mit der Folge des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 1 StPO.
Dies bedeutet, dass eine Unterbrechung der Hauptverhandlung um mehr als 3 Wochen (§ 229 Abs. 1 StPO) bzw. nach vorangegangenen mindestens 10 Verhandlungstagen um mehr als einen Monat (§ 229 Abs. 2 StPO) nicht nur einen relativen Verfahrensfehler (§§ 229, 337 StPO) begründet (dazu Rüge 195 Rn. 1754), wenn die Hauptverhandlung nicht vollständig in dafür ordnungsgemäßer Besetzung wiederholt wurde, sondern auch den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 1 StPO.
Ebenso würde es eine Verletzung des § 226 Abs. 1 StPO mit der Folge des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 1 StPO darstellen, wenn die Hauptverhandlung nur vorübergehend während des Zeitraumes der Verhinderung eines Richters oder Schöffen mit einem Ergänzungsrichter oder Ergänzungsschöffen fortgeführt würde. Ein Rotieren zwischen zeitweise verhindertem Richter bzw. Schöffen und Ergänzungsrichter bzw. -schöffen ist unzulässig.
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Haben der Hauptverhandlung bis zum Zeitpunkt der Verhinderung eines Richters oder Schöffen Ergänzungsrichter bzw. Ergänzungsschöffen beigewohnt, scheidet die Möglichkeit der Hemmung (§ 229 Abs. 3 StPO) der Unterbrechungsfristen des § 229 Abs. 1 oder Abs. 2 StPO aus. Entfällt die Verhinderung nicht bis zum Ende der Unterbrechungsfrist, muss die Hauptverhandlung rechtzeitig unter Mitwirkung des Ergänzungsrichters bzw. Ergänzungsschöffen fortgeführt werden, falls die Hauptverhandlung nicht vollständig wiederholt werden soll. Es ist unzulässig, die Hauptverhandlung unter Inanspruchnahme der Hemmungsfrist des § 229 Abs. 3 StPO zu unterbrechen in der Hoffnung, dass die Verhinderung des Richters oder Schöffen infolge Erkrankung wieder entfällt. Denn nach § 192 Abs. 2 GVG hat ein bereitstehender Ergänzungsrichter oder Ergänzungsschöffe gerade im Falle der Verhinderung in das Entscheidungsquorum einzutreten.[210] Ab der für den Eintritt der Hemmung gem. § 229 Abs. 3 StPO erforderlichen Feststellung der krankheitsbedingten Verhinderung eines Richters oder Schöffen ist der Ergänzungsrichter bzw. Schöffe der gesetzliche Richter. Der BGH, 3. Strafsenat, hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, dass bei krankheitsbedingter Verhinderung eines Richters der Eintritt eines Ergänzungsrichters grundsätzlich erst dann in Betracht kommt, wenn der erkrankte Richter nach Ablauf der maximalen Fristenhemmung bei einer mindestens an zehn Tagen durchgeführten Hauptverhandlung zu dem ersten notwendigen Fortsetzungstermin weiterhin nicht erscheinen kann.[211]
Das Gericht ist deshalb auch dann nicht mehr vorschriftsgemäß besetzt, wenn der durch Krankheit verhinderte Richter oder Schöffe bis zum Ablauf der nach § 229 Abs. 3 StPO gehemmten Unterbrechungsfristen des § 229 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StPO wegen Wegfalls der Verhinderung an der Hauptverhandlung wieder mitwirken kann (a.A. BGH – 3. Strafsenat!).